Zu Beginn des Fastenmonats, der auch der muslimische Shopping-Monat ist, wünscht sich annabelle-Redaktorin Barbara Loop Ramadan-Kollektionen, die statt Stereotypen Spielräume schaffen. Ob mit oder ohne Schleier.
Am 6. Juni beginnt der muslimische Fastenmonat – und mit ihm der Ramadan Rush: Muslime shoppen wie wir in der Adventszeit. Auch westliche Labels – im letzten Jahr etwa Mango, Zara, Tommy Hilfiger, Oscar de la Renta – füllen ihre Shops in islamischen Ländern mit Ramadan Collections. Die muslimische Kundschaft ist modebegeistert und zahlungskräftig: Rund 260 Milliarden Franken gab sie 2013 weltweit für Mode aus, die Zahl soll sich bis 2019 verdoppeln.
Dolce & Gabbana wollten nicht warten und lancierten bereits im Januar eine Kollektion mit Hidschabs und Abayas (langes Übergewand), die eine Kontroverse auslöste: Die einen, allen voran Pierre Bergé, französisches Mode-Urgestein und langjähriger Partner von Yves Saint Laurent, stossen sich am Schleier, den sie als Instrument der Unterdrückung sehen. Viele Musliminnen aber sind begeistert und fühlen sich direkt angesprochen. Nur, welche Muslimin wird bei Dolce & Gabbana repräsentiert? Eine in züchtigem Blumendruck und Spitze. Eine unter dicht geknotetem Kopftuch. Die Designer beschreiben ihre Kollektion als «Träumerei inmitten von Dünen unter dem Himmel des Mittleren Ostens». Solch ein stereotypes Bild kann nur von ihnen kommen. Mit ihren erzkatholischen Rollenbildern haben sie schon die westliche Frau in ein Klischee verwandelt. Jetzt also geht es mit demselben konservativen Konzept in Richtung Osten.
Wenn der Hidschab aber neben dem religiösen auch ein modisches Statement sein soll, dann soll man ihn auch nach modischen Kriterien beurteilen. Gute Mode bricht Stereotype auf, hinterfragt, ist ironisch, provozierend oder irritierend, und sie schafft Spielräume. Warum also keine eckigen, aufgetürmten oder durchsichtigen Hidschabs? Solche in Regenbogenfarben, aus Hoodies oder Hüten? Schliesslich passen nicht alle Musliminnen unter denselben Schleier.