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Rock’n’Roll mit dem gewissen exotischen Extra — der Einrichtungsstil von Ryan Korban

Stil

Rock’n’Roll mit dem gewissen exotischen Extra — der Einrichtungsstil von Ryan Korban

  • Text: Silvia BinggeliFotos: Melanie Acevedo

Ryan Korban ist der New Yorker Interior Designer der Stunde. Zu seinem Wohnstil gehören ein Zebra und das Wissen, dass grosse Klasse und kleiner Raum kein Widerspruch sind.

Eine Hängematte aus Fell hängt inmitten des sonst aufgeräumten kühlen Ladens. Ein wohnliches Ledersofa steht neben einer Produkteauslage aus edlem Marmor – ein eigenwilliger Mix aus Luxus und Schlichtheit: Wer die Boutique von Alexander Wang im New Yorker Soho-Viertel betritt, kann nicht nur die Kollektion des gehypten Modedesigners bestaunen und kaufen. Er lernt auch die Arbeit eines der derzeit begehrtesten Interior Designers der Stadt kennen: Ryan Korban.

Auf das ästhetische Gefühl des gerade mal 28-Jährigen setzen nicht nur Modefirmen, sondern auch Berühmtheiten wie Schauspieler James Franco, Model Natasha Poly und die Szenegirls Victoria und Vanessa Traina, Töchter der Bestsellerautorin Danielle Steel.

Ryan Korban gehört in der Szene zu den Grossen. Aber er setzt auf Kleines: Seine Leidenschaft gehört Hotelzimmern, und das hat seinen guten Grund. «Hier in New York sind die Leute besessen von der Grösse ihrer Wohnung», sagt Ryan Korban. «Dauernd fragen dich alle: Wie gross ist deine Wohnung?» Sie machen sich Sorgen, was Gäste über ihre zu kleine Wohnung denken könnten. «Dabei sagt die Grösse rein gar nichts über Geschmack aus. Stilvoll kann man auch auf kleinem Raum leben.» Auf Reisen nach Florenz, Mailand, London und Paris lässt sich Ryan Korban inspirieren. «Auf wenigen Quadratmetern muss in Hotelzimmern eine Stimmung geschaffen werden», erklärt er. Und darum gehe es doch letztlich beim Wohnen. «Um eine schöne Stimmung.»

Der 28-Jährige sitzt am Esstisch in seiner Wohnung in Soho. Er spricht mit nasaler Stimme und wirkt etwas mitgenommen. Ryan Korban ist erkältet, die vergangenen Tage ist er, wie so oft in letzter Zeit, die Stadt rauf- und runtergerannt, um all seine Aufträge zu erfüllen.

Der Mix aus Talent und dem bekannten Quäntchen Glück

Sein schneller «You can do it if you really want»-Erfolg fusst nicht nur auf Talent und dem unerschütterlichen Glauben an die eigene Einzigartigkeit. Wie immer in solchen Fällen fehlte auch das berühmte Quäntchen Glück nicht: Ryan Korban lernte Alexander Wang während der Ausbildung an der New School kennen. Die beiden teilten ihre ästhetischen Visionen: Mittlerweile revolutioniert Alexander Wang die Modewelt mit sportlichen Kleidern, die ebenso modisch relevant wie unkompliziert und bezahlbar sind. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten, die auch der Luxusbranche arg zusetzen, ist Einfachheit, Klarheit und Reduktion auf Qualität gefragt. Ryan Korban nennt den Stil, der auch seiner ist, «zeitgenössisch».

Ursprünglich wollte er Schauspieler werden und studierte an der New School zunächst Theater und Film. «Bis ich merkte, dass mich vor allem die Bühnenbilder interessieren.» Er wechselte ins Fach Europäische Geschichte und Kunst. An der Schule lernte er auch seine spätere Geschäftspartnerin Davinia Wang kennen, die übrigens nicht mit Alexander Wang verwandt ist.

Davinia Wang hatte Lust, einen Laden für Modeaccessoires zu eröffnen. Da sie mehr von Fashion-Marketing als von Ästhetik verstand, tat sie sich mit Ryan Korban zusammen. Noch während seiner Ausbildung entwarf er Moodboards, zeichnete Skizzen der späteren Boutique. Sie verschickten ein Portfolio an Marken, deren Taschen und Schuhe sie im Laden verkaufen wollten.
Und noch bevor das Geschäft eingerichtet war, bekamen sie Zusagen von grossen Marken wie Azzedine Alaïa, Givenchy und Valentino.

