Béatrice Zurlinden Ryhiner und Nicolas Ryhiner sind Besitzer eines Châteaus im Burgund, wo sie Wein anbauen. Da bleibt die Arbeit in Basel schon mal liegen.
Der Weg von Basel zum Zweitwohnsitz im Burgund ist für die Ryhiners bereits das Ziel. «Wir sind immer stark in unsere jeweils eigenen Projekte involviert gewesen», sagt Béatrice Zurlinden Ryhiner (59), eine Frau mit wachen Augen und gewinnend offener Art. Früher haben sie und ihr Mann sich oft nur am Esstisch für längere Gespräche getroffen. «Nun sitzen wir regelmässig während dreier Stunden nebeneinander im Auto. Manchmal reden wir viel, manchmal schweigen wir. Es ist eine gemeinsame Zeit, die uns niemand nehmen kann.»
Nachdem die Kinder aus dem Haus waren, wollten Béatrice Zurlinden Ryhiner und Nicolas Ryhiner noch einmal etwas Neues anpacken. Damals, 2002, hatten sie zudem etwas Geld zur Verfügung, das sie «sinnvoll» investieren wollten. «In eine Sache, zu der wir etwas beitragen konnten», sagt Nicolas Ryhiner (55), freischaffender Theater- und TV-Regisseur. Als grosse Fans des französischen Pinot noir und des weissen Burgunders beschlossen sie, ein Weingut im Burgund zu kaufen. Nach längerem Suchen – «entweder wurde nur der Weinberg oder nur das Haus angeboten» – wurden sie in Santenay-le-Haut fündig. Dort stiessen sie auf das zwischen sanften Hügeln gelegene, von alten Bäumen umgebene Château de la Crée. Das Anwesen war bewohnbar, aber komplett heruntergekommen. Ihre erste Investition galt nicht ihrem neuen Zuhause, Priorität hatte der Weinanbau: Anderthalb Hektaren gehörten zum Schloss. Sie kauften in Etappen Grund dazu und erweiterten ihre Ländereien auf neun Hektaren. Nicolas Ryhiner absolvierte an der Université du Vin in Suze-la-Rousse im Rhonetal ein Studium in Önologie und Weinbau und kelterte mit einer einheimischen Önologin und einem Winzer seinen ersten Wein. Der wurde prompt vom lokalen Verband in einer Blinddegustation ausgezeichnet. Er sei kein «Wahnsinnswinzer» relativiert er. «Ich hatte keinen Grossvater, der mir alles über Weinanbau erklärt hat. Ich habe einfach akribisch umgesetzt, was ich aus den Schulbüchern gelernt hatte.»
Da sich die Ryhiners nie als Schlossherren aufgespielt haben, wurden sie von den übrigen Winzern gut aufgenommen. Ausserdem seien die Behörden froh gewesen, dass sich endlich jemand um das baufällige Gebäude gekümmert habe. Schneller als vorgesehen mussten die neuen Besitzer dann auch renovieren: Das Heizsystem brach zusammen. Die Böden waren so morsch, dass ein Ingenieur beim Inspizieren einbrach. Die Leitung der Renovation und Restauration übernahm Béatrice Zurlinden Ryhiner, die gelernte Innenarchitektin, Bühnenbildnerin und Designerin ihres Möbellabels Bomba Zurra: Ihr Mann hätte sie sozusagen angestellt, sagt sie. Und lacht. Doch während des zweijährigen Umbaus gerieten die beiden häufig an ihre Grenzen: «Waren wir drei Tage im Burgund, waren die Arbeiter auch solange auf der Baustelle. Blieben wir spontan einen vierten, ohne dass sie es wussten, erschien kein Mensch mehr.»Im Schloss wurden aus vielen kleinen Zimmern wenige grosszügige Räume geschaffen. Dazu hat sich Béatrice Zurlinden Ryhiner ein Farbkonzept in gedecktem Blau, Rot und Grün ausgedacht. Das fi ndet sich auf den Etiketten ihres Weins wieder, von dem sie mittlerweile rund 50 000 Flaschen pro Jahr produzieren. Für die Ausstattung der Zimmer hat Béatrice Zurlinden Ryhiner Himmelbetten zimmern lassen, wie sie im mittelalterlichen Burgund einst in Hospizen standen. Manches hat sie aber auch selbst entworfen: wie zum Beispiel das schneckenförmigen Handwaschbecken aus Bronzeguss im Entrée.
Das Schloss wird inzwischen tageweise für Seminare oder an Privatpersonen vermietet. Oder die Hausherrin organisiert Kochkurse und Weindegustationen. Ein Hotelservice wird nicht angeboten – «das wäre zu aufwändig und nicht unser Ziel». Die beiden wollen aus dem Schloss einen Begegnungsort machen. «Und wer weiss», sagt Nicolas Ryhiner. «Vielleicht richten wir hier einmal eine Alters-WG mit Freunden ein.»
Offenheit und Gastfreundschaft liegen ihnen auch in ihrem Basler Stadthaus am Herzen, das sie seit gut zwanzig Jahren bewohnen. Auch hier haben sie nach dem Kauf die Küche zum Ess- und Wohnzimmer geöffnet – damit sich alle unterhalten können: «Derjenige, der am Herd steht, mit dem, der am Tisch sitzt oder auf dem Sofa einen Digestif trinkt.» Rund die Hälft e der Woche verbringen sie in Basel, die andere in Frankreich. Für Béatrice Zurlinden Ryhiner ist das zuweilen anstrengend. «Durch das Hin und Her stapeln sich die anderen Projekte in meinem Basler Atelier. Das kann unbefriedigend sein.»
Auf die gemeinsame Fahrt ins Burgund will sie dennoch nicht verzichten. Und weil das Leben an zwei Orten auch fast doppelt so viel Gesprächsstoff bietet, bereitet sie sich manchmal vor: Sie schreibt auf, was sie unterwegs mit ihrem Mann besprechen möchte.
Infos zu Wein und Schloss: www.la-cree.com
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Beistelltisch Speedy (r.) und Salontisch Bar Fly sind Eigenkreationen der Hausherrin
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