Die eine war in den 90ern ein Teenager, die andere noch kaum geboren: Nadine Strittmatter (34) und Jade Eliášek (22) standen für unser Shooting zum 90ies-Revival vor der Kamera. Zwei Schweizer Models und zwei Perspektiven aufs Modelbusiness.
«Die Leute verbringen gern Zeit mit mir»
Ihren ersten grossen Modeljob verdankt Nadine Strittmatter (34) ausgerechnet der Konkurrenz. Das brasilianische Model Isabelli Fontana hatte ihren Flug verpasst, Strittmatter konnte einspringen. Sie war damals 17 Jahre jung und hatte vom Posing für die Kamera noch keine Ahnung. Doch sie tat, als wüsste sie genau, was sie tut, und lag damit richtig: Als die Bilder im französischen «L’Officiel» erschienen, wurde Starfotograf Steven Meisel auf die Aargauerin aufmerksam – der Start einer ausserordentlich langen Modelkarriere.
annabelle: Nadine Strittmatter, was wären Sie geworden, wenn Sie sich nicht fürs Modeln entschieden hätten?
Nadine Strittmatter: Ich habe ein Talent fürs Visuelle. Ich sehe schnell, welches ein gutes, starkes Bild ist. Wäre ich nicht Model, wäre ich bestimmt ein guter Art Director.
Was würden Sie anders machen, wenn Sie noch einmal von vorne beginnen könnten?
Ich war nie ein ängstlicher Mensch, sondern hatte Vertrauen in mich und meine Träume. Trotzdem würde ich alles mit viel mehr Mut angehen. Unterm Strich hätte ich wohl nicht weniger, sondern noch viel mehr getan, und alles etwas entschiedener, ja böser umgesetzt.
Welche Veränderungen im Business halten Sie für längst überfällig?
Leider gibt es noch immer keine Gewerkschaften, die uns Models vertreten. Bei Jobs im Ausland passiert es zum Beispiel oft, dass man bis zu sechs Monate auf sein Geld warten muss oder dass kein angemessenes Essen zu Verfügung gestellt wird. Ausserdem finde ich, dass manche der Mädchen noch immer zu dünn sind, um gute Vorbilder zu sein. Einige Mädchen sind von Natur aus sehr schlank und absolut gesund, mental und physisch. Dennoch möchte ich bei Castings eine grössere Vielfalt an Körperformen sehen.
Für die meisten Models ist mit Mitte dreissig die Karriere längst vorbei, Sie aber arbeiten noch immer sehr erfolgreich. Woran liegt das?
Der Jugendwahn ist heute weniger ausgeprägt als früher, gerade kaufkräftige Kundinnen ab einem gewissen Alter wollen die teure Mode nicht von einer 16-Jährigen präsentiert bekommen. Neben dem gesellschaftlichen Wandel sind auch meine Beziehungen zu Leuten aus der Branche hilfreich, die mich nicht selten persönlich anrufen und fragen, ob ich etwa für ihr Lookbook modeln würde. Ich schätze diese Menschen sehr, und sie schätzen mich und meine Meinung. Auch bei Chanel wurde ich als Person immer sehr geschätzt, noch viel mehr als für meine Körpermasse.
Aber Sie haben bei Chanel doch als Fitting-Model gearbeitet, anhand Ihrer Körpermasse wurden die Entwürfe geschneidert.
Ja, aber eigentlich habe ich nicht den perfekten Körper für diesen Job. Ich bin viel zu gross, habe zu breite Schultern und zu viel Brust. Trotzdem durfte ich dort während zweieinhalb Jahren als Fitting-Model arbeiten, habe hie und da mal einen Pulli anprobiert. Für die perfekten Masse aber hatten sie dann jemand anders. Ich glaube, die Leute verbringen gern Zeit mit mir, darum konnte ich so lange bleiben.
Sie standen für unser Shooting vor der Kamera. Das Thema: das modische Comeback der 1990er-Jahre. Eine Ära, die Sie als Teenager miterlebt haben. Welchen modischen Fauxpas aus jener Zeit wollen Sie nicht noch einmal begehen?
