Shoppen als Beruf: Der Traum vieler Frauen ist für Angela Schmidli Realität. Doch ist diese Aufgabe wirklich so glamourös, wie sie scheint? Wir haben die Mode-Einkäuferin getroffen und zu ihrem Alltag befragt.
Angela Schmidli ist Fashion-Einkäuferin in einem der grössten Department-Stores der Schweiz. Wir haben die 30-Jährige zum Gespräch getroffen und Einblicke in ihren Beruf erhalten.
annabelle Online: Sie kommen gerade vom Einkauf aus Berlin zurück, haben Sie für Ihre Kundinnen etwas Schönes gefunden?
Angela Schmidli: Ja, ich habe einige neue Labels für nächsten Sommer entdeckt und freue mich schon, die Kleider auf der Verkaufsfläche zu sehen.
Wie kaufen Sie ein? Strikt nur nach Ihrem Geschmack, oder machen Sie auch Kompromisse?
Die Kunst einer guten Einkäuferin ist es, ihren eigenen Geschmack mit demjenigen der Kundin zu kombinieren. Du musst deine Zielgruppe genau kennen und Bedürfnisse spüren. Natürlich kaufe ich aber nur Dinge ein, die mich ansprechen, und vertraue meinem Instinkt, dass diese den Kundinnen auch gefallen werden.
Für viele Frauen gehört Ihr Job zu den absoluten Traumberufen. Macht er wirklich so viel Spass?
Ja, ich liebe meinen Job und würde nicht tauschen wollen. Was viele aber nicht wissen: Der Einkauf ist nur ein kleiner Teil davon. Viel Zeit verbringe ich damit, Verhandlungen mit Lieferanten zu führen, Verkaufsstatistiken und Analysen auszuwerten oder auch Abschreibungen oder Retouren zu planen. Zahlen sind ein grosser Bestandteil meiner täglichen Aufgaben, da rückt das Thema Fashion schnell in den Hintergrund. Zweimal im Jahr sind die grossen Messen, in diesen Monaten reise ich von Stadt zu Stadt, bin viel im Flugzeug oder im Zug. Dies klingt glamourös, ist aber in der Realität auch oft mit viel Wartezeit und Alleinsein verbunden.
Wie gross ist der Druck beim Einkauf? Es geht schliesslich um viel Geld. Haben Sie da nicht manchmal auch Angst, dass sich ein Teil später nicht verkauft?
das Risiko ist teilweise abschätzbar, da wir uns beim Einkauf oft an den Bestsellern der vorherigen Saisons orientieren. Bei neuen Marken steht natürlich immer ein Fragezeichen im Raum, ob das Label von den Kundinnen angenommen wird. Und wenn eine Marke nicht so erfolgreich sein sollte wie geplant, wird auch der Lieferant in die Verantwortung gezogen, man steht also nicht immer ganz alleine da. Dennoch: Der Druck ist natürlich jede Saison da!
Wird Ihnen der Stress manchmal nicht zu viel? Wie erholen Sie sich?
Am besten abschalten kann ich im Grünen, mit meinem Pferd und meinem Hund. Ich bin sehr naturverbunden und brauche diese Momente der Ruhe als Ausgleich zur schnelllebigen Fashionszene, die auch oberflächlich sein kann. Yoga und Tennis helfen mir auch zur Entspannung.
Wussten Sie schon immer, dass Mode-Einkäuferin Ihr Traumberuf ist?
Nein. Nach einer kaufmännischen Ausbildung habe ich lange in einer Werbeagentur gearbeitet. Ich habe mich allerdings schon immer gern mit dem Thema Fashion befasst, privat für mich, aber auch auf Shoppingtouren mit Freundinnen, die ich heute noch gern berate. So entstand allmählich der Wunsch, diese Leidenschaft zum Beruf zu machen. An der Schweizerischen Textilfachschule studierte ich dann Textilökonomie, was mir den Berufseinstieg ermöglichte.
Was raten Sie jungen Frauen, die Ihren Beruf ausüben wollen?
Ich empfehle ihnen, eine solide Ausbildung im kaufmännischen Bereich oder auch ein Wirtschaftsstudium zu absolvieren, sie sollten ein gutes Händchen für Trends haben und sich natürlich für Mode interessieren. Man muss bereit sein, Überstunden zu leisten und auch das Privatleben ein wenig in den Hintergrund zu stellen. Da man viel mit internationalen Marken zu tun hat, ist Englisch zudem ein absolutes Muss.
Welcher Trend wartet dieses Jahr auf uns? Gibt es ein Must-Have?
Im kommenden Herbst dreht sich alles um den Statement-Mantel. Der Trend geht weg von Daune, hin zu coolen Wollmaterialien und hochwertigen Schnitten. Eine Investition in ein solches Stück lohnt sich, da mit dem richtigen Mantel ein ganzer Look aufgewertet werden kann.