«Jede Frau kann sich bei mir einkleiden»
- Intervew: Tanja Ursoleo; Foto: Valentine Gauthier x Sarenza
Die Designerin Valentine Gauthier will Mode kreieren, die alltagstauglich und dennoch chic ist. Wir haben die Französin anlässlich der Präsentation ihrer ersten Sarenza-Kollektion getroffen und mit ihr über ihre Karriere, bequeme Schuhe und Sexyness, die im Kopf beginnt, gesprochen.
annabelle.ch: Valentine Gauthier, nachdem Sie das Modefestival in Dinard als junge Designerin gewonnen hatten, wurden Sie schon bald zur Gründerin und eröffneten Ihre erste, eigene Boutique in Paris. War das so geplant?
Valentine Gauthier: Für mich war klar, dass ich mein eigenes Label gründen und eine Boutique eröffnen möchte. Ich wusste, was ich wollte, aber es war eher ein Bauchgefühl, dem ich folgte.
Heute rät man Designern eher davon ab, in den stationären Handel zu investieren, Sie setzen neben dem Onlineshop primär auf das klassische Retail Modell. Was macht Ihren Erfolg aus?
Als Konsumentin möchte ich persönlich nie aufs Einkaufen in einer Boutique verzichten. Ich kann als Designerin meine Werte besser und direkter meinen Kundinnen vermitteln und einen persönlichen Service bieten. Wir sprechen mit unseren Kundinnen transparent über Nachhaltigkeit und beantworten Fragen bezüglich der Produktion unserer Kollektionen.
Schon in Ihrer ersten Boutique in der Rue Charlot setzten Sie ausserdem auf «In-Store Erlebnisse» und organisierten Dinners und Events.
Genau. Für mich sind das nicht einfach Marketing-Aktivitäten, um den Verkauf anzukurbeln, meine Boutique soll ein Ort der Begegnung sein. Dieses Konzept verfolge ich auch in meiner neuen Boutique am Boulevard Beaumarchais: über der Boutique befindet sich nicht nur unsere Büros, sondern auch der Showroom und eine Profi-Küche. Wir planen gerade eine Kollaboration mit dem Restaurant «Frenchie», sowie Events und Ausstellungen. Heute sind wir ständig alle auf Instagram, alles wird auf den sozialen Netzwerken «virtuell» inszeniert, aber ich organisiere lieber reale Events in meiner Boutique – und zwar mit echten Freunden!
Welcher Typ Frau trägt Valentine Gauthier?
Jede Frau kann sich bei mir einkleiden, deshalb gehören sowohl Millennials als auch 70-jährige Frauen zu unseren Kundinnen. Ich lege Wert auf tragbare Mode, Komfort und Qualität – und wir versuchen unsere Margen tief zu halten, damit unsere Kollektion bezahlbar ist.
Sie haben vier Schuhmodelle für den Onlineshop «Sarenza» entworfen, hohe Absätze sucht man vergeblich. Aus Komfortgründen?
Sexyness findet im Kopf statt! Frauen sind aktiv und müssen laufen können! Ich selber trage meist Boots mit mittelhohem Absatz, so fühle ich mich den ganzen Tag wohl und kann abends trotzdem in ein schönes Restaurant. Mit dem Einsatz von Samt habe ich versucht, Sensualität in die Kreationen zu bringen, weil dieses Material trendig und zugleich bequem ist.
Was war Ihre grösste Herausforderung als Unternehmerin seit der Gründung Ihres Labels?
Ich bin bis heute in viele Bereiche in meinem Unternehmen involviert: Produktion, Kreation und Kommunikation. Aber eine meiner besten Entscheidungen war, von Anfang an einen Business-Partner an meiner Seite zu haben, der sich um die finanziellen und administrativen Belange des Unternehmens kümmert, diese liegen mir eher weniger. Deshalb sage ich immer: Jeder Designerin und jeder Designer muss seinen Pierre Bergé finden!
Die 37-jährige Valentine Gauthier hat nach ihrem Geoethnologiestudium die Pariser Modeschule Atelier Chardon Savard besucht und war anschliessend in den Kreativ-Studios von Martin Margiela tätig. Als Gewinnerin des Modefestivals in Dinard wurde 2006 die Modewelt auf die Designerin aufmerksam. 2007 präsentierte sie ihre erste Kollektion und gründete 2009 ihr Modelabel. Für Sarenza hat die Designerin eine Schuhkollektion entworfen, die online erhältlich ist.
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Deshalb sucht man in ihrer Kollektion für Sarenza vergeblich nach Highheels.