Stil
Jungdesignerin Flaka Jahaj im Interview
- Interview: Silvia Princigalli; Fotos: Alexander Palacios für Mode Suisse
From Kosovo with Love: Flaka Jahaj brachte an der vergangenen Mode Suisse in Zürich das Publikum zum Staunen. Wir haben mit der Jungdesignerin über ihr Label Iahai, ihre Inspirationsquellen und heimlichen Laster gesprochen.
2014 gewann Flaka Jahaj den renommierten Schweizer Designpreis der Swiss Design Awards und hat seither noch einen Zahn zugelegt. An der vergangenen Mode Suisse Edition 9 im Migros-Museum für Gegenwartskunst in Zürich kamen Modefachkundige und Zuschauer nicht darum herum, die innovative und beeindruckende Kollektion der gebürtigen Kosovarin zu bestaunen. Feinste Seidenstoffe in knalligen Grundtonfarbe, kombiniert mit gehäkelten oder gestrickten Tops sowie Überwürfen, die teils unfertig aussehen. Eine Designinnovation, die man zuvor im Schweizer Modegarten nicht gesehen hat. Wie zu erwarten war, fiel auch der anschliessende Beifall des Publikums laut aus.
Die Schweizer Designerin ist erfinderisch und bleibt zugleich mit ihrer Materialwahl traditionell. Ihre Strickmuster sind ganz klar keine, die unsere Grosis zu stricken gewagt hätten. Die gesamte Kollektion wird in Pristina produziert, der Vertrieb und die Präsentationen laufen jedoch über die Schweiz. Ihre Inspiration holt sich die 32-Jährige dabei auch aus ihrem Heimatland und setzt diese in Designs für die Schweizer Klientel um.
annabelle: Flaka Jahaj, Sie sind mit acht Jahren aus dem Kosovo mit Ihrer Familie nach Graubünden gekommen. Woher kommt Ihr Interesse für Mode?
FLAKA JAHAJ: Ich bin mit einer sehr modebewussten Mutter aufgewachsen und habe dadurch schon früh einen Sinn für Mode vermittelt bekommen. In meinen Teenagerjahren habe ich dann eine wilde Modezeit mit meiner Schwester durchlebt, in der wir zuhause in Graubünden alle Brockis nach dem Sechzigerjahre-Stil durchforstet haben. Wir trugen damals bunte Schlaghosen und Bundfalten. Für diese Zeit etwas wild.
Wann haben Sie angefangen, selbst Mode zu machen?
Nach der Matura habe ich selbst einige kleine Taschen und Accessoires entworfen und nach einer Selbstfindungsphase dann entschieden, in Paris Modedesign zu studieren. Etwas später bin ich bei einer Assistenzstelle beim US-Designer Rick Owens gelandet. Das war für meinen Fashion-Charakter eine sehr prägende Zeit. Den nächsten Meilenstein habe ich aber mit meinem Master am Central Saint Martins College of Art and Design in London (an der bereits Alexander McQueen, John Galliano oder Stella McCartney studiert haben) erreicht. Unter der Leitung der inzwischen leider verstorbenen Designerin Louise Wilson habe ich meinem Schaffen den letzten Schliff verpasst. Es war eine unglaublich harte Zeit, in der uns das reale Leben des Fashionbusiness vorgelebt wurde. Im Schwerpunktbereich «Knitwear» haben in meinem Jahrgang letztendlich nur drei von zehn ihren Abschluss geschafft.
Inwiefern beeinflusst der Lehrende den Stil für die eigenen Kreationen?
Von Rick Owens habe ich nicht unbedingt den Stil übernommen, aber viel von seiner Arbeitsweise adaptiert. Er ist ein wundervoller Mensch, der trotz seines Erfolgs sehr bodenständig geblieben ist und seine Kleider- sowie Möbelkollektionen jeweils in einem inspirierenden, runden Konzept abschliesst. Auch dadurch, dass er erst spät Erfolg hatte, nahm er mir die Angst und gab mir Mut, in schwereren Zeiten durchzuhalten.
Von welchen Ängsten sprechen Sie hier?
