Die Sommerferien sind vorbei? Zum Glück! Egal, wie sehr man sich gefreut und alles akribisch vorbereitet hat – manchmal geht dann doch alles schief. Wir haben die schönsten schlimmsten Ferienerlebnisse der annabelle-Redaktion zusammengetragen.
Redaktorin Reportagen Claudia Senn wollte am liebsten gar nicht mehr aus den Ferien zurückkommen. Das passierte dann auch fast
«In meiner wilden Jugend buchte ich öfter ein Open-End-Ticket: Ich flog an die Destination meiner Wahl – und irgendwann innerhalb von drei Monaten wieder zurück. Denn wer konnte damals im Vor-Internet-Zeitalter – einer beinah prähistorischen Ära – schon vor Antritt der Reise wissen, wie schön es am Zielort wirklich sein würde? Wenn sich andere mit zwei Wochen Ferien zufriedengaben, bitte schön. Ich hatte Zeit. Ich wollte die Welt sehen, und zwar in der ganzen bekifften Hippie-Gemütlichkeit meiner 21 Jahre.
Auf den griechischen Inseln gefiel es mir dann allerdings so gut, dass drei Monate nicht reichten. Also wollte ich mein Flugticket verlängern. Am allerletzten Gültigkeitstag begab ich mich ins Athener Büro der Yugoslav Airlines, wo man mir ganz unsentimental beschied, dass man mein Ticket mitnichten verlängern könne und dass vor dem Verfall noch genau ein Flug in die Heimat gehe, und der sei hoffnungslos ausgebucht. Schluck.
Meine Barschaft reichte vielleicht noch für eine Portion Moussaka, nicht aber für ein Notfalltelefon nachhause, geschweige denn ein neues Ticket. Lebensrettende Sachen wie Handy und Online-Überweisungen waren noch Jahrzehnte entfernt, und Kreditkarten benutzten damals bloss die koksenden Yuppies an der Wall Street. Die Airline-Mitarbeiterin riet mir, stand by mitzufliegen, was mir auch gelang – bis Belgrad, wo ich endgültig strandete. Ohne Ticket, ohne Geld. Die letzten Drachmen hatte ich beim Dutyfree in Athen noch in Schnaps investiert. Musste ich nun in Belgrad Teller waschen oder auf den Strich gehen, um jemals wieder Heimaterde zu sehen?
Auf der Anzeigetafel bemerkte ich, dass einige Stunden später ein Flug der Swissair nach Zürich gehen würde. Ich fragte mich zum Büro der Swissair durch und klagte dort einem finster dreinschauenden Balkan-Macho mein Leid. «My friend, I can not help you», sagte der bloss mit rollendem R. Woraufhin mir meine Lage so aussichtslos erschien, dass ich mir gar nicht erst Mühe geben musste, ein bisschen zu weinen. Es ging ganz von selbst.
Nun ging in dem Mann eine erstaunliche Wandlung vor. «Noooo», schnurrte er plötzlich ganz sanft, «no, no, no! Pliiiise! Don’t cry!» Und wenig später sass ich in einem brandneuen, schicken Airbus, der aus Mombasa kam und mich sicher in die Heimat brachte. Von der Swissair, Gott hab sie selig, habe ich niemals eine Rechnung erhalten. Und so ist mein schlimmstes Ferienerlebnis auch eine Geschichte aus den goldenen Zeiten der Luftfahrt, als das Herz für eine abgebrannte Reisende noch übers Portemonnaie triumphierte.»
Stephanie Hess, Redaktorin Reportagen, war auf dem Partyboot nicht mehr nach Feiern zumute
«Wir hüpften in einem schmalen Boot über die glatte Meeresoberfläche, gesteuert von einem jungen Thai. Er brachte unsere Vierergruppe in einer 20-minütigen Fahrt zu einer kleinen Partyinsel im thailändischen Golf. Es war grossartig, wir tanzten im Sand, der Wind fuhr sanft in unsere Kleider. Gegen drei Uhr wollten wir zurück. Als wir wieder zum Boot kamen, sahen wir, dass auch unser Bootsführer schön gefeiert hatte, er war sturzhagelvoll. Mangels Alternativen stiegen wir mit anderen Partygästen in sein Boot.
Er jagte auf das schwarze Wasser hinaus, das mittlerweile von grossen Wellen aufgeschäumt wurde. Nach ein paar Minuten sagte er uns, dass wir uns auf den Boden setzen sollten, da wir sonst kentern würden. Ich sass eingequetscht zwischen anderen Passagieren, einer packte meine Hand. Ich war überzeugt, dass wir untergehen würden, das Boot schlingerte und hüpfte in harten Schlägen über die Wellen, Wasser spritzte ins Boot.
Die Fahrt endete damit, dass der Bootsführer mit voller Kraft auf den Strand am Festland auffuhr. Wir stiegen aus, eine Frau erbrach sich. Während der verbleibenden Ferientage feierten wir dann nur noch auf dem Festland.»
Junior Online Editor Jessica Prinz hinterliess einen bleibenden Eindruck
Sommer 2013. Zum ersten Mal fuhr ich mit meinem damaligen Freund in den Kosovo, wo seine Wurzeln liegen und noch immer ein Teil seiner Familie lebt. Ich war nervös, weil ich zum ersten Mal seine Familie traf. Und auch er war angespannt, seine Familie hatte eine sehr traditionelle Einstellung gegenüber Beziehungen, und es war nicht selbstverständlich, dass er mich als Freundin mal eben so vorstellte. Diese Tatsache sollte am Ende aber eher ein kleines Problem darstellen.
