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Wenn man für die Queen kocht

Wenn man für die Queen kocht

  • Aufgezeichnet von Ines Häfliger; Foto: GettyImages

Bill Gates, Muhammad Ali, Kate Winslet, Roger Federer oder Donald Trump: Sie alle durfte ich schon bekochen. Die grösste Ehre ist für mich jedoch die 30-jährige Zusammenarbeit mit der britischen Krone. Gemeinsam mit Herzogin Camilla plante ich das Geburtstagsmenü von Prinz Charles, für seine Söhne Prinz William und Prinz Harry wiederum kochte ich das Hochzeitsessen.

In die Gastronomiebranche wurde ich quasi hineingeboren. Meine Eltern führten in Nidau nahe bei Biel einen einfachen Gastbetrieb. Die Lehre absolvierte ich im Twanner «Bären». Danach arbeitete ich in Hotels und Restaurants rund um den Globus, unter anderem in Japan, Frankreich, Italien und Kanada. 1975, ich war 28 Jahre alt, fragte man mich, ob ich Küchenchef im Fünfsterne-Luxushotel Dorchester in London werden möchte. Damals war die englische Küche schwer, das Gemüse verkocht, das Fleisch eher zäh. Meine Küche hingegen war – inspiriert von meinem Japanaufenthalt – leicht und einfach. Bis heute verwende ich bewusst wenige, dafür aber qualitativ hochwertige Zutaten. Um ihren Eigengeschmack beizubehalten, verzichte ich auf Geschmacksverstärker wie Rahm, Butter, Alkohol oder starke Gewürze. Diese Cuisine naturelle gefiel den Engländern. Auch der Königinmutter: Sie kam regelmässig zu uns ins «Dorchester» und beauftragte ihren Koch, die Rezepte nachzukochen. Es war dann aber Prinz Charles, der mich vor rund dreissig Jahren das erste Mal für ein Wohltätigkeitsbankett anfragte. Zusammen mit 15 Köchen reiste ich nach Prag, wo wir während dreier Tage für ihn und viele weitere europäische Staatsoberhäupter Speisen zubereiteten.

Heute kochen wir an speziellen Anlässen bis zu dreimal im Monat für die königliche Familie. Nach all den Jahren kenne ich das Prozedere gut. Bei offiziellen Anlässen entscheidet das Massband, wie Gläser, Besteck und Teller platziert werden. Auch die Stuhlposition ist genau vorgegeben. Essen dürfen die Geladenen erst, wenn die Queen zu Messer und Gabel gegriffen hat. Und natürlich ist das Servierte wichtig. Die königliche Familie legt grossen Wert auf saisonale, schön angerichtete und gut abgeschmeckte Gerichte. Für Prinz Charles gibt es ausschliesslich Organic Food; er besitzt selbst eine Biofarm.

Nie würde ich auf die Idee kommen, an den königlichen Banketten etwas Neues auszuprobieren. Schliesslich darf nichts schiefgehen. Wir konzentrieren uns daher auf Gerichte, die sich in der Vergangenheit bewährt haben. Vor einer Veranstaltung stellen wir den Organisatoren jeweils drei bis vier Menüvorschläge vor. Einen Tag vor dem Event präpariere ich mit meinem Team das von den Organisatoren auserwählte Menü. Gekocht wird es so spät wie möglich; das Essen soll möglichst frisch sein. Den Fisch bereiten wir sogar à la minute zu. Glücklicherweise ist es noch nie zu einer Panne gekommen.
Nicht zuletzt, weil wir immer auf alles gefasst sind: Wenn zehn Vegetarier angemeldet sind, bereiten wir dreissig fleischlose Gerichte vor – just in case.

Von all diesen Vorbereitungen bekommt die Queen kaum etwas mit. Was für sie zählt, ist das Essen. Und das schätzt sie anscheinend sehr, wie sie mir gelegentlich mitteilen lässt. 2004 verlieh sie mir sogar für meine Verdienste den Order of the British Empire. Ein Foto von der Ordensübergabe hängt in meinem Museum The Mosimann Collection in Le Bouveret am Genfersee. Als ich am Telefon von dieser unglaublich grossen Ehre erfuhr, konnte ich minutenlang nicht mehr sprechen: Ich weinte vor Freude.

Anton Mosimann (72), London