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«Ich war immer an der Art interessiert, wie man Kleider trägt»

«Ich war immer an der Art interessiert, wie man Kleider trägt»

  • Text: Barbara Loop; Bild: Weekend Max Mara, Getty Images

Was nicht passt, macht sie passend: Lucinda Chambers (61) mischt nicht nur unerschrocken Farben und Materialien – aktuell in ihrer Signature-Collection für Weekend Max Mara. Wenns sein muss, legt sie sich auch mit der Modeszene an.

Sie lernte von der legendären Grace Coddington, war Fashion Director bei der «Elle UK», um dann bei der britischen «Vogue» 25 Jahre lang die Mode zu verantworten. Sie hat Labels wie Marni, Prada und Jil Sander beraten und mit Fotografen wie Mario Testino, Paolo Roversi und Nick Knight gearbeitet. Lucinda Chambers gehört zum innersten Kreis der Modewelt, da, wo Adressbücher schwer und wertvoll sind wie Gold und Diskretion über allem steht. Und dann hat sie alles aufs Spiel gesetzt.

Als Edward Enninful 2017 Chefredaktor der britischen «Vogue» wurde, bekam Lucinda Chambers die Kündigung. Die meisten hätten an ihrer Stelle erklärt, dass sie aus freien Stücken gegangen seien. Dass man sich freundschaftlich getrennt habe, alles halb so wild sei. Nicht so sie. In der Nischenzeitschrift «Vestoj» hat Chambers – man kann es nicht anders sagen – mit der Branche abgerechnet. Sie beklagte deren Hochnäsigkeit, die Unmenschlichkeit, die Verlogenheit. Sie habe die «Vogue» seit Jahren nicht mehr gelesen, sie fände die meisten Kleider «lächerlich teuer». Sie bezeichnete eines ihrer eigenen Cover als Pleite, ja gar als «Mist», der nur zustande kam, weil man glaubte, den Anzeigekunden Michael Kors zufriedenstellen zu müssen. Das sass.

Inzwischen sind die Wogen geglättet. Ihre Freunde, darunter Alexandra Shulman, langjährige Chefredaktorin der britischen «Vogue», und Michael Kors haben ihr verziehen. «Manchmal war meine Offenheit hilfreich, manchmal weniger, aber am Ende ist es immer besser, ehrlich zu sein», sagt sie. Auch wenn sie unter dem Eklat gelitten habe und mehr gelernt habe, als ihr lieb sei, so bereue sie doch nichts. Denn am Ende ist Lucinda Chambers da gelandet, wo sie eigentlich schon immer hingehört hat: am Rande des innersten Modezirkels, wo sie selbstbewusst und freihändig balanciert, vor allem aber glaubwürdig und unabhängig ihr eigenes Ding machen kann. Pointierte Stylings und atemberaubende Bilder, unter anderem für die amerikanische «Vogue», einen Onlineshop namens Collagerie, die Modelinie Colville und ausgewählte Projekte wie die Mini-Kollektion «Re-Find» mit Weekend Max Mara.

Der gesteppte Mantel mit seiner englischen Note, das mit Blumenmustern bedruckte, fliessende Kleid, der Strickpullover mit Vintage-Touch und – Chambers’ Markenzeichen – der extravagante Schmuck. Eine Vielzahl an Texturen, Mustern, Farben; auch die neue Kapselkollektion trägt ihren unverkennbaren Stil. Wie ein schönes, altes Haus mit schrägen Böden und eleganten Tapeten, wo eine Unmenge an Fotos, Büchern und Muscheln aus den Strandferien die Regale zieren und farbige Plaids auf Chaiselongues drapiert sind. Genau wie ein solches Haus gleicht auch ihr Stil einer wie selbstverständlich kuratierten Sammlung von Leben.

annabelle: Lucinda Chambers, Sie können aus den unmöglichsten Kombinationen eine perfekte Harmonie schaffen. Wie gut haben Sie und Weekend Max Mara zusammengepasst?
Lucinda Chambers: Ich habe schon einmal beratend für Sportmax gearbeitet, das auch zur Max-Mara-Gruppe gehört. Also fühlte sich die Kollaboration mit Weekend Max Mara ein bisschen wie eine Heimkehr an. Es war gleichzeitig familiär und aufregend. Ich habe absolut keine Anleitung bekommen, hatte komplett freie Hand. Ich mag, wofür Weekend Max Mara steht, stilvoller Komfort und Entspannung, ein echter Lifestyle-Brand. Für mich war das Neuland.

Wie meinen Sie das?
Ich bin ein Arbeitstier. Wenn ich über Kleider nachdenke, dann denke ich daran, wie man sie bei der Arbeit trägt oder bei der Erholung von der Arbeit. Ich denke also über ihren Zweck nach. Aber bei Weekend Max Mara geht es um mehr als die Arbeit oder den Feierabend, nämlich darum, wie man sein Leben lebt.

