Karl Lagerfelds entwirft eine neue Kollektion für sein eigenes Modelabel. Fazit: Ironisch, ikonisch und zugänglich. Das heisst: Viel Lagerfeld himself, viel Streetstyle – und sehr tragbar.
Seit einem halben Jahrhundert prägt Karl Lagerfeld die Modewelt. Als Chefdesigner ist er seit dreissig Jahren für die Kollektionen von Chanel verantwortlich, er hat aber auch für Pierre Balmain, Chloé oder Fendi gearbeitet. Doch sein bester Entwurf ist er selbst: die blickdichte Sonnenbrille, der starre Kragen, der gepuderte Rossschwanz und die coupierten Handschuhe, die Katze Choupette mit eigenem Twitter-Account, vor allem aber seine wohlverdiente Deutungshoheit über Mode – mais non, über eigentlich alles.
Lagerfeld ist der Popstar unter den Modedesignern, der das Fashionbusiness verinnerlicht hat wie kein Zweiter. Fleissig ist er, umtriebig und erfolgreich, auch als Fotograf und Verleger. Nur die Geschichte seiner eigenen Marke, die er 1974 gründete, war weniger von Erfolg geprägt als von Lizenzverkäufen, Firmenübernahmen und Neuausrichtungen. Doch das soll sich nun ändern. Vor zwei Jahren lancierte Karl Lagerfeld seine Modelinie «Karl Lagerfeld» neu. In der aktuellen Frühlingskollektion dominiert Schwarz-Weiss. Es gibt zwar auch elegante Kleider und Handtaschen, die an Chanel-Klassiker erinnern, vor allem aber besteht die Linie aus Streetstyle: enge Lederhosen, Baseballjacken und Plateauschuhe.
Ikonische Linie
«Ironic, iconic und accessible», so beschreibt Pier Paolo Righi, der CEO des Unternehmens, die Linie. Ikonisch, weil Karl Lagerfelds Style als Vorbild für die Kollektion und er selbst auch als Logo dient: Lagerfelds Kopf prägt das Label, und es gibt den abnehmbaren Kragen, die schwarzen Sonnenbrillen, die ledernen Handschuhe und Caps mit aufgesticktem K für König Karl. So viel Selbstinszenierung ist auch ironisch gemeint. Zugänglich ist sie, weil sie tragbar und vergleichsweise zahlbar ist: Ein T-Shirt gibt es für 99, die Bikerhose für 949 Franken.
Lagerfeld folgt mit seiner eigenen Marke all den anderen Luxuslabels, die mit einer Zweitlinie schon lange den Schritt ins tiefere Preissegment gemacht haben. Die Luxusbranche sucht neue Absatzmärkte. Ausserdem ist die Trennlinie zwischen der Haute Couture und den Trends der Strasse in dieser Saison unschärfer denn je.
Karl Lagerfeld hat sich nie vor dem Massenmarkt gescheut. Er war der erste Modemacher, der 2004 für H&M eine Kollektion entwarf. Er wirkte schon früher für das Versandhaus Quelle, kreierte 2008 einen Steiff-Teddybären in Lagerfeld-Outfit, für Coca-Cola eine pink gestreifte Flasche, er entwarf für Swarovski Schmuck und für die italienisch-amerikanische Lifestylemarke Tokidoki ein Männchen nach seinem Abbild.
Dass seinen eigenen Labels bisher kein durchschlagender Erfolg beschieden war, dürfte Karl Lagerfeld wenig kümmern. In die Vergangenheit schaut er eh nicht gern («Ich mag die ‹guten alten Tage› nicht. Sie machen die Gegenwart zu secondhand»), und Verluste beleben das Geschäft: «Das Geld muss aus dem Fenster, damit es zur Tür wieder reinkommt.» Mit seiner neuen Kollektion zum Beispiel, die direkt von der Strasse kommt.
— Die Frühlingskollektion Karl Lagerfeld gibts in der Schweiz im Zürcher Jelmoli
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«Das Geld muss aus dem Fenster, damit es zur Tür wieder reinkommt»: Karl Lagerfelds Laden in Paris
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Schwarz-weiss und direkt von der Strasse: Karl Lagerfelds Kollektion
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