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Opfer-Mode

Stil

Opfer-Mode

  • Text: Jacqueline Krause-Blouin; Foto: Imaxtree

DHL-Shirt, Ikea-Tasche, Ziegelstein: Unsere stellvertretende Chefredaktorin Jacqueline Krause-Blouin fragt sich manchmal: Herrscht unter den Designern ein Wettkampf um die Herstellung des bizarrsten Produkts?

Was ein Tütchen so für Aufregung lostreten kann. Phoebe Philo hat es vor ihrem Abgang bei Céline noch einmal getan: einen It-Bag kreiert. Das transparente Vinyl-Säckli kommt in einer Zeit, in der wir bei Plastik eher an Walbäuche denken und in der ebendiese Tüten aus den Supermärkten verbannt werden. Kostenpunkt? 465 Franken. Steht aber auch Céline drauf.

Nun hatte die Mode schon immer Spass daran, Elemente aus der realen Welt zu stilisieren. Franco Moschinos ironisch sozialkritische Mode wurde in den Achtzigern gern als «Bullchic» bezeichnet. 2007 zeigte Marc Jacobs für Louis Vuitton karierte Wäschetaschen, Raf Simons sorgte 2012 bei Jil Sander mit dem Lunch Bag für Stirnrunzeln, weil er aus Papier war und 285 Dollar kostete. Ein Schnäppchen, wenn man sich Demna Gvasalia so ansieht: Der König der Banalitäten bringt jede Saison mindestens ein «Ärgernis» auf den Laufsteg: den Bazar Bag, eine Imitation der Sampeng (thailändische Plastiktasche), die es für 99 Cent auf der New Yorker Canal Street gibt. Und natürlich die gehypte Ikea-Frakta aus Kalbsleder für 2200 Franken – lässt sich auch gut zum 300-fränkigen DHL-Shirt stylen.

Ohne Gvasalia mit Warhol vergleichen zu wollen – aber wieso ist es okay, Millionen für ein Bild einer Campbell-Suppendose auszugeben, aber 2200 Franken für Leder gewordene Ironie ernten einen Shitstorm? Mein Problem ist jedenfalls nicht, dass diese Stücke existieren. Ich bewundere die Fähigkeit, aus banalen Beobachtungen Kunst oder Luxus machen zu können, weiss aber auch um die PR-Qualitäten eines solchen Produkts. Mein Problem sind die Leute, die das Zeug aus den falschen Gründen kaufen. Gvasalia erzählt gern, dass er nie so viel für seine eigenen Produkte ausgeben würde, und diese Aussage selbst ist Teil des Designs. Genauso wie seine «Opfer», die wie ferngesteuert Schlange vor den Läden stehen und sich mit dem Kauf von überteuerten Ironie-Objekten, die es für ein paar Franken ganz «real» auf der Strasse gibt, auch noch Street-Credibility versprechen.
Herrscht unter den Designern ein teuflischer Wettkampf? Wer schafft ein noch bizarreres, noch teureres Produkt, das einen noch grösseren Insta-Hype auslöst? Mein absoluter All-Time-Favorite in der Hinsicht ist der Ziegelstein von Supreme. Ab 300 Dollar sind Sie bei Ebay dabei. Selten war Ironie so profitabel.