Ich habe keine Angst, dass mir Ideen für Designs ausgehen würden, von denen habe ich genug im Gepäck. Jedoch bleibt man wohl als Jungdesigner von Existenzängsten nicht verschont. Es ist manchmal nicht einfach, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Diese Angst kann auch die Kreativität schwer beeinträchtigen. Ich versuche deshalb nicht zu oft daran zu denken, ob ich je einen risiegen Erfolg feiern werde.
Stand der Berufswunsch immer schon fest?
Ich konnte das früher noch nicht auf diese Weise benennen. In der Umgebung, in der ich aufgewachsen bin, kannte man vielleicht den Beruf des Schneiders, jedoch nicht denjenigen des heutigen Designers. Ich bin dann aber wahrscheinlich intuitiv meinem Weg gefolgt. Dadurch, dass mir meine Grossmutter bereits mit vier Jahren das Stricken und Häkeln beigebracht hatte, wurde mir der Beruf der Designerin gewissermassen in die Wiege gelegt. Dass ich heute meine Designs im Kosovo produzieren lassen kann, ist eine logische Konsequenz, um meine Herkunft und Tradition mit meinem heutigen Ich zu verknüpfen.
Heute spriessen Jungdesigner von renommierten Modeschulen wie kleine Pilze aus dem Boden. Denken Sie, dass es überhaupt noch möglich ist, mit einem neuen Label herauszustechen und erfolgreich zu sein?
Ja klar. Es braucht immer wieder neue Ideen sowie neue Designs. Das ist der Zyklus der Zeit und der Kreativität, der wiederum Platz für eine neue Generation von Designern schafft. Als Modemacher sollte man sich aber besonders der Schwierigkeiten im Modebusiness bewusst sein und seinen eigenen Charakter sowie Stil gefunden haben. Ich glaube, diese Erfahrungen habe ich auf meinem Weg bereits gesammelt. Danach braucht man noch viel Geduld und ganz viel Glück.
Welche Rolle spielt eine Plattform wie die Mode Suisse, an der Sie nun bereits zum zweiten Mal Ihre Kollektion präsentieren durften?
Ich habe mich nach meiner Ausbildung in Paris und London bewusst dafür entschieden, wieder in die Schweiz zurückzukehren. Deshalb ist es für mich eine grosse Ehre, meine Mode in einem professionellen Rahmen einem fachkundigen Publikum präsentieren zu dürfen. Die Mode Suisse ist ein wichtiger Pfeiler der Schweizer Modeszene und trägt viel zum Modebewusstsein, aber leider noch nicht zu einem richtigen Fashionmarkt der Schweiz bei. Die Schweiz hat in vielen Bereichen zwar einen hoch entwickelten Markt, jedoch fehlt noch das Vertrauen in das eigene Modedesign. Eine Mode Suisse ist deshalb essenziell.
Wie gehen Sie an neue Kreationen heran?
Wie ein Musiker sich an ein Instrument setzt und anfängt, mit einigen Klängen ein Lied zu komponieren, nehme ich Nadel sowie Garn in die Hand und fange aus einem Gefühl heraus an, zu häkeln oder zu stricken. Ich produziere meine Prototypen alle selbst und gebe sie dann nach Pristina weiter. Meinen Stil für meine Kollektionen habe ich im Westen geprägt und verknüpfe diesen mit dem Handwerk und den Textilien aus meiner Heimat.
Wer trägt Iahai?
Ich glaube, meine Stücke können individuell von verschiedenen Personen und Altersgruppen getragen werden. Jedes Stück steht prinzipiell für sich und kann beliebig kombiniert werden. Diese Freiheit lasse ich auch den Stylisten für Magazine oder meinen Models beim Lookbook-Shooting.
Welche berühmte Persönlichkeit würden Sie gern einkleiden?
Gerade bin ich mit der britisch-albanischen Sängerin Dua Lipa in Kontakt. Es ist schön zu sehen, wie nach einigen Jahren der Diaspora unsere Generation länderübergreifend zusammenhält und sich vor allem in diesem künstlerischen Bereich gegenseitig unterstützt. Ich werde ihr nun ein paar Teile meiner Pompon-Kollektion zukommen lassen. Mal sehen, ob sie meine Stücke bald auf einem roten Teppich tragen wird.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft von Iahai?
Ich würde mir wünschen, dass die Schweizer mehr in ihr heimisches Design investieren, anstatt sich zu stark an der Mode aus dem Ausland zu orientieren.
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