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Rejina Pyo: «Früher war die Mode vor allem viel zu ernsthaft»

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Rejina Pyo: «Früher war die Mode vor allem viel zu ernsthaft»

Rejina Pyo macht so ziemlich alles anders als der Rest der Modebranche – und wurde auch dank dieser Authentizität zum Shootingstar der Szene. Im Gespräch verrät sie, warum es in einer Rejina-Pyo-Boutique zwingend auch Essen geben müsste.

Man könnte Rejina Pyo als den Albtraum der Mode- Elite bezeichnen: Auf ihren Entwürfen gleicht kein Knopf dem anderen. Schlimmer noch: Das Sammelsurium an Knöpfen – es wurde zu ihrem Markenzeichen – erinnert an geflickte Vintage-Looks. Womit wir gleich beim nächsten Punkt wären: Während viele Luxuslabels den Wiederverkauf ihrer Stücke auf dem Secondhand- Markt als Konkurrenz fürchten, bezeichnet sie ihre Mode stolz als «Future Vintage». Was die versnobte Garde aber wirklich mit den Backenzähnen mahlen lassen müsste: Rejina Pyo gilt als ausgesprochen herzlich. Ehemalige Praktikantinnen, die Konkurrenz und die Presse, sie alle bezeichnen die Designerin als charmant, zugänglich, warm, «very lovely». Und zu guter Letzt noch dieser Schocker: Rejina Pyo isst gern. So gern, dass sie ein Kochbuch geschrieben hat, zusammen mit ihrem Mann, dem irischen Koch Jordan Bourke.

Shootingstar der Modewelt

Aber natürlich sind das nur Klischees und die Anna Wintours dieser Welt in Wahrheit ganz anders – und natürlich lieben auch sie Rejina Pyo und die Designs ihres gleichnamigen Labels. Mit dem «British Emerging Talent Womenswear»-Award, den sie 2019 vom «British Fashion Council» verliehen bekam, wurde offiziell bestätigt, woran es längst keinen Zweifel mehr gab: Die 37-jährige Londoner Designerin koreanischer Herkunft ist der Shootingstar der Modewelt. Die taillierten, puffärmeligen Midi-Dresses, welche die Kopiermaschinerie der Fastfashion-Brands füttern, gingen nach dem Launch des Labels 2014 bald viral. Im September 2017 ernannte das «New York Magazine» den Greta Dress zum populärsten Kleid der New Yorker Fashion Week. Influencer und Stylistinnen wie Leandra Medine, Pandora Sykes oder Kate Foley lieben die unverkennbare Silhouette dieses Kleides. Und Pyos Accessoires, insbesondere der Schmuck und die Taschen, sind nicht nur bei Celebrities wie Meghan Markle heiss begehrt. Über hundert Geschäfte führen den jungen Brand in ihrem Sortiment. Und das Beste daran: Die Sachen sind zwar nicht billig, aber doch nur halb so teuer wie die Entwürfe vieler Luxuslabels.

Sie entwirft Mode, die Frauen mit unterschiedlichsten Körperformen tragen können

Moderne Linien geben ihren Designs eine grafische Strenge, die von den verspielt und auch etwas altmodisch anmutenden Details wie den Knöpfen gebrochen wird. Ihre Outfits wirken zart und doch selbstbewusst. Und sie haben dieses gewisse Etwas, das sie auf subtile Weise fashionable macht. Schwanger mit ihrem Sohn Luka habe sich ihr Körper drastisch verändert. Ihr sei klar geworden, dass sie diese Erfahrung in den Designprozess einfliessen lassen wolle, erklärt die Designerin in Interviews gern. Rejina Pyo entwirft Mode, die für Frauen mit den unterschiedlichsten Körperformen tragbar ist und in der man am Ende eines Arbeitstages auch noch die Kids aus der Kita abholen kann.

Ihre neueste Kollektion ist – nicht nur wegen des einen oder anderen Muschel-Prints – wie die Garderobe für einen stilvollen Trip in die Karibik, in jenen glanzvollen Tagen vor dem Massentourismus, versteht sich: Unkomplizierte Kleider in warmem Orange, Gelb oder Himmelblau. Knielange Shorts zu weiten, nachlässig geknöpften Hemden, welche die Balance zwischen Form und Unförmigkeit perfekt halten. Da sind eckige Zehensandalen und leicht fallende Anzüge. Und da sind die Signature-Pieces, die Deuxpièces mit tiefen rechteckigen Décolletés, die hochsitzenden Gürtel – und die Greta Dresses.

