Wenn das Onlinegeschäft wieder zum Offlinegeschäft wird: Wir haben mit Zalon-by-Zalando-CEO Ivo Scherkamp über die Zukunft des Onlineshoppings gesprochen.
Wir surfen, wir klicken, wir shoppen – und wenige Tage später halten wir die neue Errungenschaft in den Händen. Onlineshoppen gehört zu unserem Alltag. Es ist bequem, schnell und oftmals günstiger. Und doch ist die Flamme des Offlinemarktes noch lange nicht erloschen, da ist sich Ivo Scherkamp, CEO bei Zalon by Zalando, sicher. Dabei arbeitet der Geschäftsführer des digitalen Style-Guides für ein Unternehmen, das seit 2013 von 0 auf 100 durchstartete und heute den dritten Platz unter den umsatzstärksten Onlineshops der Schweiz einnimmt. Doch wie sieht die Zukunft aus? Wie werden wir einkaufen? Und vor allem: Werden physische Geschäfte von der Bildfläche verschwinden? Schliesslich wird das Onlineangebot stetig erweitert. So kann man sich auf Zalandos kostenloser Styling-Plattform Zalon by Zalando seit Sommer 2015 von einem Stylisten persönlich beraten lassen. Nach Wunsch sogar mit telefonischer Vorbesprechung.
Mit dem neuen Projekt «Mode Zalon» geht der Onlineretailer noch einen Schritt weiter – oder doch eher einen Schritt retour? Im Rahmen eines Pop-up-Events in Zürich konnten sich Zalando-Kunden vor wenigen Wochen während mehrerer Tage persönlich vor Ort beraten lassen. Das neue Outfit wurde dann per Post nachhause geliefert. Weshalb Zalando nun auch offline mitmischt und was das über die Zukunftspläne des Hauses aussagt, haben wir von Ivo Scherkamp erfahren.
annabelle: Weshalb brauchte es einen Online-Stylingberater wie Zalon?
Ivo Scherkamp: Aus den Erfahrungen, die wir dank unseres Onlineshops machen konnten, wissen wir, dass bei unseren Zalando-Kunden der Wunsch nach einer persönlichen Beratung immer grösser wird. Klar gab es zum Zeitpunkt unserer Lancierung bereits andere erfolgreiche Shopping-Beratungsplattformen, doch sind wir mit einem ganz anderen Fokus an das Ganze herangegangen. Wir bedienen eben nicht nur eine ausgewählte Zielgruppe wie «Karriereleute mit wenig Zeit zum Shoppen», sondern sprechen jeden Kunden individuell an.
Wer lässt sich bei Ihnen beraten?
Unerwarteterweise sind es mehr Frauen als Männer. Frauen suchen gern nach Inspiration und lassen sich mit einer Box überraschen. Männer bestellen mehr aus Bequemlichkeit.
Kommt bei einem solchen Modell nicht auch viel Ware wieder zurück?
Klar, es ist eine Auswahlbestellung. Es ist gar nicht die Idee, dass jemand die ganze Box behält. Die Retourenquote nehmen wir in Kauf. Für uns ist es schon gut, wenn der Kunde ein bis zwei Stücke behält und vielleicht im Schnitt 300 Franken ausgibt.
Wenn das Modell so erfolgreich ist, warum dann jetzt einen «Mode Zalon» mit persönlicher Beratung in einem physischen Geschäft?
Durch den Zalon-Service baut man zu seinem ausgewählten Stylisten ein persönliches Verhältnis auf – viele Kunden senden uns beispielsweise Fotos mit ihrem neuen Styling zu. Deshalb waren wir der Meinung, dass ein «Meet and Greet» zwischen Stylisten und Kunden ein Shoppingerlebnis auf einer anderen Ebene wäre. Ausserdem haben die Kunden die Möglichkeit, ausgewählte Stücke des Sortiments real in den Händen zu halten.
Das heisst: wieder zurück zum Offlineshoppen?
Es wir auf jeden Fall weiterhin beides geben. Es ist nicht so, dass der Onlineanteil stetig steigt. Prognosen sagen, dass sich das Ganze gegenseitig einpendeln wird, weil beides seine Vor-, aber auch Nachteile hat. Das persönliche Anschauen und Aussuchen ist immer noch extrem wichtig, der direkte Versand aber auch. Ich gehe davon aus, dass beide Märkte stärker miteinander vermischt werden. Immer mehr offline wird online ausprobiert und umgekehrt. Ob Amazon einen Buchhandel oder Foodshop in der Innenstadt aufmacht oder ein traditioneller Konzern seinen Onlineshop ausbaut – das ist bereits Realität. Derjenige, der den Service für den Kunden am besten verzahnt und innovative Ideen vorantreibt, wird sich letztendlich durchsetzen.
Das heisst, dass es bald einen Zalando-Store in der Schweizer Fussgängerzone geben wird?
Das ist eine Überlegung, die gar nicht so abwegig ist und in Zukunft durchaus spannend sein könnte.