In New York fand gestern die Met Gala unter dem Motto «Karl Lagerfeld: A Line of Beauty» statt. Welche Celebrity-Looks uns begeisterten und welche Stars sich einen Fashion-Fail leisteten, lest ihr hier.
Chefredaktorin Barbara Loop
Top: «Karl Lagerfeld: A Line of Beauty» – das Motto der diesjährigen Met Gala war wirkungsvoll. Neben ein paar Auftritten, die an sich ganz lustig waren (Jared Leto als Lagerfelds Katze Choupette), aber in die Kategorie «Maskenball» fallen und die ich gestern Abend genüsslich von meinen Kindern bewerten liess, gab es überraschend viele glamouröse, durchdachte und schöne Looks. Nicole Kidman erschien in einem Kleid, das sie 2004 in der Werbekampagne für Chanel No.5 trug. Ein federleichtes, Rosé gefärbtes, glitzerndes Etwas, das irgendwie zu zart ist, um von dieser Welt zu sein – so ein Kleid muss man wieder tragen, wenn sich die Gelegenheit bietet. Alles andere wäre ein Verbrechen.
Flop: Okay, der Look war schwarz und weiss, da war Leder im Spiel, genauso wie Handschuhe und ein böser Blick. Während einige Männer den Fehler gemacht haben, sich etwas plump als Karl Lagerfelds Lookalike zu inszenieren, verwandelte sich Cara Delevingne ganz einfach noch mal in den Avatar, als der sie selbst ihre «Cara loves Karl»-Linie von Lagerfelds Eigenmarke «Karl Lagerfeld» bewarb. Und diese kommerziellen Entwürfe sind wahrlich nicht die beste Referenz für das Werk eines Mannes, der über Jahrzehnte die Geschichte der Mode geprägt hat. Das Schöne an dieser Met Gala war ja, dass Lagerfelds Erbe in seiner ganzen Vielfalt noch einmal über den Red Carpet spazierte – von Fendi bis zu Chanel, von pompösen Rüschenkleidern bis zu den ultraknappen 90ies-Girlie-Looks. Bei Cara Delevingne schrumpfte die Lagerfeld Legacy aber leider auf bedeutungslose Coolness zusammen – inklusive Theaterschminke und verspiegelter Pilotenbrille.
Stellvertretende Chefredaktorin Leandra Nef
Top: Im Gegensatz zu den Met-Gala-Themen der letzten Jahre – «In America: An Anthology of Fashion» (2022) und «In America: A Lexicon of Fashion» (2021) – war das diesjährige Thema sogar für Uninspirierte einfach zu bekleiden: Trag Karl Lagerfeld, trag Chanel, trag irgendeinen Brand, für den der Modeschöpfer im Laufe seines Lebens designte, oder eine Interpretation davon. Gähn? Nicht im Falle von Kristen Stewart, Freundin und Muse von Lagerfeld, die in Chanel (und beinahe ungeschminkt) über den Teppich schritt und dabei sowohl an «the man himself» erinnerte als auch sich selbst treu blieb – top! Honorable Mentions gehen an Nicole Kidman und an Co-Host Dua Lipa im Brautkleid (aber ohne Hut), das Claudia Schiffer 1992 auf dem Chanel-Laufsteg trug.
Flop: Da werweisst die gesamte Modeindustrie über Wochen, ob Karl Lagerfelds Katze Choupette über den Choupette-farbenen Teppich huscht, und am Ende ist eine Kakerlake der animalische Star des Abends. Tja, so ist das. Dank Menschen wie Jared Leto und Lil Nas X hatte Choupette dann doch noch den ein oder anderen Gastauftritt, bei Letzterem verwiesen etwa die Schnurrhaare der mit Kristallen und Perlen besetzten Maske an die alte Birma-Dame. Alles richtig gemacht also? Naja. Vielleicht sind es schlicht der Schein der Glitzersteinchen und die silberne Farbe (ein Gesamtwerk von Pat McGrath und Dior Men), die meine Augen so kurz nach dem Aufstehen noch mehr ermüden, aber ich kann die extravaganten Looks von Lil Nas X nicht mehr sehen. Ähnlich silbern (und mit Katzenohren und entsprechender Gesichtsmodifikation) schnurrte Doja Cat in einem Kristallkleid von Oscar de la Renta in die Kameras, aber die wurde immerhin gleich noch ihrem Namen gerecht.
