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Postkarte vom Rheinfall: So stark wie 1000 Autos?

Stil

Postkarte vom Rheinfall: So stark wie 1000 Autos?

  • Redaktion: Frank Heer; Text: Julia Hofer; Fotos: Fabian Unternährer

Der imposante Rheinfall macht nicht nur Kindern grosse Augen.

Wir nähern uns dem Rheinfall von Schloss Laufen her. Die Souvenirbude versteckt sich in einem avantgardistischen rostigen Kubus. Es ist ein frisch-sonniger Herbsttag. Vorsichtshalber haben wir die Regenjacken dabei – nicht wegen drohenden Regens, nein, wegen der Gischt! Immerhin stürzen sich an die 400 Kubikmeter Wasser pro Sekunde den Rheinfall hinunter. Die Tickets für die Besichtigung und eine kurze Schifffahrt direkt vor den Wasserfall kosten für zwei Erwachsene und zwei Kinder 38.50 Franken.

Wir trampeln zwischen anderen Touristen – Familien vom Land, eine indische Reisegruppe, ein älterer Schweizer, der seiner thailändischen Frau eine Einführung in ihre neue Heimat gibt – dem Erlebnis zu, da meldet sich unsere Tochter, vier Jahre alt, zu Wort: «Ich muss Gaggi machen!» Ja, klar, kein Familienausflug ohne Verzögerungen, also erst einmal den ganzen Weg zurück zur Souvenirbude, anstehen in der WC-Schlange. Eine gefühlte Ewigkeit später dann doch noch der erste Blick auf den Rheinfall, der sich wie ein breiter Teppich (150 Meter!) vor uns entrollt. «Ich habe ihn mir viel schmaler vorgestellt», kommentiert unser Sohn, sieben Jahre alt. Dieser Wasserfall hat wenig gemeinsam mit den schmalen Rinnsalen, die sich in der Innerschweiz die Berge hinabstürzen und die die Kinder jeweils zählen, wenn wir ins Tessin fahren.

Mitten im Wasserfall

Per Schiff nähern wir uns jetzt den Gischtwolken. «Soooo viel Schaum», jauchzt die Kleine und springt vor Begeisterung beinahe über Bord. «Will der mich eigentlich heiraten?», beklagt sich mein Mann über ein Mitglied der indischen Reisegruppe, «der Typ sitzt praktisch auf meinem Schoss.» Das Boot setzt uns am mittleren Felsen ab, mitten im Wasserfall sozusagen, wir besteigen die Aussichtsplattform über eine schmale und steile Wendeltreppe, auf der das Gedränge indische Verhältnisse fast noch übersteigt. Die Aussicht auf die Wassermassen ist tatsächlich atemberaubend, man blickt auf eine riesige tosende Rolltreppe aus Wasser hinunter.

Auf dem Nachhauseweg versucht unser Sohn das Erlebnis zu rationalisieren: «Wow, das waren bestimmt eine Million Tonnen Wasser, oder?» «Mhm …» «Gell, der Rheinfall ist der grösste Wasserfall in Europa?» «Ja, ich glaube schon …» «Gell, es gibt in Europa nichts, was stärker ist als der Rheinfall?» «Stärker …?» «Gell, der Rheinfall ist locker doppelt so stark wie die Moby-Fähre, die nach Korsika fährt?» «Also, du meinst …» «Gell, der Rheinfall ist bestimmt 50-mal so stark wie ein Auto?» «Viel stärker!» «Wie 500 Autos? Das ist ja komisch: Der Rheinfall ist nur eins. Und 500-mal stärker.» «…» «Ich habe es jetzt ausgerechnet: Der Rheinfall ist so stark wie zwei Moby-Fähren. Wenn eine Moby-Fähre so stark wie 500 Autos ist, dann ist der Rheinfall so stark wie 1000 Autos.» «…» «Das war jetzt eine total einfache Rechnung.» Tja, man lernt eben nie aus als Eltern.

Aktiv rumhängen

Auf der Schaffhauser Seite des Rheinfalls befindet sich der grösste Seilpark der Schweiz. Genügend Zeit einplanen, der Eintritt (je nach Alter zwischen 16 und 40 Franken) berechtigt zu drei Stunden Turnerei in Baumwipfeln. Für Erwachsene ebenso geeignet wie für Kinder ab etwa vier Jahren, da die Schwierigkeitsstufe selber gewählt werden kann. Der Park ist bis Ende Oktober geöffnet.

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