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Haare ausreissen und Nägel beissen, adieu! Tipps aus der Krise heraus

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Haare ausreissen und Nägel beissen, adieu! Tipps aus der Krise heraus

  • Text: Olivia Goricanec; Fotos: Pexels, Fabienne Montepeque, Nenad Kovacic

In der aktuellen Pandemie-Zeit kämpfen viele Menschen mit Ängsten, Unruhe und Unsicherheiten. So entschleunigt es auf den Schweizer Strassen momentan aussieht, so hektisch und unruhig fühlt sich unser Innenleben an. Wir haben eine Yogalehrerin und Ayurveda-Ernährungs- und Gesundheitsberaterin um Rat gefragt.

annabelle.ch: Isabelle Stüssi, was passiert mit unserem Körper und Geist während einer solchen Ausnahmesituation wie der jetzigen?
Isabelle Stüssi: Bei innerer Unruhe und Ängsten gerät aus ayurvedischer Perspektive das Vata-Dosha aus der Balance. Diese Bioenergie im Körper wird mit den Elementen Luft und Raum in Verbindung gebracht und ist das Bewegungsprinzip in unserem Körper. Es ist das feinstofflichste aller Doshas (Anm. d. R.: In der ayurverdischen Lehre gibt es insgesamt drei Funktionsprinzipien oder Bioenergien, sogenannte Doshas. Es sind dies Vata, Pitta und Kapha.). Das Vata-Dosha kommt daher am schnellsten aus der Ruhe. Die Folgen sind oder können sein: innere Unruhe, depressive Verstimmungen, schlechte Verdauung mit Blähungen und oft trockenem Stuhl, Fahrigkeit, Nerven, die blank liegen.

Was kann man dagegen tun?
Wir Menschen müssen lernen, dass es immer Schmerz in unserem Leben geben wird. Und dass die Umstände in der Welt ständig in Veränderung sind. Alles, was wir tun können, ist, unsere innere Haltung zu den äusseren Umständen zu ändern. Das Ziel ist es, einen Geisteszustand von Gleichmut zu finden. Wenn man erreicht, emotional bei sich zu bleiben – egal ob es dabei draussen stürmt oder sonnig ist –, steht einem erfüllten Leben nichts mehr im Weg. Dann kann man alles meistern und mit Leichtigkeit durchs Leben gehen. Das heisst aber nicht, dass man nie mehr Schmerz oder Leid erfährt. Man hat jedoch mit dem Wissen aus Yoga und Ayurveda einen Weg, eine Technik zur Hand, um besser mit solchen Situationen umzugehen und sich nicht quälen zu lassen.

Das Ziel ist es also, unseren Mindset zu trainieren, um schneller wieder zur Ruhe zu kommen. Und dabei sollen Yoga und Meditation helfen?
Yoga und Meditation sind bewährte Techniken, um Ruhe zu finden und zu bewahren. Folgende Tipps können helfen, auch für Menschen, die sich sonst nicht mit Yoga oder Meditation befassen.

 

Ayurveda

Eine Fuss-Selbstmassage (Padabhyanga) vor dem Zubettgehen kann sehr entspannend wirken und für einen erholsamen Schlaf sorgen. Diese wohltuende Massage beruhigt vor allem das Vata-Dosha, sie wirkt erdend und reduziert Stress.

  • 2 bis 3 Tropfen eines ätherischen Öls mit einem Trägeröl wie Mandel- oder Sesamöl mischen.
  • Kamille, Lavendel, Zitronenmelisse, Sandelholz, Fenchel, Eukalyptus und Vanille sind beruhigende ätherische Öle.
  • Ablauf:
    • Beim Fussgelenk beginnen. Das Öl ist kreisenden Bewegungen in das Sprunggelenk einmassieren. Auch Innen- und Aussenseite des Knöchels massieren.
    • Der Achillessehne entlang zwickende Bewegungen von oben nach unten machen. Mehrere Durchläufe.
    • Auf dem Fussrücken mit dem Daumen vom Sprunggelenk zwischen den Sehnen zu den Zehenzwischenräumen streichen.
    • Die Zehen massieren, indem man auf beiden Seiten vom Ansatz der Zehen leicht nach oben zieht und lockert. Mit der grossen Zehe beginnen und mit der kleinen Zehe enden.
    • Auf der Fusssohle die Zehenballen der grossen Zehe, der dritten Zehe und der kleinsten Zehe in kreisenden Bewegungen massieren.
    • Die Massage mit dem Nierenpunkt in der Mitte der Fusssohle beenden.

