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Onlineshopping? Ohne mich!

Stil

Onlineshopping? Ohne mich!

  • Text: Larissa Haas; Foto: iStock

In der Stadt einkaufen? Viel zu anstrengend, dachte annabelle-Praktikantin Larissa Haas und hat sich ihre online bestellten Einkäufe nach Hause liefern lassen. Doch eine Mitarbeiterin der Post brachte sie zum Umdenken.

Eines Tages, auf der Post, fühlte ich mich vor den Kopf gestossen. Und Frau K. vom Postschalter war schuld daran. Eigentlich mögen wir uns ganz gut, Frau K. und ich, wir sind per Du und führen ziemlich guten Smalltalk. Doch als ich zum dritten Mal innert vier Tagen mit einem schuhkartongrossen Paket bei ihr aufgekreuzt war, wurde es Frau K. zu viel: «So, hats schon wieder nicht gepasst?» Ich schätze die Arbeit von Frau K. sehr; aber mein Kaufverhalten zu bewerten, gehört definitiv nicht zu ihren Aufgaben. Trotzdem hat ihr Kommentar etwas in mir ausgelöst: Ich setzte meinem chronischen Bestellwahn ein Ende.

Ich habe mir meine Sachen immer gern nach Hause liefern lassen, das fand ich praktisch und bequem: Für die Gitarrensaiten hätte ich in die Stadt fahren müssen, darum kaufte ich sie online. Hinzu kamen mein Knöpflisieb, mein Kronleuchter und mein Schlafsack aus Polen. Doch da waren ja noch die vier Paar Jeans, von denen vier nicht passten, der Wintermantel, der zu wuchtig, und die Wokpfanne, die zu instabil war. Spätestens da fing der logistische Gräuel an: Rücksende-Etikett herunterladen, ausdrucken, Papierstau beheben, nochmals ausdrucken, Klebeband suchen, Ware ordentlich verpacken, zu Frau K. in die Post rennen und mich zuhinterst in der Schlange anderer Schlauköpfe mit Paketen unter dem Arm anstellen, denen es auch nicht schnell genug gehen konnte. Da soll noch einer behaupten, Onlineshopping sei zeitsparend. Doch das ist noch nicht alles: Man wird dazu genötigt, diese Tortur innerhalb von 28 Tagen über sich ergehen zu lassen. Da gibt es kein Pardon: Frist verpasst? Pech gehabt, und man bleibt auf seinem selbst bestellten Ramsch hocken. Deswegen schneide ich heute Zwiebeln mit dem «Power- Häxler Mini», und in meinem Schrank verschwenden hässliche Stiefeletten aus Kunstleder den Platz.

Als ich dem Onlineshopping den Rücken gekehrt hatte, hielten mich viele für einen Höhlenmenschen; ich selbst lobte mich für meine Ökobilanz: Wie hatte ich bloss jahrelang mit dem Velo in die Migros fahren und für Brokkoli und Birnen den gleichen «Veggie-Bag» verwenden können, während ich mir andere Luxusgüter einzeln verpackt vom blitzschnellen Renault direkt vor meine Haustür liefern liess? Allein die Post schickte 2016 insgesamt 122 Millionen Pakete hin und her; das verursacht nebst Abfall auch Verkehr und ergo mehr CO2-Emissionen. Dachte ich zumindest. Doch ich wurde eines Besseren belehrt. Nehmen wir meinen Kronleuchter: Hätte ich diesen im Möbelhaus statt beim Versandhändler gekauft, wäre ich umwelttechnisch schlechter weggekommen. Grund: Die Lieferung des Leuchters ins Möbelhaus, der Betrieb des Möbelhauses plus meine Autofahrt zum Möbelhaus verbrauchen gemäss Berechnungen des Öko-Instituts in Berlin etwa vier Mal so viel CO2 wie die Lieferung per Kurier.

Trotzdem: Heute verplempere ich keine Zeit mehr damit, auf der Couch durch die rund 230 Millionen von Amazon vertriebenen Produkte zu scrollen. Heute kommt die Welt nicht mehr in mein Wohnzimmer, ich gehe zu ihr in die Stadt. Denn allein der Gedanke, alles zu bekommen, ohne meinen Hintern auch nur einen Zentimeter zu bewegen, widert mich an. Onlineversandhändler werben für ein selbstbestimmtes und bequemes Leben, doch eigentlich bedeutet es vor allem eins: Stress!