Ich wurde herzlich empfangen, verbrachte den Nachmittag im Garten, trank mit den Männern ein bis zwei Bier. Bei Frauen wird das eher ungern gesehen – das wusste ich natürlich nicht. Ich fühlte mich eigentlich recht wohl. Es herrschte ausgelassene Stimmung, denn zwei Tage später fand die Hochzeit eines Cousins meines Freunds statt.
Schon am Abend merkte ich aber, dass mein Bauch stark rebellierte. Natürlich gab man gleich dem Bier die Schuld, ich war aber eher der Meinung, dass es am nachlassenden Stress lag oder daran, dass ich etwas Falsches gegessen hatte. In der Nacht kamen Fieber und Schüttelfrost dazu, ich musste mich mehrfach übergeben, und am nächsten Tag lag ich flach. Die Verwandten meines Freunds sagten immer wieder, ich solle ins Spital gehen, um mir eine Infusion legen zu lassen – im Kosovo das Zaubermittel gegen alle Krankheiten. Mir kam das etwas komisch vor, weil mir aber die Kraft fehlte, liess ich mich irgendwann am Nachmittag ins Spital bringen.
7 Euro bezahlten wir für die Infusion. Eigentlich wären es nur 5 gewesen; damit wir aber nicht zwei Stunden warten mussten, gaben wir dem Pfleger ein kleines Trinkgeld. All das weiss ich nur noch aus Erzählungen, zu dem Zeitpunkt war ich nämlich längst im Delirium. Das nächste, woran ich mich erinnere, ist, dass ich auf einer Liege in einem Krankenzimmer aufwache, die Wand rechts von mir voller Blutspritzer, links ein nackter Männerarsch, in dem eine Spritze steckte. Irgendwie verwirrte mich dieses Bild, es wurde auch nicht besser, als der Hintern wieder bedeckt wurde, das Zimmer verliess – und von einem neuen abgelöst wurde. Egal, wer das Zimmer betrat, egal, welche Symptome aufgezählt wurden: Jede und jeder erhielt von der Ärztin eine Spritze in den Allerwertesten. Die Situation kam mir so skurril vor, dass ich irgendwann nicht anders konnte, als zu lachen. Ein eindeutiges Zeichen für meinen Freund, dass es aufwärtsging mit mir …
Die Ärztin sagte übrigens, dass das oft passiere. Dass wir Schweizer, zarte Pflänzchen, die wir sind, das Klima einfach nicht vertragen. Diese Aussage kommt mir aber fast so verallgemeinernd vor wie die Behandlung in diesem Spital. Das Argument der Ärztin überzeugte aber auch die Familie meines Freundes davon, dass es nicht am Bier gelegen hatte. Und nach einiger Zeit waren wir sogar soweit, dass auch andere Frauen mit mir und den Männern Bier tranken. Ein Hoch auf die Emanzipation.
Gina Sergi, Beauty-Praktikantin, war beim Surfen eines Nachts gar nicht mehr sooo entspannt
«In einem Wohnwagen auf den griechischen Klippen über dem Meer, nichts und niemand weit und breit, ausser mein Freund und ich. Was total schön und romantisch klingt, war auch so – jedenfalls in sechs von sieben Nächten.
Vor ein paar Jahren arbeitete ich für zwei Monate mit meinem damaligen Freund in einer Surfschule in Griechenland. Wir wohnten in einem Wohnwagen auf dem Schulgelände, die restliche Crew schlief in einem Gasthaus, etwa 20 Minuten vom Strand entfernt. Die Surfschule befand sich an einem sehr windigen, aber einsamen Strand. Das Herzstück war unsere Chill-Area. Sie war mit Sitzsäcken und Hängematten ausgestattet, Indie-Musik tönte aus grossen Boxen, und der Kühlschrank war voll mit Bier und Softdrinks. Da entspannten sich die Surfer nach einer Session gern, plauderten mit den Mitarbeitern und genossen den gemütlichen griechischen Lifestyle.
Es herrschte also die berühmte Hang-loose-Stimmung, die man Surfern bekanntlich nachsagt. Bis wir eines nachts abrupt aus dem Schlaf gerissen wurden. Laute Rufe, unser Wohnwagen bewegte sich – und zwar, wie wir feststellen mussten, direkt auf die Klippen zu. Der stark alkoholisierte Landbesitzer, auf dessen Boden die Surfschule aufgebaut wurde, wollte uns offenbar über die Klippen schieben. Wir wussten nicht, wie uns geschah, als er drohte, uns und alle anderen der Surfschule zu töten. Wir seien alle Psychopathen, schrie er. Ich zitterte, denn weit und breit war keiner, der uns helfen konnte. Wir waren allein mit diesem gefährlichen Mann. Das ging die ganze Nacht so, bis in die Morgenstunden hielt der Mann uns auf dem Gelände fest. Als am Morgen dann endlich der Chef der Surfschule auftauchte, fingen die beiden lautstark an zu streiten. Soviel wir aus dem Geschrei verstehen konnten, ging es um Geld – was auch sonst. Am nächsten Morgen wurde vom Chef der Schule ein Anwalt per Telefon hinzugezogen. Das hat den Landbesitzer offenbar genug abgeschreckt, um sich komplett zurückzuziehen.
Abgesehen von einem Schock kamen wir also heil davon. Zum Glück wurden wir danach umquartiert und durften die restliche Zeit in einem griechischen Gasthaus mit den anderen Mitarbeitern verbringen. Vom Mann, der uns bedrohte, oder davon, wie der Streit ausging, hörten wir nichts mehr. Dieses Erlebnis hat mir die Lust am Campen aber nicht genommen – romantische Wohnwagen-Nächte am Strand sind immer noch mein Ding. Zudem habe ich nun eine unterhaltsame Geschichte auf Lager.»