Fummeln am Private Beach, Rosenblätter auf dem Bett und Special Deals für frisch Vermählte: Die Malediven schreien nach sexy time – ja, unangenehm laut nach LOVE. Redaktorin Linda Leitner fragt sich: Wer nicht verliebt ist, hat auf den Malediven also nichts zu suchen?
Kürzlich hatte ich viel Glück. Ich wurde zu einer Pressereise auf die Malediven eingeladen und habe mir bei der Verteilung der Zimmer den Master Bedroom erlost. So kam es, dass ich – wie man mir bei einem Dinner zuflüsterte – im selben Bett wie Justin und Hailey schlief. Nicht zeitgleich (leider?), aber vermutlich doch auf derselben Matratze, auf der sich einst die Eheleute Bieber durch die Laken geschoben hatten. Ich lag da nun also in einer gigantischen Water Villa, blickte auf eine erstaunlich abgestimmte Palette an Türkis (Infinity Pool, Meer, Himmel) und channelte die erotische Bieber-Energy.
Sanft gestreichelt wurde ich nur vom Wind. Ich duschte allein in meinem Outdoor-Bad, während die Wellen unter mir höhnisch murmelten. Ich las solo ein Buch auf der Polsterwiese vorm Schlafzimmer. Warf meine sandigen Klamotten auf das bauchige Sofa vor der in den Boden eingelassenen Badewanne unterm Sternenhimmel. Und wähnte mich – egal wo – im vermutlich viel bespielten Bieber-Sex-Palast. Was, wo, wie haben sie es wohl getan? Hier, wo alle zwei Meter was zum lüsternen Liegen bereitsteht.
2 become 1
Schliesslich reden wir vom märchenhaften Romantik-Reich der Malediven – da, wo sich die Menschen vermutlich vermehren würden wie die Karnickel, wenn sie nicht verhüten würden. Und das darf man durchaus ernst nehmen, denn auf der Schwesterninsel des Bieber-Resorts hoppeln tatsächlich an jeder Ecke niedliche Hasen aus dem Dschungel. Vor Jahren hätten sich hier mitgebrachte Haustiere munter fortgepflanzt, erzählte mir Sonu Shivdasani, Co-Founder und CEO der Soneva-Resorts – auf jenen beiden Inseln, auf denen the magic happens. Inzwischen gibt es sogar eine Bunny-Klinik für all die kleinen Rammler.
Und die ständige Verschmelzung scheint fast symptomatisch: Der Herr der Hasen und Honeymoon-Destinationen, Sonu Shivdasani, verknallte sich 1987 nicht nur in seine Frau Eva, sondern bei einer gemeinsamen Reise auch in die Malediven: «Wir hatten beide eine besondere Affinität zu diesem magischen Ort, so, als hätten wir hier ein früheres Leben zusammen verbracht», so Shivdasani. Auf den Malediven liebte man also sogar schon, bevor man überhaupt geboren wurde. Das Paar baute zwei Eco-Luxury-Hotels im Indischen Ozean und benannte sie nach der ewigen Verbindung ihrer Namen: Aus Sonu und Eva wurden die Soneva Resorts. Two become one. Überraschung!
Wer denkt bei Palmen gleich an Sex?
Aber warum ist das Paradies so fest mit der romantischen Liebe verknüpft? Vermutlich ist die Bibel schuld – und auch hier eine gewisse Eva. Der Luxus-Travel-Guide von Condé Nast hebt die Malediven nach den Traumstränden Thailands und Mauritius an die Spitze der Top-Honeymoon-Destinationen 2024. Was haben Palmen und ein schöner Strand mit Geschlechtsverkehr zu tun, wer denkt bei Babyhaien im glasklaren Wasser an Familienplanung? Wo ist der Zusammenhang?
Sonu Shivdasani erklärt sich die sexy Reputation dieser bezaubernden Fleckchen Erde folgendermassen: «Paare können sich hier von der Aussenwelt abkapseln, sich aufeinander konzentrieren, die Bindung stärken und bleibende Erinnerungen schaffen – was sie zu einem idealen Reiseziel für Flitterwochen, Jahrestage oder ein intimes Getaway macht.» Er weist auf Privatpools und Privatstrände hin. Ja, sogar Sternwarten für «einen Hauch von himmlischer Romantik» könne man vorfinden. Man kann in der Idylle der Atolle natürlich auch schnorcheln, tauchen, radeln – aber in erster Linie eben auch fummeln und keiner siehts. Das Geheimnis also: das schwärmerische Gefühl, als bestünde die Welt nur aus zwei schrecklich besonderen Menschen.
Aber: Exklusive Quality Time, Abgeschiedenheit, atemberaubende Natur, Bombenwetter, Abschalten, die Kokosnuss und Champagner zum Frühstück – wer will das nicht? Muss man Teil eines Paares sein, um diese Wünsche zu haben und sie sich zu erfüllen? Ist das, was das Pathos-Paradies angeblich ausmacht, nicht einfach der sanfte Auswuchs eines Trends, der schon lange durch unser aller Leben wabert: ein gar göttliches Slow Life fernab von E-Mails, RSVPs und Schuhen?
Die Gesellschaft sehnt sich erwiesenermassen nach Rückzug. Sie flüchtet aufs Land, badet in einem nachhaltigen Lifestyle mit healthy Bowls, viel Tee und einem Breathing-Workshop im insta-ready Sonnenaufgang. Das Geschäft mit der Selfcare boomt. Statt in Bildschirme möchte man in echte Gesichter schauen. Oder wahlweise in gar keins. Das ist keine Romantik, das ist Zeitgeist. Und der ist für fucking alle da.
Wer sagt, man solle nur die romantische Liebe zelebrieren?
Dürfen sich Singles, Freund:innen oder gar (ganz wild) Menschen, die ihre:n Partner:in zuhause lassen, nicht an weissem Sand erfreuen? Gemeinsam Massagen buchen? In die Sterne glotzen? Schulter an Schulter während einer Dolphin Cruise in den pinken Sonnenuntergang schippern? An einsamen Stränden dinieren?
Ausserdem: Wer zur Hölle sagt, man solle nur die romantische Liebe zelebrieren? In sie investieren? Die platonische ist doch die, die erstere letzten Endes überlebt. Manche mögen jetzt ächzen, jede noch so innige Freundschaft könne niemals mit einer romantischen Beziehung mit Sex und allem Drum und Dran mithalten. Aber warum nicht? Liebe ist Liebe. Freundschaft beinhaltet auch, sich an- und hingezogen zu fühlen.
Ich habe mich in erheblich mehr Mädchen platonisch verliebt als romantisch in Jungs (einer davon allerdings Justin Bieber). Ich wurde von deutlich mehr Männern verlassen als von guten Freundinnen, aber – wann auch immer das der Fall war – dann habe ich schluchzender geweint, war verzweifelter, ohnmächtiger, alles tat ein bisschen mehr weh. Weil man bei Freundschaften doch wirklich und wahrhaftig an «für immer» glaubt. Und dafür lohnt es sich ja wohl, ins Paradies zu fliegen.
Exakt das habe ich kurz vorm Corona-Lockdown mal mit einer Freundin gemacht: Wir lagen zehn Tage zwischen Paaren auf den Malediven. Keusch zwar, aber es beschlich uns erstaunlich oft das Gefühl, wir hätten uns mehr zu sagen als das Paar nebenan, das sich soeben küssend im Mondschein fotografieren liess. Übrigens: Das Traumpaar Bieber soll sich seine riesige Luxus-Villa damals auch mit Family, Friends und Justins Band geteilt haben.