Das Wunder von Italien
- Text: Evelyne Emmisberger; Foto: Claudio Del Principe, AT-Verlag
...besteht aus Mehl und Ei oder Wasser: Pasta! Eine Anleitung zum Glücklichsein, wirksamer als jeder Ratgeber. Und erst noch viel feiner.
Ein Teller Pasta, irgendwo in einer kleinen toskanischen Trattoria mit Wachstischtüchern und Serviettenspendern, und du denkst mamma mia, wie machen die das nur. Ein Festessen aus nichts als Spaghetti mit Sugo! Davon handelt dieses Buch. Geschrieben ist «a mano» vom Basler Kochbuchautor und Foodblogger Claudio Del Principe, der schon als Dreikäsehoch lieber mit Mammas Pastateig spielte als im Sandkasten. Daraus resultierte eine Passion fürs Kochen und die italienische Küche, die ihresgleichen sucht. Natürlich ist sein Kochbuch über handgemachte Pasta (und fast noch wichtiger: welche Sauce dazu passt) nicht das erste seiner Art, aber meines Erachtens das beste. Denn die launigen, zu mildem Pathos neigenden Anekdoten des Autors zeigen, worum es bei der Pastaproduktion wirklich geht: Um Liebe. Und um Geschmack. Basta.
Die Begeisterung ist ansteckend und auch wenn ich die hochpräzisen Anweisungen des Autors nicht immer befolgte – Knöpflimehl statt Tipo 00, Wallholz statt Mattarello, kein Pastabrett und schon gar kein Pastamesser – so ist das Ergebnis dennoch überwältigend. Meine Gäste bewunderten die Architektur der zarten Kräutchen in den breiten Nudeln, ach, ich suhle mich noch immer in ihrem Lob, dabei wars wahrlich keine Hexerei. Und der Sugo zu den Denti di drago ist so unendlich fein, dass man kaum glauben kann, wie einfach er zuzubereiten ist. Mein persönliches Highlight waren jedoch die Riesenravioli mit Ricotta, halbflüssigem Eigelb, Trüffel und Spinat: ein Glücksmoment der Extraklasse und – Sie ahnen es –, auch hier war der Aufwand überschaubar. Ein Buch für Menschen, die Pasta lieben. Also für alle.
Grundrezept für den Nonnateig
400 g italienisches Weichweizenmehl Tipo 00 (alternativ Type 405) 4 frische Eier (Grösse L, über 60 g)
Mehl sieben und auf der Arbeitsfläche anhäufen. Die Hand in das Mehl tauchen und einen breiten Krater formen. Eier aufschlagen und in die Mehlmulde geben.
Mit einer Gabel Eier zuerst langsam verquirlen, dann schneller werden und dabei nach und nach das Mehl vom Rand einarbeiten, bis ein lockerer Teigklumpen ent- steht. Teigstücke von der Gabel streifen und mit den Händen weiterarbeiten. Teig mindestens 10 Minuten bearbeiten, indem man die Ränder zur Mitte faltet, mit den Handballen flachdrückt und wieder faltet. Überschüssiges Mehl und trockene Teigstückchen wegwischen.
Teig zu einer Kugel formen. Die Oberfläche soll glatt und wachsartig sein, der Teig sich elastisch anfühlen wie Spielknete. Teig abgedeckt 30 Minuten ruhen lassen. Man kann ihn auch, in Folie gewickelt, im Kühlschrank bis zu 48 Stunden aufbewahren.
Mein Tipp
Ja, ich weiss, wie wichtig das Mehl ist. Gutes Mehl. Tipo 00 findet sich leider nicht immer um die Ecke, Knöpflimehl hingegen schon. Es ist sogar ein prima Ersatz. Mea culpa, lieber Claudio.
Sfoglia alle erbe
Rezept für 4 Personen
Zutaten
500 g Nonnateig
Kräuter (z. B. Petersilie, Basilikum, Thymian) und Blüten (z. B. vom Rosmarin oder Schnittlauch)
Pastamaschine zum Ausrollen
Zubereitung
Kräuter und Blüten, falls nötig, kurz abbrausen und trocken schütteln.
Den Teig bis zur drittfeinsten Stufe durch die Walzen der Pastamaschine drehen. Die Pastabahnen auslegen, mit den Kräutern, Blättern und Blüten belegen, eine zweite Pastabahn darüberlegen und dann auf der feinsten Stufe durch die Walzen drehen.
Daraus entweder offene Ravioli machen oder sehr breite Pappardelle schneiden. 2 bis 3 Minuten im kochenden Salzwasser al dente garen und sofort, noch tropfnass, zur Sauce geben.
Für einen offenen Raviolo zwei grosse Pastaquadrate schneiden, dazwischen ein leichtes Ragù mit Fisch oder Frutti di mare «verstecken».
Damit die durchscheinenden Kräuter und Blüten nicht durch Sauce verdeckt werden, eignen sich für diese Pasta leichte Saucen wie Butter und Salbei, aglio, olio e peperoncino oder Pesto alla Genovese.