 

annabelle: Rejina Pyo, Sie haben auf eine Runway-Show während der Fashion Week im September verzichtet und die Bilder Ihrer neuen Kollektion erst vor wenigen Tagen veröffentlicht. Warum?

Rejina Pyo: Wir sind noch immer ein kleiner Brand. Es wäre unsinnig gewesen, das viele Geld in eine Show zu investieren, bei der kaum einer anwesend sein konnte. Die Pandemie war für uns die Gelegenheit, aus dem Rhythmus des Modezirkus auszusteigen.

Woher kommt dieser Wunsch?

Funktion und Zweck einer Modeschau haben sich schon vor der Pandemie verändert. Früher bereiteten sich die Einkäufer und Journalisten an der Show auf die nächste Saison vor. Sie brauchten den Informationsvorsprung, um Editorials zu fotografieren und Bestellungen zu platzieren. Heute gelangen die Bilder via Social Media und Internet unmittelbar nach der Show in die Öffentlichkeit. Uns kontaktieren immer wieder Kundinnen und fragen, wo sie diese neuen Designs kaufen können. Wir müssen ihnen dann beibringen, dass sie sich noch ein paar Monate gedulden müssen, bis die Kollektion in den Verkauf kommt. Und genau diese Zeit nutzen die Fastfashion-Brands, um ihre Kopien zu verkaufen. Eine Freundin hat mir kürzlich erzählt, sie habe diese tollen Schuhe gekauft, von denen sie nicht gewusst habe, warum sie ihr so gefallen, bis sie realisierte, dass sie sie schon bei uns gesehen hatte.

Bedroht das Internet also Ihr Geschäftsmodell?

Nein, dank Social Media konnten wir eine nähere Beziehung zu unseren Kundinnen aufbauen. Sie kommentieren unsere Produkte auf Instagram, senden uns Nachrichten. Früher waren wir auf die Auskunft der Retailer angewiesen, die sich wiederum erst bei den Verkäuferinnen erkundigen mussten. Ausserdem gibt uns unser Onlineshop die Möglichkeit, auch diejenigen Designs zu verkaufen, an welche die Händler nicht geglaubt haben.

Trotzdem kommen Sie Ihrer Kundschaft nie näher als mit einem eigenen Geschäft. Haben Sie je daran gedacht, einen Rejina-Pyo-Store zu eröffnen?

Ich habe diese Idee immer im Hinterkopf. Ich interessiere mich sehr für Interiordesign. Der Pop-up-Store, den wir vor drei Jahren im Londoner Covent Garden eröffnet haben, sah aus wie eine Wohnung. Mit Blumen, Keramik, Büchern, einer Lounge-Ecke. Ich mag keine unterkühlten Geschäfte, wo das Personal einen anstarrt und man Angst hat, etwas zu berühren. Bei uns konnte man sich inspirieren lassen, auch wenn man nichts kaufte. So etwas möchte ich wieder machen. Mein Mann ist Koch, also müsste Essen eine Rolle spielen. So stelle ich mir eine Boutique vor. Und so sollte Mode sein: Sie sollte etwas mit dem Leben der Menschen zu tun haben.

Ihr Interesse für Interiordesign macht Sinn. Ihre Mode wird oft als architektonisch beschrieben.

Vor Kurzem habe ich unser Haus renoviert. Wie sehr ich es liebe, meine alltägliche Umgebung zu gestalten! Die Farben, die Möbel … Wenn ich nicht Modedesignerin geworden wäre, wäre ich heute Architektin oder Interiordesignerin. Als junge Frau war die Architektur einfach zu furchterregend. In Mathe war ich nämlich wirklich kein Ass.

Warum sind Sie Modedesignerin geworden?

Ich interessiere mich für Mode, weil sie etwas ist, mit dem sich die Menschen jeden Tag beschäftigen. Egal, ob man Mode mag oder nicht, alle müssen sich anziehen. Es geht darum, wie man sich fühlt und wie man wahrgenommen werden möchte. Mode ist ein Aspekt des alltäglichen Lebens.