 

Ryan Korban – er trägt die Uniform der jungen Kreativen: enge schwarze Jeans, schwarzes T-Shirt, dazu lange dunkle Haare und einen Dreitagebart – erzählt die wichtigen Stationen in seinem Leben nur auf Nachfrage. Er macht sich, und man glaubt es dem freundlichen jungen Mann mit dem leicht verschlafenen Blick sogar, nicht allzu viele Gedanken über seinen schnellen Aufstieg. «Natürlich sollte man den Erfolg geniessen. Aber ich denke nicht die ganze Zeit: Wow, grossartig, was ich alles geschafft habe.» Dennoch, als damals in Tribeca das Accessoires-Geschäft Edon Manor von Davinia Wang und Ryan Korban eröffnet wurde und alle schwärmten, war ihm klar: «Ich kann das. Es ist nicht einfach nur eine verrückte Idee.»

Ryan Korban gehört zu den Menschen, die einen auch ein paar Tage später noch erkennen, wenn man sie zufällig in der Stadt trifft. Und er ist ehrlich: «Das sollte ich wohl nicht sagen. Aber ich bin eigentlich ein schlecht ausgebildeter Interior Designer, ich bin Autodidakt. Ich kann zum Beispiel nicht gut mit Zeichnungsprogrammen auf dem Computer umgehen. Aber ich habe Freunde, die Architektur studierten. Von ihnen habe ich viel gelernt.» Die Freunde bekamen nach der Ausbildung lukrative Jobs bei grossen Firmen. Aber: «Sie müssen sich dem Image dieser Marken unterordnen. Ich will lieber mein Ding machen. Und mit Häusern zusammenarbeiten, die ihr Image erst aufbauen.»

Der Selbstversuch

Sein nächstes Projekt als Interior Designer realisierte Ryan Korban in und mit seinen eigenen vier Wänden.

Vor ein paar Jahren lebte er in einem Studio in New York, in dem man bloss zweimal umfallen musste, um zum anderen Ende zu gelangen. Doch er wollte allen beweisen: «Auch hier kann es gemütlich sein.» Er tüftelte und bastelte so lange an der Einrichtung herum und veröffentlichte die einzelnen Schritte in einem Blog, bis wichtige Medien anfingen, sich für sein Projekt zu interessieren.

Die «New York Times» veröffentlichte eine Geschichte über ihn, das Interiormagazin «Domino», sogar die japanische «Vogue» berichteten. Wenn er davon erzählt, leuchtet in Ryan Korbans sonst ruhigem Gesicht sogar so etwas wie Stolz auf.

Heute lebt er in einem grösseren Apartment, auch das gehört zu seiner Dynamik: Glaubenssätze von gestern heute locker über die Schulter zu werfen. «Irgendwann hatte ich in dem Studio doch zu viele Sachen angesammelt.» Allerdings ist der Begriff «grösser» eindeutig relativ zu verstehen. Vom Esstisch aus überblickt man problemlos das ganze fünfzig Quadratmeter umfassende Reich: die offene Küche, in der Ryan Korban kaum kocht – im Kühlschrank liegen Zigaretten –, davor die Sofaecke, die Tür zum Schlafzimmer und das kleine Arbeitszimmer, das gleichzeitig Kleiderschrank ist.

Ryan Korbans Einrichtungsstil hat auf den ersten Blick etwas Schwerfälliges, Altbackenes, Grossbürgerliches. «Mir gefällt die Eleganz von Materialien wie Stein, Metall und Glas», erklärt er. «Ich habe mal gehört, dass rastlose Menschen mit einem Aufmerksamkeitsdefizit glitzernde Sachen mögen. Das macht Sinn.» Er schmunzelt. «Grundsätzlich finde ich es spannend, einen sogenannt alten Stil jungen Leuten zuzuordnen.»

