Erst Diss, dann Respekt: Die stellvertretende annabelle-Chefredaktorin Jacqueline Krause-Blouin über brisante Kooperationen in der Fashionwelt.
Comme des Garçons, Northface, Nike, Budweiser, McLaren – ja sogar «Playboy»: Die Streetwear-Marke Supreme treibt es mit allen. Unzählige Kooperationen schmücken den Lebenslauf des 1994 in New York gegründeten Brands. «Sell out!», schreit man da schnell verächtlich, denn Supreme scheint die treulose Tomate unter den Labels zu sein – aber die anhaltende Nachfrage gibt der Tomate recht, denn alles, was auch nur im Entferntesten mit Supreme zu tun hat, ist meistens genau das: ausverkauft. «Wenn ich 600 verkaufen kann, produziere ich 400», sagt Gründer James Jebbia. Streng limitierte Ware als Erfolgsgeheimnis – so simpel, so gut.
Die aktuelle Kooperation von Supreme mit Louis Vuitton allerdings ist von besonderer Brisanz. Sie symbolisiert wie keine andere, dass ein Baumwollgemisch-Hoodie heute ebenso luxuriös sein kann wie der neuste It-Bag. Wenn Luxusdesigner sich für 1000-fränkige Jeans «von der Strasse» inspirieren lassen, Stella McCartney Fitnessklamotten designt und das Supreme-Logo auf Louis-Vuitton-Weekendern prangt, zeigt das vor allem eins auf: die endgültige Angleichung von Streetwear an die Luxusbranche. Und die macht durchaus Sinn: Coole Kids mit wenig Geld streben nach den Statussymbolen der Reichen. Die Gutbetuchten wiederum streben nach etwas, das nicht käuflich erwerblich ist: Street Credibility. Win-Win also – so simpel, so gut.
Warum aber wendet sich die ursprüngliche Supreme-Zielgruppe, die Skater, nicht von einer Marke ab, die plötzlich an den Bahnhofstrassen dieser Welt ausgestellt ist? Zumal Supreme und Louis Vuitton einst echte Feinde waren: 1996 brachte Supreme ein Skateboard mit einem Vuitton-Logo-Print heraus, wurde daraufhin vom Megabrand verklagt und angeblich gezwungen, die gesamte Ware zu verbrennen. Heute munkelt man sogar, dass LVMH, der Mutterkonzern von Louis Vuitton, Supreme längst gekauft hat. Dass die einstigen Rivalen nun also zusammenspannen, hat womöglich auch mit Street Credibility zu tun. Erst Diss, dann Respekt. Es ist wie bei kleinen Jungs, man muss sich erst verkloppen, um Freunde zu werden.