Fashion
Klaesi Holdener x Sol Sol Ito: Eine Kollektion für die Zeit nach Corona
- Text: Leandra Nef
- Bilder: Klaesi Holdener / Sol Sol Ito
Am Wochenende findet die 19. Edition der «Mode Suisse» statt. Wir stellen vorab ausgewählte Designerinnen und Designer vor. Heute: Florian Holdener von Klaesi Holdener und Sandra Kaufmann und Monika Fink von Sol Sol Ito über ihre Kollaboration – und die «Nichtkollektion», die daraus entstanden ist.
Wann haben Sie Ihr Label gegründet?
Klaesi Holdener: 2016.
Sol Sol Ito: 2012.
Ihr Atelier?
K: Befindet sich in Berlin.
S: Zürich.
Werdegang?
K: Ich habe in Basel Mode-Design studiert und zu Beginn meiner Karriere in einem Schweizer Couture-Atelier gearbeitet.
S: Monika hat in Genf und Barcelona Skulptur studiert, Sandra ist Industriedesignerin mit langjähriger Erfahrung in der Uhrenindustrie. Als Brillenträgerinnen sind wir ständig auf der Suche nach passenden Brillen – also haben wir angefangen, Brillen nach unserem eigenen Geschmack zu entwerfen.
Was zeichnet Ihr Label aus?
K: Klaesi Holdener begann als Label für Männermode. Man kann sich seine Geschichte wie die Geschichte vom Kleiderschrank eines Jungen – nennen wir ihn Adam – vorstellen. Ein Schrank voller aussergewöhnlicher Basics, die durch ihr Spiel mit Formen und Texturen bestechen. Und plötzlich beginnt sich Adams Schwester Eva für diese Garderobe zu interessieren. So wurde aus der Geschichte von Adam eine Geschichte von Adam und Eva und Klaesi zu einem Label, das von allen getragen werden kann.
S: Unsere Brillen sind streng limitiert, mit einem schraubenlosen Scharnier und dem Doppelstahlbügel als Markenzeichen.
Warum präsentieren Sie gemeinsam an der «Mode Suisse»?
Das ist bereits unsere dritte Kollaboration, wir haben gemeinsam am Thema und an den Produkten gefeilt. Uns verbinden gemeinsame Werte – und die Zusammenarbeit macht Spass.
Was hat Sie zur aktuellen Kollektion inspiriert?
K: Diese Kollektion begann mit der Frage: Was tragen wir am Tag danach? Am Tag nach der Pandemie, wenn wir wieder reisen und uneingeschränkt Menschen treffen können? Die Antwort ist eine auf das Wesentliche reduzierte Kollektion – eigentlich eine Nichtkollektion, wenn man so will.
S: Die Sol-Sol-Ito-Brillen der Nichtkollektion sind markant in der Form, aus dickem Material, jedoch wie die Kleider zurückhaltend in der Farbe: schwarz, beige, eierschalenfarben oder vollständig transparent.
Ihr Lieblingspiece der Kollektion?
Die Daunenweste und -jacke aus St. Galler Lochstickerei, sogenannter Broderie Anglaise, aus dem Hause Bischoff Textil – wir lieben solche Klassiker mit einem ungewöhnlichen Twist. Dazu die Balkenbrille mit einem Farbverlauf von Gelbweiss zu Transparent, hochglanzpoliert als Kontrast zum Stoff.
Wen würden Sie gern in Ihren Entwürfen sehen?
K: Meine beiden Mütter, meine Schwestern und meine Freundinnen. In der aktuellen Kollektion dreht sich alles um Frauen – da würde ich gern die Frauen in meinen Looks sehen, die mich am meisten geprägt haben.
S: Yoko Ono und Tilda Swinton.
Wie wichtig ist Ihnen Nachhaltigkeit?
K: Sehr, ich halte nichts von Fastfashion. Meine Entwürfe lasse ich darum bei ausgewählten Produzenten in Italien herstellen. Ich war übrigens entzückt zu hören, dass Gabriela Hearst nun Kreativchefin bei Chloé ist. Ich hoffe, dass die Mode mit kreativen Köpfen wie ihr, denen Nachhaltigkeit wichtig ist, zum Handwerk und zu zeitlosen Entwürfen zurückfindet – nach all den Jahren, in denen alles kreischen musste.
S: Unsere Brillen sind hochwertig verarbeitet, nicht von Trends abhängig und damit langlebig – und nachhaltig.
Wie viel Schweiz steckt in Ihren Labels?
K: Meine Schweizer Wurzeln zeigen sich unter anderem in der Verwendung von luxuriösen, in der Schweiz hergestellten Stoffen. Natürlich haben mich auch die vielen Jahre im Ausland geformt: Rio de Janeiro, München, New York, Stockholm, Berlin. Meine Berliner Freunde sind eine wichtige Inspirationsquelle für mich, obwohl nur die allerwenigsten in der Modebranche arbeiten.
S: Unsere Bügel werden in Schweizer Uhrenmanufakturen hergestellt. Wir arbeiten in und identifizieren uns mit Zürich.
Wie haben Sie das vergangene Jahr erlebt?
K: Die allermeisten Jobs und Kollaborationen wurden abgesagt, dadurch sind viele Kreative in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Die Krise zeigt, dass Mode nicht unabhängig von Politik und Zeitgeschehen funktionieren kann. Aber ich möchte nicht nur das Negative hervorheben: Dadurch, dass die Zeit plötzlich so langsam läuft, fühle ich weit weniger Druck als früher. Es fällt mir leichter, kreativ zu sein.
S: Die internationalen Brillenmessen wurden abgesagt, das war ein herber Rückschlag. Aber Not macht bekanntlich erfinderisch: Monika hat Kimchi Queen lanciert (best Kimchi in town!) und wir haben ein zweites Label gegründet: Read on – ultraflache Lesebrillen integriert in iPhone-Hüllen.
Ihr nächstes Ziel?
K: Eine weitere Präsentation an der Paris Fashion Week, gemeinsam mit Sol Sol Ito. Ausserdem entwickle ich gerade eine neue Basic-Linie, mit der ich hoffentlich bald durchstarte.
S: Ja, wir freuen uns auf den gemeinsamen Auftritt in Paris. Und aufs Reisen – egal in welche Himmelsrichtung.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Modebranche?
K: Mein Wunsch ist ein persönlicher: Ich möchte ein kleines Team mit talentierten Menschen aufbauen, die gern miteinander arbeiten, ohne Konflikte und Auseinandersetzungen zu scheuen. Besonders wichtig ist mir, dass jede und jeder eine faire Bezahlung erhält, damit nicht nur ich, sondern auch alle meine Mitarbeitenden gut über die Runden kommen.
S: Wir wünschen uns mehr Qualität, Langlebigkeit und Mut zum Individualismus.
Special Media Collaboration
annabelle spannt für die 19. Edition der «Mode Suisse» mit der Branchenplattform zusammen, begleitet das Happening vom Fitting der Models über die Laufstegpräsentationen bis zu den Expert*innen-Panels – und ist vor Ort, um sich die Kollektionen der Designerinnen und Designern zeigen zu lassen.