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Uhren – Zauber der Zeit

Uhren – Zauber der Zeit

  • Text: Monique HenrichFotos: Image.net - Ian Gavan/Getty Images for Jaeger-LeCoultre, Karin Heer

Am Ende steht eine wunderschöne Frau auf dem roten Teppich, an ihrem Handgelenk eine wunderschöne Uhr namens Rendez-Vous. Am Anfang aber stehen die Menschen, die das neue Kleinod von Jaeger-LeCoultre zum Ticken brachten.

Gala in Paris: Wenn Hollywoodstar Diane Kruger dieser Tage auf der Place Vendôme aus der Limousine steigt, flashen die Blitzlichter. Und wenn sie – märchenhaft schön – den Fans zuwinkt, glitzert an ihrem Handgelenk eine diamantbesetzte Golduhr: Die Filmkönigin (Marie Antoinette in «Les adieux à la reine») ist auch das Gesicht der neuen Uhr Rendez-Vous aus der Schweizer Manufaktur Jaeger-LeCoultre.

TV-Abend in einem abgelegenen Jura-Hochtal: Canal plus wird einen Hauch Glamour von der Soirée nach Le Sentier tragen. Zu den Angestellten von Jaeger-LeCoultre, die das Meisterwerk für Diane Kruger zum Leben erweckt und mit unvorstellbarer Präzision Rädchen gezählt, Rubine gesetzt, Federn poliert, Anker geklebt haben.

Diese Zaubertruppe haben wir besucht – an ihrem Arbeitsplatz in der Grande Maison, dem Hauptsitz von Jaeger-LeCoultre in Le Sentier. Drei Jahre galt dort die höchste Geheimhaltungsstufe. Unter dem Codewort «Nouvelle Ligne» wurden Gehäuse und Zifferblatt designt, Tools entwickelt, Händlerwünsche abgeklärt. Bis es endlich hiess: Die Rendez-Vous, Kaliber 898 A, geht in Produktion!

Wir zeigen Ihnen die acht Schritte und die Personen dahinter, die es braucht um diese Uhr herzustellen:

1. Die Stichelmeisterin


In der Gravure-Abteilung schafft Sanae Mekki an der Rendez-Vous mit einem feinen Stichel von Hand, was Hightech nicht vermag: die kleinsten maschinellen Unebenheiten im Schriftzug auszuputzen. Das liebt sie, weil sie «Unperfektes nicht ausstehen kann» und freimütig bekennt, auch privat «manisch pingelig» zu sein. Sie habe sich nie etwas anderes gewünscht als diese «superminutiöse Arbeit», bei der sie an die 200 Teile pro Tag perfektioniert.

Ihren Arbeitsantritt am 13. März vor 13 Jahren bezeichnet sie noch immer als «Glückstag», und sie würde sich «wirklich, wirklich» noch heute für ihren Platz auf dem Hocker im grossen Saal entscheiden.

2. Die Zackenzählerin


So glamourös die Couture, in der Diane Kruger die Rendez-Vous der Welt präsentieren wird, so diskret der Dresscode in der Grande Maison in Le Sentier: Weisse oder blaue Arbeitskittel, firmenintern staubfrei gewaschen, sind Vorschrift. Aber Laetitia Côte hat ohnehin nur Augen fürs Roue d’échappement, das mikromillimeterfeine Hauptrad, das sie kontrolliert und das so zart ist wie ein Libellenflügel.

Fünfzehn Zacken müssen dran sein. Keiner verbogen, keiner gebrochen. Rund 1250 Rädchen klemmt sie zwischen ihre Pinzette, legt jedes einzelne unters Mikroskop und hopp, schon kommt das nächste. Tag für Tag. Seit fünf Jahren. Monotonie? «Kenne ich nicht», sagt sie.

3. Die Alleskönnerin


Nie ohne Fingerlinge! Die rosafarbenen Latexschützer liegen an jedem Arbeitsplatz bereit. Höchstes Gebot in der Haute Horlogerie: Ja nichts mit blossen Händen anfassen.

Selbst Mikrospuren von Schweiss und Fett sind Gift für ein Uhrwerk. Yvette Mignotte hat dieses Gebot längst verinnerlicht. Die Abteilungs-Allrounderin, die alles liebt, «was manuell ist», ist seit 22 Jahren die gute Seele in der Abteilung Garnissage: Sie springt ein, arbeitet Newcomer in die Materie ein, checkt die Fiche suiveuse, das exakt geführte Kontrollblatt, das jede Uhr vom Grundmodell bis zur Auslieferung begleitet. Madame Mignotte selbst ist die Pünktlichkeit in Person: An Tagen der Arbeit geht sie um 21 Uhr schlafen und steht Punkt 4.30 Uhr auf.

4. Die Rubinkünstlerin


Garnissage bedeutet salopp übersetzt Deko-Abteilung, doch geht es hier nicht um Zierde, sondern um einen Arbeitsschritt, der die Lebensdauer der Uhr bestimmt:
Corinne Meunier setzt Rubine ein, die die Drehgelenke schmieren. Sie sind zwar synthetisch, aber mit ihrem leuchtenden Glanzrot verwandeln die Rubine das Kaliber in ein Kunstwerk.

