Im Rahmen unseres Männer-Specials geben die annabelle-Männer etwas aus ihrem Leben preis. Produktionschef Thomas Wernli führt durch sein zweites Zuhause und hat Tipps für Ihre nächste Berlin-Reise.
«Berlin ist gross und dreckig, Zürich klein und sauber», sage ich jeweils, wenn man mich nach dem Hauptunterschied zwischen den beiden Städten fragt. Tatsächlich ist Berlin rund zehnmal grösser, zehnmal mehr Einwohner, zehnmal mehr Fläche. Berlin verfügt mit 175 über mehr Museen als Regentage und kommt auf mehr als 50 Theater sowie rund 300 Kinosäle. In Berlin gibt es 4650 Restaurants, rund 900 Kneipen und 190 Bars und Discos. Und mehr Dönerläden als in Istanbul. Wie soll man bei diesem riesigen Angebot also eine Tipp-Auswahl treffen? Für mich ist Berlin inzwischen ein zweites Zuhause geworden. Trotzdem habe ich das Gefühl, nur einen klitzekleinen Teil der Stadt zu kennen – darum sind die 10 Tipps wirklich sehr persönlich. Und mein Tipp Nummer 11: Berlin mehrmals besuchen, am besten im Frühling, wenn der blaue Flieder wieder blüht, oder im Sommer, wenn die Stadt vor Hitze flirrt. Und: Die grossen Touristenattraktionen wie Jüdisches Museum, Holocaust-Mahnmal, Brandenburger Tor, Checkpoint Charlie, Schloss Charlottenburg usw. nicht auslassen!
1. Provozierend: Ausstellung Mario Testino
Mario Testino gilt als der bestbezahlter Modefotograf der Welt, sein Schaffen als Kunst. Nach Boston, Buenos Aires und Sao Paulo ist die Ausstellung «In Your Face» zum ersten Mal in Europa zu sehen und zeigt in 125 Bildern die ganze Bandbreite der Arbeit des Peruaners, der in London wohnt. Zu sehen sind quietschbunte und oft aufwendig inszenierte Porträts von Stars wie Ashton Kutcher, Nicole Kidman, Madonna und Topmodels wie Claudia Schiffer oder Naomi Campbell, Kate Moss und Gisele Bündchen, als deren Förderer er gilt. Ausserdem Mode- und Aktfotografien sowie private Schnappschüsse in Schwarzweiss. Letztere haben mich besonders fasziniert, etwa das Bild von einer lächelnden (!) US-«Vogue»-Chefin Anna Wintour.
– Kulturforum, bis 26. Juli 2015. www.smb.museum/
2. Ganz oben: Hotel Park Inn
Übernachtungsmöglichkeiten gibts in Berlin für jeden Geschmack und jedes Portemonnaie. Mein Tipp: Eine passende Lage wählen, etwa in der Nähe von geplanten Unternehmungen (denn Berlin ist, wie gesagt, sehr, sehr gross, und man ist schnell mal eine Stunde und länger unterwegs). Das 4-Sterne-Superior-Hotel Park Inn am Alexanderplatz empfehle ich Berlin-Erstbesuchern aus drei Gründen: Erstens weil es früher Interhotel hiess und das wichtigste DDR-Hotel war. Noch immer ranken sich Spionage- und andere Geschichten darum. Aber keine Angst: Heute ist es ein modernes, grosszügig ausgestattetes Businesshotel mit 1012 Zimmern. Zweitens kann man sich das Anstehen und den Eintritt für den Fernsehturm, gleich daneben, sparen, wenn man ein Zimmer in den oberen Stockwerken bucht. Und drittens sind wichtige Sightseeing Musts gleich um die Ecke, etwa das Brandenburger Tor oder das Pergamonmuseum auf der Museumsinsel. Auf dem Dach des 125 Meter hohen Gebäudes befindet sich übrigens eine öffentlich zugängliche Aussichtsterrasse.
– Hotel Park Inn by Radisson Berlin Alexanderplatz, www.parkinn.de
3. Kleine Schätze: Kaufhaus Schwesterherz
Schwesterherz nennt sich «Berlins feinstes Kaufhaus für Papierwaren, Geschenkartikel und Wohnaccessoires». Alles ist liebevoll ausgewählt. Ich habe mich sofort verliebt! Der Laden heisst übrigens so, weil der jüngere Bruder der Besitzerin sie immer so genannt hat. In Kreuzberg ist er gleich neben der Traditions-Markthalle Marheineke. In der Filiale in Friedrichshain werden ausserdem brasilianische Smoothies angeboten.
– Schleiermacherstr. 28, Kreuzberg, www.schwesterherz-berlin.de
4. Unendliche Weiten: Tempelhofer Freiheit
Der neue Berliner Grossflughafen BER Berlin-Brandenburg sollte ja eigentlich schon seit Juni 2012 offen sein – aber das ist eine andere Geschichte. Der Zentralflughafen Tempelhof, seit 2008 geschlossen, ist weltweit bekannt, weil er während der Berlin-Blockade durch die Sowjets von Juni 1948 bis Mai 1949 durch die Westalliierten im Minutentakt angeflogen wurde: über eine Luftbrücke wurde West-Berlin mit lebenswichtigen Gütern versorgt. Während der deutschen Teilung war der Flughafen für viele Menschen das Tor zur freien Welt. Heute ist das Flughafengelände öffentlich zugänglich und wird als Tempelhofer Freiheit bezeichnet. Nach anfänglicher Skepsis wird die riesige Fläche heute begeistert genutzt – Inlineskater, Rollschuh- und Velofahrer, Jogger, Langläufer (im Winter), Kitesurfer, Drachensteigenlasser, Kinderwagenschieber und Spaziergänger tummeln sich auf den Start- und Landebahnen. Es ist immer sehr, sehr windig! Tipp: Buchen Sie frühzeitig einen geführten Rundgang zu den interessanten Stellen des viertgrössten Gebäudes der Welt.
