«Qualität und Reduktion sind das neue Schwarz»
- Interview: Kerstin Hasse, Foto: Imaxtree
Die Fashion Weeks sind vorbei. Wir wollen von unserer Modechefin Nathalie De Geyter wissen, wie ihr Alltag an den Fashion Weeks aussieht und vor allem, auf welche Trends wir nächsten Sommer setzen dürfen.
Nathalie, du kommst gerade von den Fashion Weeks. Wie erlebst du diese Modewochen jeweils?
Nathalie De Geyter: Der Fashion Monat ist für uns Moderedaktoren definitiv die intensivste Zeit im Jahr. Aber auch die inspirierendste. Mode reflektiert den Zeitgeist. Jetzt wird gezeigt, was uns prägen wird und wie wir uns bald kleiden werden.
Wie sieht ein Tag der annabelle-Modechefin an der Fashion Week aus?
Jeder Tag beginnt mit einem dicken Couvert, das wir von unserem Korrespondenten bekommen. Dort drin befinden sich alle Einladungen für den Tag, beim Frühstück besprechen wir alle Termine. Dann geht es meistens schon früh los, zur ersten Show. Unglaublich, wie gestylt alle schon am frühen Morgen sind, da wundere ich mich immer wieder. An den Shows braucht man viel Geduld, nie fangen sie rechtzeitig an, nur Anna Wintour ist immer pünktlich. Dafür hat man Zeit, sich mit den PR-Leuten und den Redaktoren anderer Magazine zu unterhalten. Im Stundentakt geht es dann von einem Termin zum nächsten. Abends lese ich Show Reviews und versuche, das Gesehene einzuordnen. Oder ich trinke einen bis fünf Absacker mit meiner Chefin.
Was war dein persönliches Highlight in diesen Wochen?
Die intensive Zeit mit unserem Team. Fashion Weeks schweissen zusammen! Manchmal sind wir so müde, dass wir nur noch lachen können.
Über was wunderst du dich jeweils?
Wir bekommen immer noch Berge an Einladungen aus Papier und Plexiglas zugeschickt. Die meisten Leute fahren mit Privatchauffeur von Show zu Show und fliegen aus der ganzen Welt ein. Nicht gerade nachhaltig … Das geht 2019 doch moderner!
Irgendwelche Celebrities erspäht?
Nicole Kidman, mit zu vielen Fillern im Gesicht, und Asap Rocky bei Prada, Rita Ora im sexy Glitzerkleid bei Miu Miu, die schöne Alicia Vikander, Justin Timberlake, Jessica Biel – übrigens sehr verliebt wirkend – bei Louis Vuitton. Und die Grande Dame Catherine Deneuve. Natürlich auch Mode-Royals wie Anna Wintour oder Suzy Menkes, die es, glaube ich, aufgegeben hat, ihre Haare zu waschen.
Welche Stadt hat dich dieses Jahr am meisten inspiriert?
Die Krönung kommt immer zum Schluss: Paris!
Welche Show hat dich am meisten beeindruckt?
Prada. Miuccia schafft es irgendwie immer, den Zeitgeist exakt einzufangen. Ausserdem ist man von ihren Shows noch immer berührt, was die wenigsten schaffen.
Was sind die Trends, die sich manifestiert haben?
Was wir schon letzte Saison gespürt haben, hat sich jetzt manifestiert: Streetwear und Athleisure sind vorbei, Mode wird wieder wertig. Die Designer orientieren sich an der DNA ihrer Modehäuser. Sogar Alessandro Michele bei Gucci hat sich mal aufs Wesentliche fokussiert. Qualität und Reduktion sind das neue Schwarz.
Gibt es Pieces, auf die wir in der nächsten Saison garantiert setzen können?
Es gibt vor allem Materialien, auf die wir setzen sollten. Naturfasern wie Leinen sind wieder ganz gross im Kommen. Und Leder. Materialien, die mit jedem Tragen schöner werden und nie aus der Mode kommen.
Bottega Veneta wird gerade total gehypt. Wird es auch nächste Saison das Label sein, das alle tragen wollen?
Daniel Lee, der Chefdesigner bei Bottega Veneta, hat definitiv ein Händchen für Musthave-Accessoires. Da sind auf jeden Fall ein paar sehr schöne Schuhe und Taschen dabei, die alle am liebsten jetzt schon hätten.
Welche Designerinnen und Designer gaben sonst noch zu reden?
Leider wird noch immer mehr über die Happenings an den Fashion Weeks gesprochen als über Mode. Bei Versace lief Jennifer Lopez in einem Kleid, dass sie schon 2000 bei den Grammys trug und Google dazu inspirierte, die Bildersuche zu launchen. Bei Chanel stürmte eine französische Komikerin den Runway und wurde heldenhaft von Gigi Hadid vom Laufsteg geleitet. Klar, das verschafft den Brands digitale Aufmerksamkeit. Aber die Mode wird dabei leider zum Nebenschauplatz, und das finde ich schade.
Okay. Jetzt geht es ans Eingemachte. Zwei Optionen, du musst dich entscheiden, was nächsten Sommer zählt. Flats oder Heels?
Diktate sind so daneben! Deswegen: beides.
Mini-Bag oder Statement-Tasche?
Die Inflation der Mini-Bags nimmt kein Ende, was sie leider langweilig macht. Ich finde: the bigger the better!
Minimalistisch oder extravagant?
Die kommende Saison wird wertig und chic. Egal ob in minimalistischer oder extravaganter Ausführung. Wir dürfen ruhig beides sein.
Rachel Green oder early Gywneth Paltrow.
Early Gwyneth Paltrow.
Bella oder Gigi?
Kaia!