An meine neonpinken Leggins erinnere ich mich ungern zurück. Und an meine Miss-Sixty-Hose. Obwohl … Vielleicht müsste ich die mal wieder anziehen, aber nur die alte, originale aus den 1990er-Jahren.
Sie leben heute in Los Angeles und studieren neben dem Modeln Creative Writing und Kunstgeschichte. Wo sehen Sie sich selbst in zehn Jahren?
Ich würde gerne Regie führen für Spielfilme, zum Beispiel für Sciencefiction-Filme. Oder für einen James Bond. Ich schreibe aber auch gern und verfasse gerade Drehbücher für mein Studium.
Instagram: @nadinestrittmatter
«Ich träumte nicht vom Modeln, sondern vom Fliegen»
Wenn der erste richtige Modeljob eine Kampagne ist, weiss man, dass man grosse Erfolgschancen im Business hat. Jade Eliášek (22) war 18 Jahre alt, als sie für die Kampagne von Viu Eyewear gebucht wurde. Die ehemalige Flugbegleiterin wohnt derzeit noch in Winterthur, hat aber grosse und vor allem weit entfernte Ziele für die Zukunft.
annabelle: Jade Eliášek, Modeln ist für viele Mädchen und Frauen ein Traumjob. Deshalb ist der Druck gross. Wie gehen Sie damit um?
Jade Eliášek: Ich war kürzlich an einem Casting in Mailand, zu dem 600 Models eingeladen wurden. Da merkt man schon, wie viele schöne Frauen diesen Job ausüben wollen. Druck versuche ich mir aber keinen zu machen, denn das würde man mir ansehen. Wenn ich in den Raum gehe, versuche ich, das alles hinter mir zu lassen und mein Bestes zu geben. Der Vergleich mit anderen Models bringt ohnehin wenig. Schliesslich weiss man nie, welchen Typ Frau der Kunde gerade sucht.
Was ist eigentlich so schön am Modeln?
Dass ich ständig neue Leute kennenlernen darf. Nach der Schule arbeitete ich als Flugbegleiterin, was mir gefallen hat, wegen der vielen Menschen, die ich traf, und wegen des Reisens. Beides habe
ich auch beim Modeln.
Was macht Ihnen weniger Spass?
Bis jetzt macht mir alles Spass, ich freue mich über jeden einzelnen Auftrag. Schattenseiten habe ich zum Glück bis anhin nicht kennengelernt. Schade ist einzig, dass man die schönen Momente selten mit jemandem teilen kann. Man verbringt viel Zeit ohne Freunde und Familie.
Wie wichtig sind Social Media für Ihre Karriere?
Instagram nutze ich als Businessprofil, mein Account ist meine Visitenkarte. Ich veröffentliche regelmässig unterschiedliche Bilder von mir, damit die Kunden sehen, dass ich vielfältig bin. Bei den Castings werde ich oft nach meinem Namen auf Instagram gefragt. Nach dem Casting schauen sie sich dann in Ruhe mein Profil an und entscheiden, ob ich den Job bekomme oder nicht. Social Media gehören halt dazu und sind fast schon ein Teilzeitjob. Für persönliche Zwecke nutze ich Instagram nicht häufig. Es ist eine Hassliebe mit Instagram: Manchmal macht es Spass, manchmal ist es nervig, und manchmal ziehen einen all die perfekten Bilder anderer Leute runter.
Was würden Sie tun wollen, wenn Sie nicht Model wären?
Ich würde wahrscheinlich immer noch als Flugbegleiterin arbeiten. Meine Mutter kommt aus Neuseeland, mein Vater aus Tschechien, wir sind viel gereist und geflogen. Ich habe die Flugbegleiterinnen immer bewundert, wegen ihres Aussehens und der schönen Uniformen. Als Kind träumte ich nicht davon, Model zu werden, sondern, als Flugbegleiterin um die Welt zu reisen.
Instagram: @jadeeliasek
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