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«Ich interessiere mich für Mode, weil sie ein Aspekt des Alltags ist»

Rejina Pyo ist in Seoul aufgewachsen, in einem Haus voll dunkler, antiker Holzmöbel und unzähliger kleiner Design- und Kunstobjekte. Das Interesse für Möbel und Mode teilt sie mit ihrer Mutter, die in der Mode-Industrie gearbeitet hat, bevor sie sich der Innenarchitektur und der Kunst zuwandte. Rejina Pyo studierte Kunst, arbeitete für einen grossen südkoreanischen Modehändler – und entschied sich Anfang zwanzig, diese Karriere aufzugeben und Europa zu bereisen. Ein Schritt, wie er im Konzept eines südkoreanischen Lebens nicht vorgesehen ist, wie sie in einem Interview erzählt. «In Korea erwartet man, dass du deinen Weg zielstrebig verfolgst und dein Bestes gibst. Je grösser der Job und die Firma, desto besser.» Sie aber wusste, dass sie die Welt der grossen Unternehmen mit ihren starren Strukturen nicht glücklich machen würde. In London schrieb sich Pyo am legendären Central Saint Martins College of Art and Design ein. Ihre Tutoren fürchteten, dass sie zu wenig hart sei für das Modebusiness. «Vielleicht schaffe ich es, gerade weil ich weich bin. Nur wenn du steif bist, kannst du zerbrechen», soll sie geantwortet haben.

Während der Pandemie haben sich viele in der Branche öffentlich Gedanken über die Zukunft der Mode gemacht. Man war sich einig: Überleben wird nur, wer seinen Kundinnen wieder auf Augenhöhe begegnet. Die Authentizität, die sich grosse Modehäuser wieder aneignen wollen, hat Ihr Label von Anfang an ausgestrahlt. Wie geht das?

Ich bin zu involviert, um meine Arbeit aus der Distanz betrachten zu können. Aber viele Leute sagen mir, dass sich meine Designs und die Art, wie wir mit den Kundinnen in Kontakt treten, echt und wahrhaftig anfühlen. Vielleicht liegt es daran, dass ich ehrlich mit mir selber bin, wenn ich entwerfe. Ich verkaufe nichts, von dem ich nicht überzeugt bin. Meine Entwürfe wirken authentisch, weil sie nicht einem Businessplan entspringen, sondern mit meinem Leben zu tun haben und mit der Art, wie ich Schönheit sehe.

Warum ist Ihnen gelungen, was anderen nicht gelingt?

Die meisten Brands beginnen mit einem Investor im Rücken. Ich hatte keine Geldgeber. Ich hatte nur meine Leidenschaft. Damals gab es die Luxusmarken. Um einen Mantel von diesen Marken zu kaufen, musste man richtig viel Geld investieren. Und dann gab es die Highstreet- Labels, bei denen man einen Mantel sehr viel günstiger bekam, dafür aber jeden Winter einen neuen kaufen musste. Ich wäre gern bereit gewesen, für gute Qualität etwas mehr zu bezahlen. Aber nicht so viel, dass ich mich danach aus Angst, den Mantel zu ruinieren, kaum trauen würde, ihn überhaupt zu tragen. Also positionierte ich meine Marke zwischen den Billig- und den Highend-Labels. Für die Einkäuferinnen war das befremdend. «Ich mag Ihre Kollektion, aber wo soll ich sie unterbringen?», sagten sie, «auf der Etage mit den gewöhnlichen T-Shirts oder bei den Luxusmarken?» Ich bin froh, dass ich mich nicht beirren liess.

Haben Sie je davon geträumt, für einen anderen Brand zu entwerfen?

Als ich jung war, liebte ich die grossen Modenhäuser, Yves Saint Laurent etwa, Coco Chanel war meine Inspiration. Die Macht von Namen wie Prada finde ich faszinierend, sie transportieren so viel Stil und Begehren. Diese Marken haben eine reiche Geschichte und so viele Ressourcen. Sie können sich alle Stoffe leisten, in die aufwendigsten Produktionstechniken investieren und werden überall bevorzugt behandelt. Ich würde gern wissen, wie es ist, wenn man in der Fabrik nicht die Letzte in der Reihe ist. Vielleicht bewerbe ich mich eines Tages bei einem dieser Häuser. Wenn ich siebzig bin. (lacht)

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«Meine Designs sind weich und warm von aussen, aber da ist Kraft im Innern»

Ihre Entwürfe sind stark, aber auch fragil und verletzlich. Sie verwenden oft weiche Materialien, die natürlich anmuten. In Ihrer neusten Kollektion gibt es diese Blusen mit einem extra Paar Ärmel um die Taille geknotet, als würden sie die Umarmungen symbolisieren, die wir derzeit so vermissen. Erzählen Ihre Entwürfe selber von der Authentizität, die Ihrem Label gern zugeschrieben wird?

