Wenn Brands ihre eigenen Fakes kreieren
- Text: Jacqueline Krause-Blouin; Foto: Imaxtree
In der Mode wird jetzt mit Erlaubnis geklaut.
Imitate gibt es, seit es Mode gibt. 1903 nähte Charles Frederick Worth deshalb seine Unterschrift in seine Kreationen, und Madeleine Vionnet versah ihre Designs mit Daumenabdrücken. Geholfen hat das bekanntlich wenig, das Fake-Business floriert.
Ob die Kleiderindustrie deswegen schon länger eine Liaison mit der Ironie hat? Ain’t-Laurent-without-Yves-Shirts, Comme-des-Fuckdown-Mützen, anyone? Mit solchen Statements konnte man als Normalo einst den grossen Brands, die man sich nicht leisten konnte, den Stinkefinger zeigen und trotzdem sein Fashion-Knowhow zur Schau tragen. Leider ist das längst nicht mehr cool. Im Moment haben wir es nämlich nicht mit offensichtlichen Fakes zu tun, sondern mit authentischen. Der Gucci-Bag von Alessandro Michele, auf dem gross «Real Gucci» stand, griff die Thematik auf und war ein Renner. Vetements hat für seine Frühling/Sommer-Kollektion gleich von 18 Designern offiziell abgekupfert, dies Kooperation genannt und in Seoul einen Garage Sale unter dem Motto «Official Fakes» abgehalten. Es wird jetzt mit Erlaubnis geklaut.
Aber wo Fakes zu Originalen werden, kann man auch viel falsch machen. Die Message an die Kundschaft ist klar: Kauf den richtigen Fake! Es muss der «Champion»-Pullover aus der Vetements-Kollektion sein, nicht der aus der Sportabteilung – das Detail ist entscheidend. Die Preisdifferenz von zirka 700 Franken wird mit der Prise Ironie gerechtfertigt. Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich nämlich das vermeintliche «Champion»-Logo als «Vetements»-Schriftzug. Genial. Wenn Highfashion-Designer die Highstreet-Labels, die alles kopieren, sobald es auf Instagram zu sehen ist, im Rennen um die Zeit schon nicht schlagen können, dann kreieren sie halt gleich selber ihre Fakes. Es bleibt also spannend: Ich freue mich wirklich schon auf die gefakte Real-Fake-Gucci-Tasche. Das ist dann wohl post-fake-ische Mode.