Food
Tierisch gut: Drei vegane Rezepte aus aller Welt
- Text: Evelyne Emmisberger
- Bild: Vanessa Maas/Brandstätter-Verlag
Vegan ist Trend, doch die vielen veganen Kochbücher halten selten, was sie in Sachen Geschmack versprechen. Das von Katharina Seiser ist die Ausnahme.
Reden wir also über Geschmack. Und Genuss. Ich vermute mal, das sind die Gründe, warum du diese Zeilen liest: Du isst gern und noch lieber gut. Und genau darum geht es auch im zweiten veganen Kochbuch der Wiener Autorin Katharina Seiser. Anstelle von moralischen Appellen serviert sie fantastische Gerichte aus aller Welt, die schon vegan waren, bevor es das Wort überhaupt gab (das taucht 1962 im Oxford English Dictionary erstmals auf). Logischerweise ohne «Ersatzprodukte».
Von gebratenen Lauchtaschen mit Koriander-Chutney aus Afghanistan, Kimchi-Pfannkuchen aus Korea, Bialy mit Mohn-Zwiebel-Füllung aus Polen, Sellerie in Orangensauce aus der Türkei bis zur weissen Gazpacho aus Spanien: Selbst der hungrigste Fleischtiger wird nach diesen Leckerbissen schnurren wie ein Kätzchen! Die Rezepte sind teilweise aufwendig, wie es halt ist bei traditionellen Gerichten. Doch auch weniger geübte Köch:innen werden daran nicht scheitern – denn die Anleitungen sind mit ebenso viel liebevoller Akribie verfasst wie die Register (nach Ländern und Zutaten) oder die Exkurse in die pflanzliche Speisekammer.
Dass es eine gute Sache ist, weniger oder gar keine tierischen Produkte zu essen – für die Tiere, das Klima, für uns – steht ausser Frage. Dass es auch so gut schmeckt, macht Freude. Und Hoffnung.
Bild: Vanessa Maas/Brandstätter-Verlag
Kalte Mandelsuppe mit Knoblauch – Ajoblanco (Spanien)
Die weisse Schwester der Gazpacho andaluz: seit dem Mittelalter bekannt, sehr einfach und ebenso köstlich wie erfrischend.
Für 4 Personen
100–120 g altbackenes Weissbrot (kann ruhig 2–3 Tage alt, aber noch nicht steinhart sein)
150 g blanchierte Mandeln
2 nicht zu grosse frische Knoblauchzehen
ca. 2 EL weisser Balsamico (Condimento bianco) oder Sherry-Essig
ca. 2 TL Salz
weisser Pfeffer aus der Mühle
75 ml Olivenöl (am besten spanisches)
1 Handvoll kleine weisse aromatische Trauben
1–2 Scheiben 1–2 Tage altes Weissbrot für Croûtons
Olivenöl zum Beträufeln
So geht’s:
Altbackenes Weissbrot für die Suppe entrinden, zerzupfen und im Mixbehälter des Standmixers in zirka 250 Milliliter/ Gramm Wasser mindestens 10 Minuten einweichen.
Mandeln in einer Pfanne ohne Fett bei mittlerer Hitze unter häufigem Rütteln rösten, bis sie zu bräunen beginnen. Zum eingeweichten Weissbrot geben.
Knoblauch schälen, mit dem Essig in den Mixer geben. 500 Milliliter/Gramm Wasser bereitstellen. Mixen, bis ein sämiges Püree entsteht, allenfalls schon etwas vom Wasser zugeben, falls das Püree zu trocken ist (aber nur schluckweise, sonst pürieren die Mandeln nicht fein).
Erst bei homogener Konsistenz restliches Wasser einmixen. Das dauert ein paar Minuten, die Konsistenz soll so glatt wie möglich sein. Salzen und pfeffern. Zum Schluss Olivenöl einmixen. Mit Salz und Essig abschmecken – die Suppe soll eine zarte Säurenote haben. Suppe nach Wunsch durch ein Sieb in eine Schüssel oder einen Krug seihen, im Kühlschrank 1 bis 2 Stunden durchkühlen. Trauben waschen, halbieren und entkernen. Brot in Würfel schneiden, in einer Pfanne in 1 bis 2 Esslöffel Olivenöl bei mittlerer Hitze rundum goldbraun rösten. Suppe umrühren, in kleinen Schalen anrichten, mit Trauben und Croûtons bestreuen, mit Olivenöl beträufeln.
Tipps von Katharina Seiser:
Hält ein paar Tage im Kühlschrank, aber der Knoblauch wird dabei immer vorlauter. Wer die Ajoblanco im Voraus zubereitet, sollte daher lieber weniger Knoblauch verwenden. Statt mit Weintrauben mit ersten klein gewürfelten, knackigen säuerlichen Sommeräpfeln servieren. Oder mit reifer Honig- oder anderer Zuckermelone.