Trotzdem, neu war das für Sie kaum, schliesslich haben Sie in Ihrer langen Karriere mit Mode in allen Facetten gearbeitet.
Ja, ich hoffe tatsächlich, dass ich diese Idee von Mode zum Ausdruck bringen konnte: Ich war immer an der Art interessiert, wie man Kleider trägt. An der Freude, die sie verbreiten. Und nicht so sehr an der Frage, ob etwas modisch oder luxuriös ist. Vielleicht sind dieses Interesse und die Arbeit für ein Hochglanzmagazin eine fehlerhafte Kombination.

Vergangenes Jahr haben Sie zusammen mit der ehemaligen «Vogue»-Redaktorin Serena Hood den Onlineshop Collagerie gegründet. Passt diese Plattform besser zu Ihrer Idee von Mode?
Auch ein Luxusprodukt kann bedeutungsvoll sein, wenn es keine Trophäe ist. Denken Sie etwa an eine schöne, handgemachte Tasche, für die man spart, an die man ständig denken muss und die einem lang erhalten bleibt. Während des Lockdown habe ich die alten Stücke aus meinem Kleiderschrank neu entdeckt. Einige von ihnen trage ich wieder, vielleicht einfach ein bisschen anders als früher. Das ist es, was ich an der Mode so sehr liebe. Sie lässt dich die Dinge mit anderen Augen sehen. In diesem Punkt ist die Frau, die bei Collagerie kauft, der Weekend-Max-Mara-Kundin ähnlich: Sie erneuert nicht jede Saison ihre komplette Garderobe, sondern ergänzt sie um Stücke, die sie wirklich liebt. So entsteht ein kluger, bedeutungsvoller Mix aus alten und neuen Stücken, preiswerten Highstreet-Klamotten, Nischenbrands und Luxusmode.

Ihre Kollektion für Weekend Max Mara heisst «Re-Find». Was haben Sie denn wiedergefunden?
Textilien aus dem Archiv von Weekend Max Mara, für deren Qualität der Brand bekannt ist: der feinste Kaschmir, die beste Baumwolle, die leichteste Seide. Ganz am Anfang aber hatte ich diese Vorstellung von Lagerhäusern voller Materialien, die aus irgendeinem Grund übrig geblieben sind. Ich dachte mir: Wäre es nicht fantastisch, eine Kollektion zu entwerfen, für die nichts Neues produziert werden muss? Aber das Grossartige an der Max-Mara-Gruppe ist, dass sie absolut alles verwertet.

Die Mode-Industrie ist sich schon lang einig: Das System Mode ist kaputt. Woran krankt die Branche in Ihren Augen?
Die Mode ist an einem extremen Punkt angelangt, vielleicht an einem Wendepunkt: Die grossen Brands bieten den Journalisten so viele aussergewöhnliche Erlebnisse, dass diese ihrem eigentlichen Job kaum mehr nachkommen können. Ständig sitzen sie in einem Flugzeug, an einem Dinner. Das wurde zunehmend zum Problem. Und wie sollen kleinere Brands da mithalten? Ein weiteres Problem ist die grosse Verantwortung, die auf den Schultern der Designer lastet. Sie sind heute nicht allein für das Design von immer mehr und mehr Kollektionen verantwortlich, sondern auch noch für das Marketing, den Verkauf… Man erwartet von ihnen, dass sie den Modehäusern in nur drei Saisons ein komplett neues Image verpassen. Das ist unmöglich.

Immer mehr Brands und Brancheninsider machen sich für mehr Authentizität, Diversität und Nachhaltigkeit stark. Sind das mehr als Lippenbekenntnisse?
Natürlich ist es schwierig, echte Veränderungen von PR-Massnahmen zu unterscheiden. Aber man sollte nicht zynisch werden. Es gibt so viel Auseinandersetzung mit diesen Themen, so viele positive Initiativen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass alles beim Alten bleibt.

Sie haben in der Vergangenheit die fehlende Fehlerkultur in der Modebranche beklagt. Hat sich das verändert?
Es gibt Leute, die offen zu ihren Fehlern stehen. Wie Anna Wintour, die sich öffentlich für ihr verletzendes Verhalten gegenüber einer Mitarbeiterin entschuldigt hat. Man lernt nur aus seinem Scheitern, nur aus dem Unglück. Aber ich habe auch Verständnis dafür, dass Menschen vorsichtig sind. Denn Offenheit macht verletzlich, nicht jeder kann sie sich leisten.

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1.

Topmodel und Sängerin Karen Elson verkörpert die Idee der Kapselkollektion perfekt

2.

Eine Vielzahl an Texturen, Mustern, Farben: Chambers’ Mini-Kollektion «Re-Find» mit Weekend Max Mara.

3.

Typisch Chambers und typisch Weekend Max Mara: Stilvoller und maximal kombinierbarer Komfort.