Editor-at-large Jacqueline Krause-Blouin
Top: Beim Anblick der Schauspielerin und Poetin Michaela Coel fällt mir nur ein Wort mit drei Buchstaben ein: Wow. Während man sich Jahr für Jahr fragt, ob es mit den Verkleidungen – so muss man die Looks leider oft nennen – noch übertriebener und camp werden kann, beherrscht Coel die Balance eines echten Stilprofis: nicht zu wenig, nicht zu viel. Ketten und Perlen sind ein respektvolles Nicken in Richtung Karl Lagerfeld, aber keine plumpe Imitation. Ausserdem sind die Gold- und Bronzetöne wohltuend in diesem Meer aus schwarz-weissem Tweed. Daniel Roseberry von Schiaparelli gelang mit dieser Kreation ein Meisterwerk, das an Michaela Coel wie eine zweite Haut sitzt. An bzw. in diesem Kleid stecken 130 000 Kristalle, 26 000 gemischte Steine und über 3800 Arbeitsstunden. Und doch trägt Coel das Kleid – und nicht umgekehrt.
Flop: Ich dachte, Anna Wintour nimmt jeden Look ab? Nun, da hat sie wohl einen vergessen. Olivia Wilde ist nämlich der Fashion-Fauxpas schlechthin passiert: Jemand anderes trug das gleiche Kleid! Quel scandale! Dieser Jemand war Margaret Zhang, Chefin von Vogue China, also quasi die chinesische Anna Wintour. Das ikonische Gitarren-Kleid aus der Frühjahrskollektion 1983 von Chloé ist nun wirklich nicht derart sehenswert, dass wir es gleich zweimal auf dem Teppich brauchen. Hinzu kommt, dass Zhang mit ihrer Sonnenbrille und den blauen Haaren zumindest die nötige Coolness für den Dress mitbringt. Bei Wilde hingegen sieht es aus, als ob sich ein Kellner aus dem Taj Mahal Palace als Agnetha von Abba verkleidet hätte. Da sage ich: Thank You for the Music!
Co-Leiterin Digital a.i. Marie Hettich
Top: Wie heisst es in den ganzen Designer:innen-Castingshows, die ich sehr liebe, immer so schön? «This Look is a Showstopper!» Wie modische Übertreibung funktioniert, ohne dass die Person nach Fasnacht aussieht, hat Model Anok Yai in ihrem skulpturalen Nicht-von-dieser-Welt-Pailetten-Dress von Prabal Gurung gezeigt. Mir gefallen auch die Accessoires extrem gut: die schlichten Stilettos, die langen Silberohrringe, die futuristische Netzbrille. Dazu noch dieser Glow – umwerfend!
Flop: Die Geschmäcker von J.Lo und mir könnten ganz generell nicht weiter auseinanderliegen – das hat die Met Gala gestern Abend wieder bewiesen. Ihr Dress von Ralph Lauren ist für mich ein missratener Kompromiss aus streberhaft eingehaltenem Karl-Dresscode, Old-Hollywood-Glamour – und der plötzlichen Erkenntnis: «Shit, ich will aber trotzdem mega sexy aussehen!». So viel nackte Haut kombiniert mit diesem Hut: für mich ein ganz merkwürdiger Anblick. Die Kombi aus schwarzer und rosa Seide ist auch nicht meins. Alles in allem wirkt der Look auf mich arg verkrampft – und damit so, wie man auf dem Red Carpet oder auch sonst im Leben wirklich nicht aussehen will.
Mode-Praktikantin Nadja Stricker
Top: Kate und Lila Moss sorgten für einen schönen Mutter-Tochter-Moment auf dem Teppich: Beide schritten die Treppen des Metropolitan Museum of Art in Fendi hoch – ihre Pastellkleider ergänzten sich dabei perfekt. Besonders gut gefällt mir dabei das Zusammenspiel der verschiedenen Materialien.
Flop: Wer Farbe trug, fiel auf der diesjährigen Met Gala besonders auf. So auch US-Schauspielerin Ariana DeBose: Sie trug eine Robe von Altuzarra mit einem Fellkragen. Begleitet wurde die Musicaldarstellerin vom Designer selbst: Dieser erzählte in einem Interview, dass ihn Karl Lagerfeld inspiriert, weil er Dinge, die alt sind, frisch und neu erscheinen liess. Nun ja, der angenähte Kojote an Ariana DeBoses Kleid kam für meinen Geschmack weder frisch noch neu daher.