Für mich bedeutet moderne Weiblichkeit nicht, dass Frauen sich die Köpfe rasieren, Muskeln zulegen und sich wie Männer kleiden müssen. Wir sind mit unterschiedlichen Charakteristiken geboren, also sollten wir uns diese Unterschied auch zu eigen machen. Meine Designs sind weich und warm von aussen, aber da ist Kraft im Innern. Alle Frauen, die mich inspirieren, sind stark im Innern, aber sie zeigen das nicht zwingend gegen aussen. Sie versuchen nicht, hart zu sein.

Liegt in der Verletzlichkeit eine Stärke?

Ja. Es ist so viel stärker, die eigene Verletzlichkeit zu kennen und zu würdigen, als vorzugeben, dass man nicht verletzlich sei.

Vielleicht ist diese Einstellung gerade im Moment besonders hilfreich. Im vergangenen Jahr haben wir uns schmerzhaft eingestehen müssen, wie verletzlich unsere Gesellschaft ist.

Ja, in der Pandemie haben wir alle realisiert, wie klein wir doch sind. Es gibt Dinge, die wir ändern und bewegen können, andere Veränderungen stehen nicht in unserer Macht. Vielleicht haben wir zu viele Dinge für selbstverständlich erachtet. Vielleicht ist es Zeit, diese Einstellung zu ändern.

Wie haben Sie die Zeit der Pandemie erlebt?

Auch wenn ich im Sommer für drei Monate in Korea war, bin ich weniger gereist und habe weniger Events besucht als sonst. Am Anfang waren die Einschränkungen hart, am Ende gaben sie mir ein Gefühl der Freiheit. Zeit zum Lesen zu haben, zum Nachdenken. Mir annabelle 2/21 83 ist bewusst geworden, was wichtig ist im Leben. Wie wertvoll Familie und die Menschen in meinem Umfeld sind. So ist es vielen Menschen ergangen. Ich hoffe, von diesem Bewusstsein bleibt nach der Pandemie etwas zurück.

Haben Sie die Bedeutung der Mode infrage gestellt?

Oh ja, natürlich! Da waren all die Menschen, die rund um die Uhr Leben retteten. Und ich entwerfe Mode! In diesem Moment fühlte sich das absolut bedeutungslos an. Aber dann kam mir der Gedanke, dass der Mensch nicht allein von Wasser und Nahrung leben kann. Die Schönheit des Lebens zu sehen und die Kultur wertzuschätzen, diese Dinge sind auch lebenswichtig. Und dann wurde mir auch klar, dass es noch so viele Dinge gibt, die es zu verbessern gilt. Etwa die Nachhaltigkeit der Mode. Wir haben nie exotische Leder verwendet. Aber auch wir verarbeiten Materialien, die der Umwelt schaden. Braucht man diese Dinge also wirklich?

Wie wird diese Erfahrung die Art verändern, wie Sie Mode machen?

Ich habe schon früher über den Einfluss der Mode auf die Umwelt nachgedacht. Eine Freundin von mir ist Expertin für Nachhaltigkeit, sie hat mich viel gelehrt. Auch, dass es keine Lösung sein kann, der Mode einfach den Rücken zu kehren, weil sie der Umwelt Schaden zufügt. Nur im Innern der Industrie kann man wirklich etwas verändern. Für mich ist es eine Chance, dass wir keine Investoren oder Businesspartner haben, die uns unter Druck setzen. Wenn wir unsere Plastiksäcke gegen kompostierbare Säcke austauschen, beklagt sich niemand über die zusätzlichen Kosten. Wir können diese Entscheidungen unabhängig treffen. Ich schätze diese Freiheit mehr als den Profit.

«Viele Labels missbrauchen das Umweltproblem als Marketingtool»

Und trotzdem sind Sie zurückhaltend, wenn es darum geht, Ihre Bemühungen in Sachen Nachhaltigkeit zu kommunizieren. Das ist untypisch für unsere Zeit.

