Stil
In der Mode grassiert die Monogrammie
- Text: Jacqueline Krause-Blouin; Foto: Isaiah Trickey / Gettyimages
Monogramme zieren derzeit Taschen, Jacken und Smartphonehüllen. Sie sollen aus den Produkten Unikate machen. Doch bewirkt der Trend, den es schon zu Grossvaters Zeiten gab, nicht gerade das Gegenteil?
Mein Opa hatte früher ein besonders schönes Stofftaschentuch, auf dem seine Initialen eingestickt waren. Tja Opa, wärst du heute noch am Leben, wärst du ein Fashionisto. Was früher ein wenig nach Old Money roch, ist heute der Dernier cri: T-Shirts, Taschen, Socken, Kaffeetassen – überall müssen unser Name oder zumindest unsere Initialen drauf prangen.
Gigi Hadid besitzt diverse Lederjacken mit ihrem Namen drauf, bei Kim K. und Family sind schon die Kinder gebrandet, und jeder Promi, der etwas auf sich hält, streckt den Fotografen derzeit seine personalisierte Handyhülle von Chaos in die Kamera. Und das liegt nicht etwa daran, dass diese Menschen ständig ihre Sachen verlieren und sie deshalb sicherheitshalber, wie früher im Ferienlager, beschriften. Sie leiden auch nicht unter einer Identitätskrise, im Gegenteil: Die Monogrammie, die hier grassiert, ist reine Ego-Show. Seit wir alle – Danke, Instagram! – daran gewöhnt sind, uns ständig selbst zu promoten, führen selbst Normalos ein Leben als öffentliche Person. Das Leben ist eine Werbung, wir sind das Produkt und unser Name das Logo. Dinge, die vermeintlich «nur für mich» gemacht wurden, suggerieren Hochwertigkeit und sind highly instagrammable.
Ausserdem ist es gerade sehr angesagt, sich selbst toll zu finden. In Zeiten von #selflove ist also klar, dass jeder sich selbst sein liebstes Design ist. Der Markt greift das auf: Viele Labels haben in ihren Läden ein sogenanntes Embroidery Atelier, in dem man die gekauften Produkte gleich personalisieren kann. Aus Sicht der Brands genial: Je stärker der Kunde das Gefühl bekommt, etwas zum Produkt beigetragen zu haben, desto mehr identifiziert er sich mit der Marke. Die Frage ist nur, wie #unique wir wirklich sind, wenn alles, was uns noch voneinander unterscheidet, ein paar Buchstaben sind. Wenn Apple mir sagt, wann ich meine Periode bekomme, und Alexa mir befiehlt, was ich einkaufen muss, dann brauche ich jedenfalls nicht auch noch ein T-Shirt, das mir sagt, wer ich bin.