Noch ist für die Jurassierin die Arbeit mit den Winzlingen ungewohnt, noch schmerzen abends die am Uhrmacherpult stets hochgezogenen Schultern, doch sie, die
bis vor kurzem arbeitslos war, lächelt: «Ich durfte zwischen drei Arbeitsplätzen wählen – hier fühle ich mich sehr wohl.»

5. Die Ankerhüterin


Ohne Anker kein Tic und kein Tac. Sophie Gauthier ist flink. Sehr flink und sehr genau. Geschickt positioniert und fixiert sie den Anker mit einem Klebstoff, der aussieht wie Melasse, von dem sie vorher hauchfeine Fäden gehärtet und aufbereitet hat. Leichthändig setzt sie unter dem Mikroskop ein Tüpfli davon auf die roten Ankerfingerchen, die so verleimt später den jährlich rund 500 Millionen Drehungen des Hauptrads standhalten müssen.

Der Mutter einer zweijährigen Tochter ist wie allen hier eine qualitativ hochstehende Arbeit sehr wichtig. Und sie hat sich ein grosses Ziel gesetzt: «Ich möchte das Uhrmacherdiplom machen.»

6. Der Federweise


Das Pendant zum roten Teppich in Paris ist in Le Sentier ein blauer Türvorleger: Beim Eintreten ins Allerheiligste der Uhrmacherkunst, genannt Réglage, kleben die Schuhe am Boden, als wäre er aus Kaugummi: Der Teppich mit Haftschicht dient als Staubfänger, und im Atelier mit den grossen Fenstern ist es clean wie in einem Operationssaal. Über gebeugten Rücken liegt beinah spürbar die Stille des magischen Flows, des Glückszustands, der psychologisch den «Prozess des Einswerdens, des völligen Aufgehens mit einer Tätigkeit» beschreibt.

So, wie ihn Uhrmachermeister François Michel-Noël erlebt, wenn er die haardünne, gewellte Spiralfeder der Rendez-Vous bis zur Perfektion glättet und schleift und in seinem Tun so versinkt, dass ihn «ein tiefes Gefühl der Genugtuung und Befriedigung» durchströmt.

7. Die Tic-Tac-Magierin


Hohe Uhrmacherkunst: Mit ruhiger Hand setzt Stéphanie Charron die Spiralfeder ins Kaliber 898 A. Und – das Uhrwerk tickt! Diese Faszination hat die ehemalige Floristin auch nach zwanzig Arbeitsjahren nicht losgelassen.

«Eine einzigartige Kunst», schwärmt sie und hat mit ihrer Begeisterung fürs Metier in interner Weiterbildung das Uhrmacherdiplom erlangt. Nur Bücherlesen am Abend geht nicht: «Da tanzen die Buchstaben vor meinen Augen.»

8. Der Diamantvirtuose


Ah, diese Noblesse der Edelsteine! Heinz Schlunegger, Sertisseur oder Steinefasser, liebt die Glanzstücke, und er hat sie alle vor sich. In profanen Plastiktruckli, exakt beschriftet, vom Sternenstaub bis zur Karatgrösse. «Selbst die Kleinsten», und damit meint er die Diamanten, die gerade mal einen halben Millimeter gross sind, «haben einen Schliff mit 56 Facetten, sonst würden sie nicht brillieren.»

Der gelernte Feinmechaniker verankert sie kunstvoll in die von aussen unsichtbaren Goldgriffe. Seine Zeitvorgabe: In sieben Stunden 43 Brillanten setzen. Die ausgeklügelte Instrumentenpalette ist in Griffnähe, und das Karussell dafür hat er aus lokalem Nussholz in seiner Freizeit selbst gedrechselt.

Aus der rohen Platine ist ein hochpräziser Zeitmesser geworden, geborgen in einem glänzenden Gehäuse aus Edelmetall und Saphirglas. «An der Entstehung einer Uhr sind alle unsere 1200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in irgendeiner Art beteiligt», betont Cédric Torres, Brand Manager für die Schweiz von Jaeger-LeCoultre.

Für die Rendez-Vous wurden haargenau 208 Teilchen poliert, verschraubt, geklebt, gerichtet. Wie ein rohes Ei wurde das Kaliber von Hand zu Hand gereicht. Jetzt folgt der Härtetest: Die feingliedrige Uhr kommt in ein Rad, in dem die Bewegungen des Handgelenks und die Strapazen des Alltags simuliert werden. Tausend Stunden lang, knappe sechs Wochen, muss sie Temperaturschwankungen standhalten, wird auf Wasserdichtigkeit, Schockresistenz und Stossfestigkeit kontrolliert.

Erst nach dieser Prüfung wird das kostbare Stück mit weissen Handschuhen in die Samtschatulle gelegt. Dort ruht es – um dereinst seiner Trägerin das Gefühl zu geben, wie Diane Kruger auf dem roten Teppich von allen bewundert zu werden.

Uhr Rendez-Vous in Roségold, Lünette mit 60 Diamanten, Automatikwerk, 21 100 Fr.