Schall und Speis: Restaurant-Tester Julian Schütt isst im Restaurant Red im KKL Luzern.
Ausgerechnet in Restaurants, in denen sonst alles auf Topniveau ist, fehlt dem, was von ganz oben kommt, oft jede Klasse. Die Rede ist von der Hintergrundmusik, die aus den Deckenboxen herunterrieselt. Leider kann man der Beschallung nicht entgehen, zumal die Gäste in solch gehobenen Häusern sich Mühe geben, gedämpft zu reden.
Meist handelt es sich um ranzige Klassik oder breiigen Jazz, womit sich allenfalls Betagte und Sieche im Radiowunschkonzert noch beglücken lassen. Wer ein Spitzenlokal besucht, will aber genau das Gegenteil von Konservenseligkeit, nämlich Frische und Lebendigkeit. Das Problem sind nicht Vivaldi oder Frank Sinatra an sich, sondern dass es daneben nichts Gewagteres gibt. Und das wirkt vor allem dann unfreiwillig komisch, wenn der Koch seinerseits die Experimentierlust kaum bändigen kann. Jüngere Gastgeber legen zwar auch mal Lounge-Musik ein, aber zeitgemäss gepflegte
Langeweile eignet sich schlecht als Alternative zu klassischer Langeweile. Zu allem Überdruss drückt man besonders in Hotelrestaurants gern auf den Wiederholungsmodus: Dasselbe Programm läuft manchmal am gleichen Abend zweimal, was so bekömmlich ist, wie wenn nach dem Schokoladendessert nochmals das Lachs-Amuse-bouche serviert wird.
Garantiert frei von Nebengeräuschen verläuft ein Abend im Restaurant Red des KKL Luzern: Hier speist man in Ruhe und erlebt danach im Konzertsaal die volle Präsenz und Leidenschaft der Musik. Ich geniesse im «Red» einen köstlichen glasierten Thunfisch mit rotem Linsensalat, danach ein subtil gebratenes Forellenfilet mit Bouillongemüse und einer kräftigen Schnittlauchcrèmesauce, zuletzt eine Gianduja-Schokoladenschnitte mit Joghurtglace und Zitrus-Chutney (der ganze Dreigänger für 87 Franken). Beste Musik für den Gaumen ohne Lachs-Amuse-bouche zum Abschluss!
— Restaurant Red im KKL, Europaplatz 1, 6005 Luzern, Tel. 041 226 71 10, [email protected]