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So bringen Sie Vielfalt  in den Garten

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So bringen Sie Vielfalt in den Garten

  • Text: Verena Edinger; Fotos: Unsplash (1)

In der Schweiz sind viele Tier- und Pflanzenarten bedroht. Wie jeder Einzelne von uns einen Beitrag leisten und freie Grünflächen im Garten oder leer stehende Balkone natürlicher gestalten kann, weiss Umweltwissenschafter Daniel Ballmer vom Verein Floretia.

annabelle.ch: Daniel Ballmer, warum sollten wir Biodiversität fördern? Was nutzt uns das überhaupt?
DANIEL BALLMER: Die Biodiversität zu unterstützen heisst, die Vielfalt an Lebensräumen, Arten und Genen und deren Abläufe zu erhalten. Angefangen bei Pflanzen, die unseren Sauerstoff produzieren, und den Tieren, die sie brauchen, um bestäubt zu werden. Auch unsere pflanzlichen Nahrungsmittel benötigen tierische Fressfeinde, sodass Schädlinge im Zaum gehalten werden. Eine hohe Vielfalt an Lebewesen sichert diese Prozesse langfristig, da mehrere Arten die Aufgaben nicht nur besser erfüllen, sondern sich auch teilen können. Wenn zum Beispiel nur eine einzige Bienenart für die Bestäubung eines Apfelbaums zuständig wäre, würde schon eine aggressive Seuche dafür sorgen, dass es keine Äpfel mehr gäbe, da der Baum seine Blüten nicht selber befruchten kann.

Wie kann man die Biodiversität im heimischen Garten fördern?
Das ist eigentlich ganz einfach! Einerseits mit einheimischen Pflanzen, andererseits mit vielfältigen Strukturen wie Ast- und Laubhaufen, Trockenmauern, Tümpeln, locker bewachsenen Erd- und Sandflächen und selten gemähten Staudenbeeten. So schafft man Nahrung und Lebensraum für unzählige Insekten, Vögel und andere Lebewesen. Wenn ein Garten nicht geometrisch und piekfein herausgeputzt ist, ist er viel wertvoller für unsere Natur.

Und was, wenn man nur einen Balkon hat?
Auch da lässt sich mit einheimischen Wildstauden und Sträuchern viel bewirken, vor allem für Bestäuberinsekten. Nisthilfen funktionieren ebenfalls recht gut an Balkonen – Fledermauskästen und Wildbienenhäuser sollten an sonnigen Balkonen, Rotschwanzkästen an schattigen und Schwalben- oder Seglernisthilfen vom dritten Stock an aufwärts angebracht werden. Ein Kotbrett verhindert Konflikte mit den Nachbarn und liefert hervorragenden Kübelpflanzendünger.

Machen Wildpflanzen mehr Arbeit als die gezüchteten Zierpflanzen?
Nein, ganz im Gegenteil: Wer ein Beet mit verschiedenen Wildpflanzen bestückt, die sich gut miteinander vertragen sollten, der schafft kaum Lücken für Unkraut und muss weder düngen noch giessen.

Welche Pflanzen empfehlen Sie?
Das kommt immer auf die Region und die Lichtverhältnisse an – und natürlich auch auf die Tiere, die man fördern möchte. Für sonnige Balkone eignen sich beispielsweise die Wilde Möhre, die niedliche Glockenblume oder die Saat-Luzerne. Für schattige Plätzchen eher die Frühlingsplatterbse, die Waldschlüsselblume oder das Wiesenschaumkraut. Wer Vögel fördern möchte, holt sich mit Disteln, Karden und Flockenblumen allerlei bunte Finken auf den Balkon.

Mich als Gartenlaie verwirren diese vielen verschiedenen Pflanzennamen. Wie finde ich raus, welche Sträucher oder Ziergräser am besten in meinen Garten oder auf meinem Balkon passen?
Eine Hilfestellung können wir Ihnen auf Floretia.ch geben. Anhand der Postleitzahl und Angaben zu Standort und Bodenverhältnissen werden Pflanzen angezeigt, die sich für diesen Ort besonders gut eignen. Zudem verweisen wir Sie zu lokalen Gärtnereien, denn wenn die Pflanzen aus Beständen in Ihrer Region stammen, hat dies viele Vorteile: Sie blühen genau dann, wenn ihre Bestäuber aktiv sind, und sie sind gut an Winter- und Frühlingsfröste angepasst. Ausserdem schleppen sie auch keine neuen Krankheiten ein.