 

Für Eleganz sorgen in seinem Apartment auch Farben: «Muster interessieren mich nicht sehr. Aber ich kann stundenlang nach dem richtigen Grau für einen Vorhang suchen.» Ein Takt Rock’n’Roll kommt in Form von Schwarz hinzu.

Und dann lebt Ryan Korban in jeder Ecke seinen Hang zu exotischen Elementen aus. «Das Zebra musste ich einfach haben.» Die ausgestopften Tiere, zum Beispiel auch den Pfau, hat er über einen Händler in Europa bezogen. «Er präpariert Tiere, die in Zoos auf natürliche Art gestorben sind.» Woher das Aal- und das Stachelrochenleder stammen, mit denen er seine Stühle beziehen liess («Ich lasse meine Polstermöbel fast alle drei Monate neu überziehen; es ist wirklich eine schlechte Angewohnheit von mir»), wisse er allerdings nicht so genau, gibt er ehrlich zu.

Nicht nur Hotelzimmer inspirieren Ryan Korban

Auf Einkaufstouren für seine Accessoires-Boutique Edon Manor studiert er in den Showrooms der grossen Marken nicht nur die Schuh- und Taschenkollektionen. Er merkt sich auch, wie dort Ambiente geschaffen wird. In seiner Wohnung fällt das Licht sanft von Lampen an der Decke und fliesst warm aus Stehleuchten, schnittfrische Blumen stecken in Vasen, und es riecht nach seinem momentanen Lieblingsduft: schwarze Orchidee des Schweizer Kerzenlabels Mizensir.

Das Platzproblem – «beim Einrichten für Kunden kaufe ich leider auch immer etwas für mich» – löst Ryan Korban mittlerweile mit einem Aufbewahrungsraum, den er ein paar Hundert Meter die Strasse runter gemietet hat. «Hab ich keine Lust mehr auf einen bestimmten Stuhl oder ein Tischchen, bring ich das Stück dorthin und nehme ein anderes mit nachhause.» Ebenso «verwaltet» er seine Garderobe, die in einem sehr kleinen Schrank und einer Kommode im Arbeitszimmer Platz finden muss. Hemden, T-Shirts und Hosen sind nach Farben geordnet. «Im Winter wandert die Sommergarderobe in die Aufbewahrung, und im Sommer räume ich die Wintergarderobe weg.»

Den «zeitgenössischen» Stil von Ryan Korban schätzen mittlerweile neben Alexander Wang auch Modefirmen wie Max Azria oder Diesel Black Gold. Obwohl er auch Privatkunden berät, zieht es Ryan Korban vor, für Firmen zu arbeiten. «Das Einrichten von Privatwohnungen ist ein endloser Prozess. Bist du fertig, kannst du gleich wieder von vorne anfangen, weil noch ein Reisesouvenir dazugekommen ist oder man sich in eine neue Farbe verliebt hat.»

Ryan Korbans Sinn für Ästhetik wurde schon in seinem Elternhaus gefördert. Er wuchs in Philadelphia als Sohn eines Coiffeurs mit libanesischen Wurzeln auf, der seinen Buben mit in seine Filialen nahm. Auch zuhause frönte man den schönen Dingen. «Am Sonntag wurde das wertvolle Porzellan hervorgeholt. An Weihnachten schmückten wir den Baum so üppig, dass er fast umfiel. Ich wusste damals noch nicht, worum es ging. Aber es gefiel mir.»

Und am Ende hat Ryan Korban bei seiner Berufswahl den Rat seines Vaters beherzigt: «Willst du glücklich werden im Leben, musst du etwas mit den Händen schaffen.»

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Sie lebt: Chihuahua-Hündin Penelope

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Frische Blumen bringen Farbe in das Ambiente aus Glas, Metall und Naturmaterialien

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Die ausgestopften Tiere stammen aus Zoos in Europa, so auch der prächtige Kronenkranich

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Königlich: Am Bett mit der Decke von Hermès wacht ein weisser Pfau aus der Werkstatt eines europäischen Tierpräparators

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Leckerli muss sein: Ryan Korban mit Penelope in der kaum benutzten schneeweissen Küche mit Spiegelwand

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Zebra zum Zweiten – diesmal flach in Ryan Korbans Arbeitszimmer (für die Vollansicht – mit Zebra – klicken Sie bitte auf das rechteckige Symbol)