Schütt isst im Restaurant Jägerhof in St. Gallen
- Text: Julian SchüttIllustration: Bazooka Bob
Ich liebe Fisch über alles. Deshalb bekomme ich nicht nur hin und wieder ein Schandmail, sondern werde zumindest von einer Person seit Jahren regelrecht boykottiert. Und natürlich hat die Person Recht. Ich weiss, dass etliche Fischarten vom Aussterben bedroht und dass die Fangmethoden grausam sind. Ich weiss auch, dass Händler und Restaurants uns das Blaue aus den Gewässern heraufschwindeln: Die berühmte Zürichseeforelle hat diesen See meistens nie von innen gesehen. Ich weiss also, dass ich sowohl verantwortungslos bin als auch für blöd gehalten werde, wenn ich noch Fisch bestelle. Und doch esse ich nichts lieber. Wohin soll ich mich mit meinem Problem wenden? Ich will schliesslich ökopolitisch korrekt geniessen.
Allen, die unter dem Gleichen leiden, empfehle ich einen Ausflug zu Vreni Giger nach St. Gallen. Sie ist erstens eine der wenigen Schweizer Spitzenköchinnen; bei ihr, der bodenständigen Appenzellerin, kommt zweitens nur auf die Anrichte, was die Labels Bio und tiergerecht tatsächlich verdient; drittens versteht sie Fische (fast exklusiv aus dem Bodensee) mit begeisternder Fantasie und Präzision zuzubereiten. Beim Amuse-bouche beweist sie zunächst, dass sie auch die vegetarische Küche kultiviert: einer Variation aus lauter Mais (Glace, Suppe, Blini und Salat). Worauf eine Variation der Felche folgt – unvergesslich das Felchenmousse auf Pumpernickel und die ganz selten erhältlichen Felchenleberli.
Dann erfreue ich mich an einer temperamentvollen Bodensee-Bouillabaisse mit Saiblingfilets, später an Kretzerli, wie die Egli am Bodensee genannt werden, die wie die Fischsuppe mit feinem Safran angereichert sind. Zum Finale des Fünfgängers (125 Fr.) serviert Vreni Giger ein mit viel Brio angebratenes Zanderfilet auf Artischockenherzli. Selten ass ich meinen geliebten Fisch mit besserem Gewissen.
Vreni Giger’s Jägerhof
Brühlbleichestrasse 11
9000 St. Gallen
Tel. 071 245 50 22
www.jaegerhof.ch
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