Und wie lang dauert es dann, bis sich Bienchen und Insekten bei mir zuhause zeigen?
Viele kommen sofort – sogar mitten in der Stadt. Bis letztes Jahr hatte ich eine Dachterrasse in der Aarauer Innenstadt, und selbst da zählte ich an meiner Handvoll Pflanzen über zwei Dutzend Bestäuber-Arten in einem Sommer – von der winzigen Goldwespe über Wildbienen bis zum Schwalbenschwanz. Aber natürlich gilt, je älter der Garten, desto höher wird die Artenzahl. Wer die Vielfalt wachsen lässt, findet jedes Jahr wieder neue kleine Juwelen.

Der Verein Floretia setzt sich für Biodiversität ein und betreibt eine Online-Plattform, bei der man gezielt nach bestimmten Pflanzen- oder Tiergruppen suchen kann, die man fördern würde.

Wie man Insekten, Würmer und Bienen noch weiter aktiv unterstützen kann, zeigt Ihnen unsere Fotogalerie.

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1.

Ihr perfekter Mitbewohner sollte leise, rücksichtsvoll und hilfreich sein? Perfekt, wenn er dann auch noch den Abfall rausbringt – oder isst, wie das die Regenwürmer im Kompostierungssystem Wormup tun. In Zusammenarbeit mit Mikroorganismen wie Bakterien und Pilzen machen sie aus klein geschnetzeltem organischem Abfall von einem etwa 1-3 Personenhaushalt feinsten Kompost. Dieser kann wiederum als nährstoffreicher Biodünger für Pflanzen genutzt werden, sodass ein toller Recyclingzyklus auf dem eigenen Balkon entsteht. Und ein weiterer Vorteil: Dank dem hübschen und luftdurchlässigen Tongefäss stinkt der Grünabfall auch nicht, da das Wasser aus den Abfällen verdunsten kann und der Rest von den Würmern gefressen wird.

 

– erhätlich bei www.wormup.ch

Foto: Claude Gasser

2.

Nicht nur hübsch, sondern auch ökologisch nützlich können Wiesenblumen und Wildstauden sein. Und gerade heimischen Schmetterlingen und deren Raupen bieten sie Nektar, Futter und Plätze zum Eierablegen. Wer sich nicht ganz sicher ist, welche Sträucher und Blumen Sommervögel am liebsten mögen, kann auf den fixfertigen Pflanzenziegel Schmetterlingsoase von Sellana zurückgreifen. Zusammen mit Marc de Roche, dem Papa Papillon der Schweiz, entstanden drei verschiedene Staudenmischungen. Sie benötigen alle einen sonnigen Standort, können aber je nach Auswahl sowohl in nährstoffärmere als auch fruchtbare Böden eingepflanzt werden. Und auch auf dem Balkon kann man die Schale zusammen mit dem eigens entwickelten Untersetzer aufstellen und so hoffentlich bald ein Schmetterlingsrestaurant eröffnen.

 

–  erhältlich bei sellana-shop.ch

3.

Die Fledermaus geniesst wegen gruseliger Vampirgeschichten nicht gerade den besten Ruf. Dabei trägt sie als wirksame Schädlingsbekämpferin wesentlich zum natürlichen Gleichgewicht bei, indem sie jede Nacht ein Drittel ihres Körpergewichts an lästigen Käfern und Stechmücken frisst. Leider sind die meisten Fledermausarten in der Schweiz aber bedroht, da sie zu wenig Baumhöhlen finden, um sich verkriechen zu können. Spezielle Fledermauskästen helfen, diese Wohnungsnot zu lindern. Am besten befestigt man sie in einer Höhe von 3 bis 5 Metern an Hauswänden oder Bäumen ohne Äste, sodass sie ungehindert hineinfliegen können und auch ausserhalb der Reichweite von Katzen sind.

 

– erhältlich bei pikpik.ch

4.

Eidechsen, Blindschleichen, Frösche – eigentlich weiss man gar nicht so genau, was da alles so rumkriecht oder -hüpft im eigenen Garten. Um das zu ändern, könnte man dort ein kleines Biotop für die tierischen Nachbarn anlegen. Dabei gibt es zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten: von einfachen Steinhaufen oder Trockenmauern, welche von Kriechtieren und Käfern als Sonnenplätzchen oder Behausung genutzt werden können, bis zum Feuchtbiotop mit stehenden oder fliessenden Wasserelementen, die besonders von Amphibien, aber auch Insekten geliebt werden. Es empfiehlt sich auch, hier heimische Wildpflanzen zu verwenden, da sie nicht nur bestens ans regionale Klima angepasst sind, sondern man so auch zur Erhaltung der genetischen Pflanzenvielfalt beitragen kann. Mit ein wenig Glück und Geduld kann man so bald auch ganz genau beobachten, mit wem man zusammenlebt.