Restaurant-Test: Julian Schütt isst im Restaurant Clouds in Zürich
- Text: Julian Schütt; Illustration: Bazooka Bob
Himmelfahrt mit Stör-Faktor ins Restaurant Clouds in Zürich.
Eine Zeit lang kamen sich die Mitglieder meines Kulinarik-Kränzchens unerhört urban vor, wenn sie von ihren Besuchen im «Clouds» berichteten, als sei es ihre neue Kantine. Bislang angenehm skeptische Zürcher waren plötzlich stolz auf ihre Stadt, wenn sie im 35. Stock des Prime Tower speisend auf sie hinabblicken konnten. Sie schwärmten von den neuen Dimensionen und der Weite, die Zürich von dort oben gewinne. Mir schien, die Aussicht entlarve eher, wie klein die Stadt doch ist.
Jedenfalls war ich stolz darauf, dass ich gutzürcherisch auf dem Boden blieb und mich dem trendigen «Clouds» verweigerte. Doch dann kam einer dieser Sonntage, an denen man alle Grundsätze aufgibt. Zunächst sah ich mir «Skyfall» an, obwohl ich mir geschworen hatte, ihn zu verpassen. Und dann gefiel mir der neue Bond auch noch, sodass danach in meiner 007-Stimmung nur das Beste gut genug war: das «Clouds».
Es war Nacht und neblig, also konnte ich keine neuen Dimensionen Zürichs entdecken. Der Speiseraum ist aber eindrucksvoll. Und ein gewisses Hochgefühl stellte sich auch beim Menü ein. Küchenchef David Martínez Salvany kocht gelassener als noch im «Greulich», will nicht mehr in jedem Gang die Extreme der Aromen und Konsistenzen ausloten.
Doch er bietet nach wie vor sehr eigenständige Kreationen mit schönen Akzenten: Besonders gefiel mir sein lackiertes Störfilet, gebettet auf Sellerie-Mandel-Püree, serviert mit Weisskohl sowie Blutorangenfilets an Ingwersauce. Das Dessert bestand aus einer feinen Kombination von Cassis, weisser Schokolade und Prosecco.
Bond wird vom Bösewicht gefragt, was sein Hobby sei. Seine Antwort: «Auferstehung.» Mein neues Hobby sind Himmelfahrten ins «Clouds», solange ich nicht dafür zahlen muss.
— Restaurant Clouds im Prime Tower, Maagplatz 5, 8005 Zürich, Tel. 044 404 30 00, www.clouds.ch