Reisen
Solo-Reisen: Wie ich im Luxushotel eine Erkenntnis hatte
- Text: Stephanie Hess
- Bilder: Privat; Collage: annabelle
Neues ausprobieren, heilen, Zeit für sich haben: Es gibt viele Gründe für eine Reise allein. In unserer Mini-Serie erzählen annabelle-Redaktorinnen davon. Heute: Redaktorin Stephanie Hess und ihr Schlaf-Spa in Zürich.
Zwei Tage für mich allein im Luxushotel. Wochenlang hatte ich mir aus gemalt, wie das sein würde. Wie ich zurückkehre zu meiner Familie, strahlend, gelöst, gut gelaunt. Und dann kam ich endlich im Hotel an, lag am Nachmittag unter der blütenweissen Bettdecke. Aber in mir machte sich keine sanfte Erholung breit, sondern erst einmal: pochender Kopfschmerz, eine verschleppte Erkältung.
Entspannung kommt nicht auf Zuruf, sagte ich mir, und warf ein Aspirin ein. Legte mich auf die Liege für eine wohlige Lomi-Lomi-Massage. Später auf die heisse Bretterbank in der Sauna. Setzte mich frisch geduscht im Restaurant an die Fensterfront und schaute dem Regen zu. Trockener Weisswein, gutes Essen, ein Buch. Eine Auszeit wie aus dem Selbsthilfebuch. Aber während ich das alles aufschreibe, entspanne ich mehr, als ich es dort tat.
«Diese Mini-Auszeit machte mir unausweichlich klar, dass es bedeutend mehr als zwei Tage braucht, um ein Fundament zu stärken»
Es waren nicht nur die Kopfschmerzen. Diese Mini-Auszeit machte mir unausweichlich klar, dass es bedeutend mehr als zwei Tage braucht, um ein Fundament zu stärken, das schon lange durch Kindergeschrei, wenig Schlaf und die Reibereien des Alltags abgetragen worden ist.
Gleichzeitig schmerzte mich das Fehlen meiner Familie bereits in dieser kurzen, so lang ersehnten Pause. Dieses verdammte Paradox machte mich gereizt – was wiederum schlechtes Gewissen aufkeimen liess, schliesslich lag ich ja privilegiert in einem Luxushotel, um einfach mal ein bisschen aufzutanken.
Immerhin, in der Nacht schlief ich wie ein Stein. Neun Stunden am Stück. Und als ich dann endlich die Augen öffnete, blieb ich liegen, döste noch ein bisschen. Weil ich jedoch sehr gewillt war, jede Minute dieser Auszeit auszukosten, rannte ich doch noch in den Fitnessraum, in die Sauna und verpasste am Ende das Frühstück. Ich kam nach Hause, nicht sehr gut gelaunt, nicht sehr strahlend.
Ich erkenne: Es ist utopisch, in der aktuellen Lebenssituation wieder umfassend zu Kräften zu kommen. Was bleibt? Den Fokus darauf zu legen, dass das Fundament halt nicht komplett abgetragen wird. Also immer mal wieder zu versuchen, eine dünne Schicht auf zutragen, etwa in Form einer durchgeschlafenen Nacht.
Hier gibt es mehr Infos zum Hotel Alex Lake Zürich (DZ ab 340 Fr.).
Transparenzhinweis: Die Veranstalterin und das Hotel haben die Kosten für den Aufenthalt übernommen. Das Retreat wurde unabhängig ausgewählt, die annabelle-Redaktor:innen berichten jeweils frei und unter Einhaltung der berufsethischen Normen über ihre Erfahrungen.