Viele Labels missbrauchen das Umweltproblem als Marketingtool. Ein Beispiel: Veganes Leder klingt gut. Aber veganes Leder ist aus Plastik und Plastik besteht aus Erdöl. Wir sind immer auf der Suche nach alternativen, umweltverträglicheren Materialien. Wir warten gespannt, bis das Bio-Leder, das derzeit entwickelt wird, auch für kommerzielle Zwecke erworben werden kann. Bis dahin verwenden wir natürliches Leder, weil uns an der Langlebigkeit des Produktes gelegen ist. Schuhe aus den 1950er-Jahren können Sie heute noch tragen, das Paar aus veganem Leder müssen Sie schon bald wegwerfen. Ausserdem preisen wir unsere Bemühungen auch darum nicht zu laut an, weil wir den Leuten nicht das Gefühl vermitteln wollen, dass sie mehr kaufen können, bloss weil die einzelnen Produkte weniger umweltschädigend sind. Wir wollen, dass unsere Kundinnen die Dinge kaufen, die sie brauchen. Wir wollen nicht überproduzieren, sondern langsam wachsen.

Eine andere Art, wie Modelabels Werte vermitteln und den Community-Gedanken stärken, ist die Politik. Viele Marken beziehen Stellung in aktuellen Debatten oder reichern ihre Entwürfe gar mit politischen Slogans an. Wie politisch soll Mode in Ihren Augen sein?

Alles ist politisch. Als Brand unterstützen wir Anliegen wie «Black Lives Matter». Wenn wir gefragt werden, tun wir unsere Meinung gern kund. Aber nicht in dem Mass, dass wir täglich über Politik sprechen. Unser Instagram-Account soll keine politische Plattform sein, das ist Sache der Organisationen und Aktivistinnen. Wir sollten uns auf das fokussieren, was wir tun: schöne, langlebige Dinge erschaffen.

Aus Ihrer Arbeit, etwa den Designs und der Diversität Ihrer Models, spricht durchaus ein politischer Standpunkt. Direkt politisch geäussert haben Sie sich aber tatsächlich nie. Mit einer Ausnahme: Im Februar vor einem Jahr, bei der Präsentation der Winterkollektion 2020. Es war eine ungewöhnlich raue Show, die sie damit erklärt haben, dass wir in harten Zeiten leben: Trump, Brexit, Corona. Und Sie sagten auch, dass Sie sich stärker fühlen, weil sie Mutter geworden sind.

Diese Jahre mit Trump, die Debatten um den Brexit, sie fühlten sich an wie das Erwachen aus einem schönen Traum. Es gab so viel Gewalt. In diesem Umfeld Mutter zu werden, änderte viel für mich. Bevor mein Sohn zur Welt kam, habe ich oft über mich und meine Arbeit nachgedacht. Aber mein Sohn repräsentiert die nächste Generation. Es geht um die Welt, in der er leben wird. Ihn muss ich beschützen, für ihn muss ich stark und mutig sein. Angst zu haben ist keine Option.

Sie sind offen im Gespräch, lassen die Menschen via Instagram an Ihrem Familienleben teilhaben. Fühlen Sie sich wohl in der Öffentlichkeit?

Oh Gott, ich wünschte, ich wäre nicht schüchtern! Ich liebe meinen Job auch darum, weil ich die meiste Zeit allein in meinem Studio verbringen kann. Mir ist aber bewusst, dass die Menschen wissen wollen, wer hinter einem Brand steckt, welche Visionen und Ansichten hinter dem Produkt stehen. Das ist wichtiger geworden. Also trete ich ins Rampenlicht, wenn ich muss.

Ist die Mode näher zu den Menschen gerückt?

Früher war die Mode vor allem viel zu ernsthaft. Ich nehme mich selbst nicht allzu ernst.

In Ihrem Sortiment gibt es Ohrringe, die an die Scheren von Krabben erinnern, oder Taschen, die Toast und Banana Bag heissen und genau so aussehen. Wie wichtig ist Ihnen Humor?

Unser Brand ist elegant, aber auch verspielt und fröhlich. Diese Accessoires sollen Spass machen. Natürlich müssen sie auch funktional sein, vor allem sind sie Ausdruck unserer Persönlichkeit. Ich liebe es, wenn Accessoires, ganz besonders Taschen, neben einem sitzen und man sie anschaut, lächelt man und fühlt sich auf diese nette Art mit ihnen verbunden.

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