Wikinger-Grüsse aus Island
- Text und Fotos: Julia Heim
Online-Redaktorin Julia Heim reiste zu den Wikingern nach Island, schlemmte sich durch Reykjavik und verbrachte ihre Sommerferien im Wintermantel auf dem Land.
Es ist kalt! Der Wind pfeift uns um die Ohren als wir den Flughafen Keflavik, rund 50 Kilometer entfernt von Reykjavik, der nördlichsten Hauptstadt Europas, verlassen. Weit und breit ist nichts. Bei acht Grad mitten im Nirgendwo zweifle ich, ob ich für die Sommerferien wirklich das richtige Plätzchen ausgewählt habe. Aber so vorschnell möchte ich dann doch nicht urteilen. Immerhin wurde mir Island wärmstens empfohlen. Wir besteigen den Mietwagen, einen Jeep mit 4×4-Antrieb (nehmen Sie nichts anderes!), und fahren Richtung Reykjavik, auf der Suche nach dem berühmtesten Hotdog-Stand des Landes. Bei «Bæjarins Beztu Pylsur» bestellte bereits der ehemalige US-Präsident Bill Clinton einen Snack. Glauben Sie mir, ich weiss warum! Die Röstzwiebeln und das eigenwillige, aber köstliche Ketchup machen aus der Wurst im weichen Brot ein echtes Highlight. Kein Wunder, dass sich an manchen Tagen lange Schlangen vor der kleinen Bude bilden.
Kulinarisches Reykjavik
Den Weg zum Hotel erfragen wir uns und profitieren von der herzlichen und hilfsbereiten Art der Isländer. Neben dem charmanten Akzent und ihrem sehr guten Englisch fallen vor allem die isländischen Männer optisch auf: Langes Haar und Bart – richtige Wikinger, wie ich finde, und ich bin erstaunt, wie gut mir das gefällt. Unser Hotel liegt mitten im Zentrum und rückblickend leider zu nah an der Ausgangsmeile Laugavegur. Die Wände sind dünn, die Fenster schlecht isoliert, und so dringt der Lärm des Partyvolks bis in unser Zimmer. Pluspunkte sammelt dafür die isländische Gastroszene. Die Küche ist herrlich, wenn man für Fisch und Fleisch offen ist. Ich empfehle Ihnen, wenn möglich das Tasting Menu für zwei Personen zu ordern. Dieses wird in vielen Restaurants angeboten. Man wird Ihnen für umgerechnet 70 Franken pro Person zehn Gänge servieren – einmal quer durch die Karte des Hauses. Gebratene und rohe Jakobsmuscheln, geschmortes Lamm, frittierter Fisch, crèmige Butter zu warmem Früchtebrot, Mousse au Chocolat mit flüssigem Caramel. Selten habe ich an einem Ort in so vielen hervorragenden Restaurants gegessen. Reykjavik ist defintiv eine kulinarische Reise wert!
Kultur und Humor
Die Hauptstadt Islands bietet seinen rund 121’780 Einwohnern neben einer kleinen Einkaufsmeile, einem Hafen und der Hallgrimskirkja, der evangelisch-lutherischen Pfarrkirche, die von ihrer Turmspitze einen spektakulären Blick über die Stadt bietet, kulturell sehr viel: Das Nationalmuseum, die Nationalgalerie und das Isländische Phallusmuseum sind nur eine kleine Auswahl hiesiger Museen, und Letzteres zeigt, aus welchem Holz die Isländer geschnitzt sind – sie haben Humor und einen Hang zu Kuriositäten! Wir entscheiden uns bei Sonnenschein und einem kühlen Wind für das Geothermalbad Nauthólsvik in einer kleinen Bucht mit Sandstrand, in dem man sich kostenlos entspannen kann. Bei 39 Grad sitzt es sich in der Freiluftbadewanne mit Blick aufs Wasser besonders gut, und wenn Sie Glück haben, erleben Sie die Einheimischen beim «Stammtisch» im Bädli.
Nach drei Tagen verlassen wir Reykjavik und fahren aufs Land. Der Süden Islands ist berühmt für seine Wasserfälle und Geysire, die an der Route des Golden Circle liegen – eine beliebte Strecke bei Touristen. Wenn Sie es weniger touristisch mögen, buchen Sie verschiedene Hotels, und fahren Sie quer durchs Land. Die Westfjorde sollen traumhaft sein, und ganz unten im Süden der Insel finden Sie die Gletscherflusslagune mit ihren gläsernen Eisblöcken. Island bietet so viel geballte Natur wie kaum ein anderes Land in Europa. Kein Wunder, denn die rund 329’100 Inselbewohner verteilen sich auf 103’000 Quadratkilometern. Das bedeutet viel Platz und eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Ihnen bei einer einstündigen Suche nach einer Tankstelle keine Menschenseele begegnet.