Mein Tipp
Teigbahnen etwas bemehlen, damit sie nicht in der Pastamaschine kleben bleiben.
Und dann vor allem: Süüferli durch die Walzen drehen! Wer zu flott unterwegs ist, den bestraft der Teig mit Riss- und Quetschwunden. Üble Sache.
Durch die feinste Stufe der Pastamaschine habe ich die beiden Teigbahnen nicht gebracht – die zweitkleinste reichte auch.
Ravioloni mit flüssigem Eigelb, Spinat und weissem Trüffel
Rezept für 4 Personen und 4 Ravioloni
Zutaten
200 g Nonnateig
200 g Ricotta
40 g Parmesan, gerieben Paniermehl nach Bedarf
4 frische Eigelb
1 Schalotte, fein geschnitten
Butter
500 g frischer Spinat, gewaschen, abgetropft
40 g weisser Trüffel (gern mehr, wenn es das Budget erlaubt)
Feines Meersalz
Schwarzer Pfeffer aus der Mühle
Zubereitung
Ricotta in eine Schüssel geben, leicht salzen und pfeffern und den Parmesan einstreuen. So viel Paniermehl daruntermischen, bis sich die Masse trocken anfühlt.
Nonnateig durchschimmernd dünn ausrollen. 8 grosse Teig- scheiben mit einem Durchmesser von 10 bis 12 Zentimetern ausstechen. Je 2 Esslöffel Ricotta in die Mitte von 4 Teigscheiben setzen, mit dem Löffel eine tiefe Kuhle hineindrücken, in der das Eigelb bündig Platz hat.
Eidotter auf die 4 Teigscheiben verteilen und die Ravioloni jeweils mit einer Teigscheibe gut verschliessen (falls nötig, Ränder etwas befeuchten, damit sie besser kleben).
Schalotte in Butter anschwitzen, Spinat dazugeben und kurz dünsten, bis er zusammenfällt, salzen, pfeffern, warm halten.
Ravioloni 3 Minuten in siedendem Salzwasser ziehen lassen, danach in einer Pfanne 30 Sekunden mit etwas geschmolzener Butter schwenken. Den Spinat auf Tellern verteilen, die Ravioloni daraufsetzen, mit der geschmolzenen Butter überziehen, den Trüffel fein darüberhobeln.
Denti di drago con spezzatino e piselli
Rezept für 4 Personen
Zutaten
500 g Nonnateig
Teig mit dem Wallholz auf einer bemehlten Fläche etwa 1 Millimeter dünn auswallen. Teig gut bemehlen und etwa 10 Minuten antrocknen lassen. Mit einem gezahnten Pastarad zirka 1 Zentimeter breite und 20 Zentimeter lange Nudeln schneiden. Jede Nudel zwischen Daumen-, Zeige- und Ringfinder v-förmig zusammendrücken. Bemehlen und gleich kochen oder 48 Stunden trocknen lassen und aufbewahren.
400 g Voressen vom Rind
1 Zwiebel, fein geschnitten
200 ml trockener Rotwein (oder Weisswein)
300 ml Rindsbouillon
1 EL Demi-Glace, nach Belieben
400 g Erbsen, frisch oder tiefgekühlt
Olivenöl extra vergine
Feines Meersalz
Schwarzer Pfeffer aus der Mühle
Zubereitung
Wenig Olivenöl in einer Bratpfanne erhitzen. Das Fleisch darin scharf anbraten, salzen, pfeffern und herausnehmen.
Mehr Olivenöl in die Pfanne geben und die Zwiebel bei milder Hitze 10 Minuten weich schmoren. Rotwein dazugiessen, bei starker Hitze auf die Hälfte reduzieren.
Fleisch wieder in die Pfanne geben, mit Rindsbouillon aufgiessen. Zugedeckt bei milder Hitze 2 bis 3 Stunden weich schmoren.
Sauce mit Demi-Glace binden. Alternativ Sauce ohne Deckel etwas einkochen lassen. Erbsen dazugeben und 5 Minuten dämpfen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.
Pasta in reichlich Salzwasser biss- fest garen. Abgiessen, mit der Sauce mischen und vermengen, bis die Nudeln mit Sauce überzogen sind. Auf Teller verteilen und mehr Sauce und Fleisch darübergeben.
Mein Tipp
Ein oder zwei Zweiglein Thymian zum Mitschmoren schaden nicht. Die tiefgekühlten Erbsli waren nach 5 Minuten noch mehr als bissfest. Ich empfehle mindestens die doppelte Zeit
Claudio Del Principe: a mano. Verführerische Pasta. Von Hand gemacht. Sinnlich und schön. AT-Verlag 2019, 256 Seiten, ca. 40 Franken
Die annabelle Gourmet-Redaktorin Evelyne Emmisberger liebt Kochbücher, solche mit Fettspritzern und Schoggiflecken erst recht. In der Rubrik «Nachgekocht» stellt sie Neuerscheinungen vor und würzt die Rezepte noch ein wenig mit ihren eigenen Tipps.