Fashion
Warum in der Mode billige Provokation von gestern ist
- Text: Jacqueline Krause-Blouin
- Bild: Launchmetrics Spotlight
Die grosse Pose ist passé: die junge woke Generation ist an billiger Fashion-Provokation nicht interessiert und fordert Authentizität.
Eigentlich sorgt das Stühlerücken unter den Designer:innen regelmässig für Schlagzeilen. Wer geht, wer kommt und was bedeutet das für den Brand? Als aber kürzlich Jeremy Scott, Creative Director von Moschino, zurücktrat – und dies nach zehn Jahren, in dieser Szene eine Ewigkeit –, gab es kein mediales Erdbeben. Man nahm den Rücktritt des postmodernen Mode-Comedians zur Kenntnis. That’s all.
«Scott designte in einem campen Paralleluniversum»
Nun mag das daran liegen, dass Scott mit seinen Burger-Kleidern und Barbie-Looks in den letzten Jahren in einem campen Paralleluniversum designte; fernab von Trends waren seine Instagram-freundlichen Entwürfe im besten Fall unterhaltsam und im schlechtesten platt und banal. Seine Frühjahrskollektion, in der er «Inflation» zum Thema machte und dann aufblasbare («inflatable»!) Kleider zeigte, war der Moment, in dem ihm endgültig seine Relevanz abhanden kam.
Die Show ist vorbei, Extravaganz und Eskapismus out und die grosse Pose passé. Die Modewelt hat ausgeträumt, man will die Realität reflektieren, nicht billig provozieren. Mal edgy, mal poetisch, aber immer authentisch soll es sein. Es sind keine lustigen Zeiten. Und obwohl man meinen könnte, dass wir gerade in solchen mehr Humor gebrauchen könnten, ist die junge, woke Generation an Mode in Anführungszeichen kaum mehr interessiert. Sie durchschaut immer öfter, wenn ein Label einzig auf den schnellen Hype aus ist.
«Selbst Demna distanziert sich von der Effekthascherei, die ihn berühmt gemacht hat»
Nach dem Shitstorm bei Balenciaga gibt sich selbst Mr. «Anti-Fashion» Demna als grosser Couturier, plädiert für eine neue Nüchternheit und distanziert sich von der Effekthascherei, die ihn berühmt gemacht hat. «Ich bin kein Showman», sagt der Mann, der Müllsäcke als Luxushandtaschen verkauft. Hosen statt Hype also. Lustig daran ist einzig, dass die bahnbrechende Erkenntnis nun sein soll, dass ein Modedesigner sich aufs Kleidermachen konzentrieren sollte.