Hot Pot und Eiswasser
Eine Besonderheit Islands sind die bereits erwähnten Bäder, die mit heissem Thermalwasser gefüllt sind. In den meisten Ortschaften finden Sie ein kleines Becken, zum Teil kommerziell genutzt, zum Teil ursprünglich und sehr rudimentär. Besonders nach unserer Schnorcheltour durch die mit Gletscherwasser gefüllte Silfra-Spalte sehnen wir uns nach einem Hot Pot. Die Temperatur des Wassers zwischen den Felsformationen beträgt lediglich drei Grad, die wir nur im Trockenanzug überstehen. Durch integrierte Luftkammern schweben wir an der Wasseroberfläche durch den klaren, kalten Strom und berühren die amerikanische und die eurasische Kontinentalplatte, die an dieser Stelle aufeinandertreffen. Die 100 Meter klare Sicht machen Silfra zu einem berühmten und beliebten Spot bei Tauchern.
Was es in Island noch zu tun gibt? Reiten Sie auf einem Islandpferd! Besonders wenn Sie, wie ich, noch nie auf einem Rossrücken sassen. Njála, die schöne Stute mit dem geduldigen Wesen, trägt mich bei meinem ersten Versuch sicher über die felsigen Wiesen, verzeiht mir meine unbeholfenen Bewegungen und macht aus den beiden Reitstunden meinen Lieblingsmoment der Reise. Ich komme wieder. Sjáumst!
Tipps für Island
Hotels
Kex Hostel
Die ehemalige Keksfabrik bietet Hostel- und Hotelzimmer zu erschwinglichen Preisen und veranstaltet regelmässig Konzerte.
DZ mit Bad ab 110 Franken
– Skúlagata 28, 101 Reykjavík
www.kexhostel.is
Hotel Borg
Das 4-Sterne-Hotel Borg ist eine elegante Adresse mitten in Reykjavik.
DZ ab 290 Franken
– Posthusstraeti 11, 101 Reykjavik
www.hotelborg.is
Restaurants
Grillmarkaðurinn
Das Restaurant Grillmarkaðurinn, auch Grill Market genannt, bietet ein stylishes und gemütliches Ambiente und exzellente Küche. Das Tasting Menu für 70 Franken pro Person ist sehr zu empfehlen. Unbedingt reservieren!
– Lækjargata 2A, 101 Reykjavík
www.grillmarkadurinn.is
Fiskmarkaðurinn
Auch dieses Restaurant trägt sowohl einen isländischen als auch einen englischen Namen: Das Lokal Fiskmarkaðurinn oder auch Fish Market befindet sich in einem der ältesten Häuser Reykjaviks. Die Küche ist zwar fischlastig, aber auch Fleischgerichte stehen auf der Karte. Auch hier wird das Tasting Menu ab zwei Personen angeboten – je 70 Franken. Eine Reservierung ist nötig.
– Aðalstræti, 101 Reykjavík
www.fiskmarkadurinn.is
Hotdog-Stand Bæjarins Beztu Pylsur
Der vielleicht berühmteste Hotdog-Stand der Welt steht in Reykjavik, in der Nähe des Hafens. Sie müssen einen dieser Hotdogs probieren – mit Röstzwiebeln!
Ca. 2 Franken
– Tryggvagata, in der Nähe von Kolaportið
www.bbp.is
Geothermalbäder
Blue Lagoon
Das bekannteste, aber touristischste Bad ist die Blue Lagoon, die zwischen Reykjavik und dem Flughafen liegt.
Geöffnet: Montag bis Freitag, 9 bis 17 Uhr
– 240 Grindavík
www.bluelagoon.com
Fontana
Das Bad Fontana ist ebenfalls ein kommerziell genutztes Spa, jedoch kleiner und persönlicher als die Blue Lagoon.
Geöffnet: täglich, 11 bis 21 Uhr
– Hverabraut 1, 840 Laugarvatn
www.fontana.is
Geothermalbad Nauthólsvik
Klein, beliebt bei Einheimischen und kostenlos nutzbar ist das Geothermalbad Nauthólsvik.
– Nauthólsvík, 108 Reykjavík
Reiten
Sólhestar
Die Reitfarm Sólhestar im Süden Islands liegt rund 30 Minuten entfernt von Reykjavik und ist eine vergleichsweise kleine Farm mit 55 Pferden. Die Touren sind sehr persönlich und privat. Man muss also nicht in einer grossen Gruppe ausreiten. Wir hatten viel Spass mit unserem Guide und den Pferden.
– www.solhestar.is
1.
Wasserfall Gullfoss / Golden Circle
2.
Der grosse Geysir im Süden Islands: Das heisse Wasser schiesst alle sechs Minuten in die Höhe
3.
Dyrhólaey an der Süd-Küste
4.
Islands Hauptstadt Reykjavik