– U-Bahn Platz der Luftbrücke, www.thf-berlin.de
5. Kaffeekünstler: Chapter One
Nora Smahelova und Björn Köpke zaubern in dieser kleinen Kreuzberger Kaffeebar Kaffees in allen Varianten, auch mit ungewöhnlichen Zubereitungsarten… Kaffeeliebhaberinnen werden begeistert sein!
– Mittenwalder Str. 30, hinter der Marheineke-Markthalle, Nähe Passionskirche, www.chapter-one-coffee.com
6. Die DDR lebt! Kino International
Anfang der Sechzigerjahre wurde das Kino International als repräsentatives Premierenlichtspielhaus der DRR im sogenannten Bauabschnitt II der damaligen Stalin-Allee errichtet. Hier wollten sich die DDR und ihre Filmindustrie, die DEFA, vor Besuchern und Presse darstellen und ihre Gäste aus aller Welt angemessen empfangen können. Noch heute ist das unter Denkmalschutz stehende „International“ ein Premierenkino und eine Spielstätte der Berlinale und anderen Festivals. Jeden Montag findet die schwul-lesbische Filmreihe Mongay statt. Das architektonisch herausragende Kino (bemerkenswert: die Bar im Foyer im ersten Stock) gehört heute zur Studiokinogruppe Yorck und feiert dieses Jahr sein 50-Jahr-Jubiläum. Hier erlebt man Kino in seiner schönsten Form.
– Karl-Marx-Allee 33, Nähe Alexanderplatz, U-Bahn Schillingstrasse, www.kino-international.com, www.yorck.de
7. Stilles Kreuzberg: Friedhöfe Mehringdamm
In der Schweiz sind die Friedhöfe akkurat gepützelt, die Gräber in Reih und Glied. Auf den Friedhöfen am Kreuzberger Mehringdamm ist alles etwas schief und schräg, ungeordnet, mit vielen versteckten und verträumten Ecken. Oder anders gesagt: sehr romantisch. Auch Chamisso und E.T.A. Hoffmann liegen hier begraben. Für einen Grabbesuch bin ich regelmässig dort und geniesse abseits des Kreuzberger Trubels Ruhe und Natur. Berlin hat über 200 Friedhöfe, viele lohnen durchaus einen Besuch. Einen Überblick, ebenso wie Grabstätten prominenter Menschen findet man im Internet.
– U-Bahn Mehringdamm, www.berlin.de
8. Hoffentlich öffentlich: Busfahren
Das zuverlässigste öffentliche Verkehrsmittel in Berlin ist die U-Bahn. Die fährt praktisch immer, auch wenn die S-Bahn mal wieder ausfällt (wegen Streik oder beschädigtem Rollmaterial oder Bauarbeiten oder der Witterung oder was auch immer) oder die Busse wegen des Verkehrs oder einer Veranstaltung nicht durchkommen. Bus fahren bringts trotzdem: In den teilweise doppelstöckigen Fahrzeugen bekommt man ein gutes Gefühl für die Stadt und sieht einfach mehr als unter dem Boden. Ganz wichtig: Die Busse fahren häufig zu früh (!), zu spät oder «frei Schnauze», wie die Berliner sagen – also unbedingt genügend Zeit einplanen. Und noch ein Tipp: Schnappen Sie sich einen Berliner mit einem Umweltabo, dann können Sie abends ab 20 Uhr und Samstag und Sonntag gratis als Begleitperson mitfahren.
– www.bvg.de
9. Gut zu Fuss: Fusspflege Gabi Richter
Meine liebe Freundin Gabi Richter machte sich kürzlich selbstständig und hat nun ihr eigenes «Budeli» in Tempelhof, nahe dem Platz der Luftbrücke. Wer nach langen Entdeckungsreisen durch die Stadt seinen Füssen Erholung gönnen möchte, ist hier richtig. Bestimmt die einzige Fusspflegepraxis in der Stadt, wo man annabelle lesen kann! Und das Neuste aus der Stadt und dem Quartier erfährt man von der waschechten Berlinerin sowieso.
– Kaiserkorso 1, U-Bahn Platz der Luftbrücke, Tel. 0049 30 78 95 32 18
10. My Thai: Auswärts essen
Sie haben es bestimmt gemerkt: Das Foto mit den Köchinnen beim Crevetten-Schälen ist natürlich nicht in Berlin aufgenommen, sondern im Süden Thailands. Es steht stellvertretend für die vielen Restaurants mit internationaler Küche in Berlin. Ich liebe es, thailändisch zu essen, suche aber immer noch das ultimative Thai-Restaurant. Falls Sie also eines entdecken, bin ich für jeden Hinweis dankbar.
– www.tripadvisor.de
Das Männerheft erscheint am 8. April 2015
1.
Ganz oben: Hotel Park Inn
2.
Kleine Schätze: Kaufhaus Schwesterherz
3.
Unendliche Weiten: Tempelhofer Freiheit
4.
Kaffeekünstler: Chapter One
5.
Die DDR lebt! Kino International
6.
Stilles Kreuzberg: Friedhöfe Mehringdamm
7.
Hoffentlich öffentlich: Busfahren
8.
Gut zu Fuss: Fusspflege Gabi Richter
9.
My Thai: Auswärts essen