Fashion
Paris Fashion Week 2024: 5 Dinge, die uns aufgefallen sind
- Text: Barbara Loop, Mariella Ingrassia
- Bild: Launchmetrics Spotlight
Eine neue Trendfarbe, ein neuer Trendsetter – und Alessandro Michele für Valentino: Die Entdeckungen von Chefredaktorin Barbara Loop und Fashion Editor Mariella Ingrassia an der Paris Fashion Week.
1. Matcha Green
Matcha-Smoothie, Matcha-Serum, Matcha-Parfum: Matcha immer und überall – und schon lange nicht mehr nur im Pappbecher. Kaum verwunderlich also, dass es den Energie-Boost jetzt auch für den Kleiderschrank gibt.
Als «Matcha Green» wurde uns die Farbe eines Kleides auf dem Laufsteg bei Simone Rocha vorgestellt und ab dann konnten wir sie nicht mehr übersehen: Sie ist uns an einem Kopf-bis-Fuss-Look bei Issey Miyake aufgefallen, bei einer Tasche von Erdem, bei den Sandalen im Showroom von Aeyde. Das leuchtende Grün des edlen japanischen Grüntees hat Potenzial, die Trendfarbe der kommenden Saison zu werden.
2. Der Verwandlungskünstler
Man kennt Daniel Craig im Smoking mit Fliege, akkurat frisiert und rasiert, am Handgelenk eine teure Uhr. Doch seit der James-Bond-Darsteller von David Sims für die Kampagne von Loewe fotografiert wurde, ist alles anders: Der einst so aalglatte Engländer steckt tief drin im Fashion Game.
Zur Loewe-Show erschien er in Ballonhose, farbigem Strickpulli und Lederjacke plus gelb getönter Sonnenbrille. James Bond goes artsy – und das nicht zu knapp. Die Bond-Bösewichte würden sich ins Fäustchen lachen, der Rest der Welt feiert die transformative Kraft der Mode – und den offenen Geist von Daniel Craig. Dass dieser Celebrity Coup ausgerechnet Andersons Loewe gelang, ist kein Wunder. Denn die neuste Loewe-Kollektion war einmal mehr das, was Mode einst versprach zu sein: überraschend.
3. Das Label Hodakova
Upcycling-Unikate funktionieren oft vor allem auf dem Laufsteg: Es sind auffällige Einzelstücke, die sich gut auf Bildern und in Videos machen; Showpieces, die dann gar nicht für die Kundin produziert werden – oder unbezahlbar sind.
Ellen Hodakova Larson schafft mit ihrem Label Hodakova, was nur wenige andere – etwa das ukrainisches Label Bettter – schaffen: Upcycling-Unikate zu entwerfen, die oft tragbar und zumindest für einige erschwinglich sind: beispielsweise ein upgecyceltes Hemd aus Baumwolle und Polyester für 229 Franken.
Auf dem Laufsteg sind uns ausserdem ein eleganter Maxijupe aus gewebten Vintage-Ledergürteln, ein silbernes Minikleid komplett aus Reissverschlüssen sowie ein Kleid aus Reitstiefeln aufgefallen. Cate Blanchett lief zudem jüngst mit einem Hodakova-Top aus Silberlöffeln über einen roten Teppich. Die aufstrebende Designerin Ellen Hodakova Larson gewann als erste Schwedin überhaupt und völlig zurecht den renommierten LVMH-Preis 2024.
4. Chanel und das Designer-Karussell
Es war, als hätten die Götter ihre Finger im Spiel: Am Morgen der Chanel-Show lichteten sich die Wolken und die Sonne durchflutete das Grand Palais. Drei Jahre lang war das pompöse Gebäude, das 1900 zur Weltausstellung gebaut wurde, zwecks Renovationsarbeiten geschlossen; jetzt endlich konnte Chanel wieder im angestammten Prachtbau präsentieren.
Nach dem Abgang von Designerin Virginie Viard war für die Sommerkollektion das Team am Werk: hochgeschlitzte Jupes und kurze Shorts zu jugendlichen Plateau-Heels, gehäkelte transparente Röcke, babyblaue Chiffon-Capes zu mit Pailletten bestickten Jeans und jede Menge Federn.
Luftig, leicht und unbeschwert wie der Vogel, der den Käfig verlässt, war das Ganze. Symbolisch stand die Voliere denn auch im Zentrum des Gebäudes, und zum Finale sang Riley Keough Princes «When Doves Cry». Auf dem Dach wehte die französische Flagge, es roch nach frischer Farbe und Neuanfang – wobei man die präsentierte Frühjahr-Sommer-Kollektion fürs neue Jahr viel eher als Zwischenkollektion bezeichnen muss. Nach der Show ist vor der Show: Wer bei Chanel das Steuer übernimmt, soll bald bekannt gegeben werden.
Und so schien es manchmal, als wäre die halbe Branche Teil der Findungskommission, die über die Neubesetzung berät. Ob es ein Marketing-Profi braucht, eine:r mit Hype-Potenzial, jemand, der die Codes der Häuser kennt und respektiert – oder genau das Gegenteil? Und natürlich kursieren gleich auch die Namen: Simon Porte Jacquemus für Chanel oder doch Hedi Slimane? Aber müsste es nicht eine Frau sein?
Und wenn die Gerüchteküche schon brodelt, dann schwappt die Suppe auch gleich auf andere Häuser über: Glenn Martens soll Margiela übernehmen und Jonathan Anderson bei Dior anheuern. Die beiden Posten sind wohlgemerkt nicht vakant.
5. Alessandro Michele übernimmt Valentino
Alessandro Michele hat seine erste Kollektion für Valentino entworfen; keine Show wurde mit mehr Spannung erwartet. Die Möbel waren mit Tüchern überdeckt, der Runway bestand aus zersprungenem Spiegelglas, der Raum war düster – wie Geister aus der Vergangenheit wandelten die Models in langsamen Gang durch das verlassene Hôtel Salomon de Rothschild.
Sie trugen Referenzen ferner Kulturen und vergangener Zeiten am Leib; nur einige davon kamen aus dem Archiv von Valentino (Polka Dots, Rüschen und viel Rot). Da waren Stolas mit Marabu-Federn, Chinoise-Jacken und paillettenbestickte Gilets – die Aufzählung liesse sich schier unendlich erweitern – kurz: Michele tat, was er immer tat. Er inszenierte ein Feuerwerk an Codes, ein Maximum an Schichten und Styling, ein Spektakel der Gleichzeitigkeit. Michele machte Michele, schnödeten die einen. Michele bleibt sich treu, freuten sich die Fans. Überrascht war jedenfalls keiner.