 

Yoga: Grounding-Sequenz

Diese Serie arbeitet auf der Ebene des sogenannten Muladhara-Chakra, des Wurzelchakra, das seinen Sitz zwischen dem Perineum (Damm) und dem Steissbein hat. Dazu braucht es idealerweise zwei Decken, zwei bis vier Blöcke und einen Gurt. Statt den Blöcken können auch dicke Bücher helfen. (In der Bildgalerie zeigt uns Isabelle Stüssi die jeweilige Stellung gleich selbst.)

  • Stellung des Kinds (Balasana) einnehmen (Abb. 1, 2), 10 lange Atemzüge
  • Katze-Kuh-Stellung (Bitilasana/Marjaryasana) machen (Abb. 3, 4), 10 Runden dynamisch, einatmen in der Kuh, ausatmen in der Katze.
  • In sitzender Vorbeuge (Paschimottanasana) (Abb. 5) 20 lange Atemzüge tun: auf 2 Decken oder Kissen sitzen. Knie anwinkeln. Nach vorn beugen und Achseln auf die gebeugten Knie bringen. Den Kontakt halten. Hände auf Fusssohlen legen. Blöcke zwischen die Beine in einem umgekehrten T aufstellen, um den Kopf auszuruhen. Die Sitzhöcker in der Pose von den Hüften weg nach hinten orientieren, das schafft Raum im unteren Rücken, während sich die Füsse geflext energetisch nach vor bewegen, ohne dass man den Kontakt der Knie zu den Achselhöhlen verliert. In dieser archetypischen Pose suchen wir Erdung, Kontakt mit uns selbst und sind ein geschlossener Kreislauf.
  • Kopf-Knie-Stellung (Janu Sirsasana) (Abb. 6, 7, 8): rechtes Bein strecken, linkes Knie anwinkeln und zur Innenseite des rechten Innenschenkels pressen. Wenn das linke Knie nicht auf dem Boden ist, bitte ein Kissen oder eine gerollte Decke unter das Knie bringen. Seite wechseln.
  • Taube (Eka Pada Rajakapotasana) (Abb. 9, 10, 11): 2 Decken bereitstellen und der Länge nach falten. Über den herabschauenden Hund den rechten Fuss nach vorn zwischen die Hände bringen, das Bein zur rechten Seite öffnen, sodass das Knie einen spitzen Winkel bildet, und das Knie ablegen. Jetzt die Decken gleichmässig unter die Hüften verteilen. Sie dienen als erhöhten Thron. Man kann dazu ein Kissen unter den Oberkörper und einen Block quer unter den Stirnraum legen. 10 lange Atemzüge in dieser Position bleiben. Betonung auf die Ausatmung. Seite wechseln.
  • Savasana (Abb. 12, 13): Auf den Rücken liegen, Handflächen nach oben zur Zimmerdecke ausrichten. Augen schliessen und sich für 20 Atemzüge von der Erde tragen lassen.

 

Atempraxis (Pranayama): Die Wechselatmung (Nadi Shodhana)

Wechselatmung balanciert die solare und lunare Seite. Etwas weniger esoterisch bedeutet dies, dass unser Parasympathikus und Sympathikus ausgeglichen werden und der Körper in einen Gleichgewichtszustand kommt. Die Übung klärt den Geist und stimuliert unsere Zirbeldrüse (eine kleine Drüse im Zentrum des Gehirns), was wiederum zu einer «Erfrischung» des Kopfes und zu einer inneren Ruhe führt.

  • Insgesamt 10 Runden oder bis zu 5 Minuten sind ausreichend.
  • Anleitung:
    • Rechte Hand vor das Gesicht nehmen. Zeige- und Mittelfinger nach unten auf die Handfläche klappen. Der Ring- und der kleine Finger bleiben gerade. (Abb. 14)
    • Den Daumen zum rechten Nasenflügel und den Ringfinger zum linken Nasenflügel nehmen.
    • Eine Atmung durch beide Nasenflügel machen. Ganz normal durch beide ausatmen.
    • Am Ende dieser Ausatmung den rechten Nasenflügel verschliessen und eine Einatmung über links machen.
    • Mit dem Ringfinger den linken Nasenflügel schliessen und über den rechten Nasenflügel ausatmen.
    • Einatmen auf der rechten Seite, den rechten Nasenflügel wieder schliessen und über links ausatmen.
    • So fortfahren und darauf achten, dass Ein- und Ausatmung gleichmässig sind.

 

Meditation

  • Nichts führt an der Meditation vorbei. Hier können wir unseren Geist schleifen wie ein Reiskorn für den Sake.
  • Der Geist ist der grösste aller Trickster. Ständig tanzen tausend Affen im Geist herum.
  • Ängste sind wie Gespenster und Illusionen. Man soll sich auch mal erlauben, seine Ängste wahrzunehmen und zu reflektieren.
  • Grundsätzlich: Man muss nicht stundenlang meditieren. Wenige Minuten pro Tag reichen, dafür ist eine regelmässige Praxis fruchtbar.
  • Es gibt sehr viele Techniken, hier sind zwei einfache Methoden, um einen Einstieg zu finden:
    • Sich bequem hinsetzen. Beobachten, wie sich der Körper anfühlt, wie die Atmung fliesst. Man sollte dabei nichts analysieren oder feststellen. Es handelt sich um eine reine Beobachtung. Wenn der Geist einen ablenkt, sich selber beobachten; Handelt es sich um eine Emotion oder um einen Gedanken? Dieses Gefühl abhaken und weiter sein Inneres beobachten.
    • Eine weitere Technik ist es, mit Mantras zu arbeiten. Das sind heilige Silben, Wörter oder Verse. Im Wort «Mantra» steht das Sanskritwort «manas», was Geist bedeutet. Im Yoga bindet man mittels Mantras den Geist an, wir praktizieren das sogenannte Japa, die Mantra-Rezitation. Sie ist das wichtigste Werkzeug und das natürlichste Antidepressivum, um Depressionen und Ängste zu überwinden. Verwende das Bija- beziehungsweise das Kern-Mantra des Gottes Ganesha, des Elefantenköpfigen Gottes. Er steht für Neubeginn und ist Herrr über Hindernisse. Das Mantra heisst «Gam». Sich auf einem Kissen oder eine Decke hinsetzen, damit die Hüfte höher als die Knie ist: 11-mal «Gam» hintereinander laut sagen oder sogar singen. In der Mediation sitzen, solang es sich gut anfühlt, danach auflösen.

 

Ernährung

  • Es ist sehr wichtig, regelmässige Essenszeiten einzuhalten.
  • Die Mahlzeiten vermehrt mit Gewürzen wie Fenchelsamen, Anissamen und Kreuzkümmel kochen, das wirkt entblähend und stärkt das Immunsystem. Man kann mit dieser Gewürzmischung auch einen Tee aufbrühen und über den Tag verteilt trinken.
  • Generell sollte man warme Eintöpfe oder zumindest warme Gerichte geniessen, die mindestens einen feuchten, sogenannten «schlürfbaren» Teil wie Suppen oder Curries, beinhalten.
  • Wichtig ist auch, dass ein Anteil der Mahlzeit aus gesunden Vollwertgetreiden oder gemischt mit Hülsenfrüchten und frischen Kräutern besteht.
  • Zusätzlich einen Esslöffel Ghee (geklärte Butter) oder Sesamöl auf das Essen geben.
  • Am Abend sollten keine kalten Speisen und Salate gegessen werden. Das ist für unseren Magen viel zu schwer verdaulich und kann zu schlechtem Schlaf führen.
  • Beim Frühstück sollte man eine gewisse Zeit auf kaltes Brot und Konfitüre verzichten. Dafür den Tag mit einem leichten und warmen Reisporridge starten oder mit einer Schale von frischen Früchten. Beispiel: aktuell frische Beeren zu einem warmen Kompott mit etwas Vanille, Dattelsirup erwärmen und mit angerösteten Cashews, Mandeln oder Sonnenblumenkernen servieren. 

 

 

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