Tipps von mir:
Ich habe das Brot mit Rinde verwendet – die Suppe war dann nicht so schön hell, aber geschmeckt hat es trotzdem wunderbar. Und weil Trauben grad nicht Saison haben, kann ich Katharina Seisers Alternative mit der Melone wärmstens empfehlen.
Bild: Vanessa Maas/Brandstätter-Verlag
Gebratene Lauchtaschen mit Koriander-Chutney – Bolani, Chatni gashneez (Afghanistan)
Die knusprigen, herzhaft gefüllten Teigtaschen aus der Pfanne ähneln türkischen Gözleme und sind das Richtige für Fans von Lauchgewächsen.
Für 8 Teigtaschen und 2 bis 3 Personen
Füllung
100 g mehlig kochende Kartoffeln
Salz
200–250 g Lauch
1 Frühlingszwiebel
1/4 TL Chilipulver (nach Geschmack)
Teig
200 g Weizenmehl (Typ D 550, Ö 700 glatt) + Mehl zum Arbeiten
3 g (1/2 TL) Salz
1 TL neutrales Pflanzenöl, z. B. Sonnenblumenöl, oder Olivenöl
120 ml/g lauwarmes Wasser
Koriander-Chutney
50 g frischer Koriander
1/2–1 kleine scharfe grüne Chilischote
1 kleine Knoblauchzehe
30 g Walnusskerne
1 Prise Salz
2 EL frisch gepresster Zitronensaft
1 EL Apfelessig
ca. 3–4 EL neutrales Pflanzenöl oder Olivenöl zum Braten
So wird’s gemacht:
Für die Füllung gewaschene Kartoffeln ungeschält in einem Topf mit kaltem Salzwasser aufkochen und zirka 20 bis 25 Minuten weich kochen (mit Küchenmesserspitze testen). Kurz ausdampfen lassen, schälen und mit einer Gabel fein zerdrücken oder mit einer Kartoffelwiege passieren. Für den Teig in einer Rührschüssel Mehl mit Salz und Öl mit den Knethaken des Handmixers verbröseln, Wasser einkneten, bis sich der Teig zusammenballt. Mit den Händen zuerst kurz in der Schüssel, dann 2 bis 3 Minuten auf der bemehlten Arbeitsfläche zu einem glatten Teig kneten. Zu einer Kugel formen, mit Geschirrtuch oder Schüssel bedeckt zirka 30 Minuten ruhen lassen.
Lauch längs halbieren, mit einem scharfen Messer inklusive des schönen Grüns längs in maximal 5 Millimeter breite Streifen schneiden, diese dann quer fein schneiden. Lauch in einer Schüssel mit kaltem Wasser gründlich waschen, in einem Sieb sehr gut abtropfen lassen. Frühlingszwiebel waschen, putzen und inklusive Grün fein hacken. Lauch und Frühlingszwiebel in einer Schüssel mit Salz gründlich verkneten, damit der Lauch etwas weicher wird. Mit Chili und passierten Kartoffeln mischen, mit Salz abschmecken.
Für das Chutney Koriander waschen und tropfnass mit Stielen grob hacken. Chili waschen, Strunk und allenfalls Samen entfernen, Chili grob schneiden. Knoblauch schälen, halbieren, Keim entfernen, Knoblauch grob schneiden. Koriander, Chili und Knoblauch in den Universalzerkleinerer geben, Walnussstücke darauf, Salz dazu. Zu einer homogenen Paste mixen. Zitronensaft, Essig und 2 bis 3 Esslöffel Wasser einlaufen lassen. Das Chutney wird heller und emulgiert. Abschmecken.
Teigkugel achteln (am besten mit 4 Schnitten über Kreuz), 8 Kugeln formen, diese auf der leicht bemehlten Arbeitsfläche mit bemehltem Wallholz möglichst rund und dünn (ca. 15 Zentimeter Durchmesser) ausrollen. Auf der Hälfte des Teigkreises bis knapp zum Rand mit einem Esslöffel oder Teigspatel je 1/8 der Füllung verteilen. Rand mit dem Finger mit etwas kaltem Wasser befeuchten. Ungefüllte Teighälfte über die gefüllte klappen, Luftblasen heraus- und den Rand behutsam, aber fest zudrücken. Mit restlichen Teigkugeln ebenso verfahren, leicht bemehlte Teigtaschen nebeneinander auf einem grossen Brett oder Teller ablegen.
In einer beschichteten Pfanne zirka 2 Teelöffel Öl erhitzen. Teigtaschen einlegen, mit einer Gabel mehrmals an der Oberfläche einstechen, damit sich keine Blasen bilden. Auf mittlerer Hitze pro Seite zirka 3 bis 4 Minuten hellbraun braten. Restliche Teigtaschen ebenso braten. Heiss mit Chutney servieren.
Tipps von Katharina Seiser:
Übrig gebliebene, im Kühlschrank gelagerte Bolani im vorgeheizten Ofen bei 180 Grad Ober-/Unterhitze etwa 10 Minuten aufwärmen.
Tipp von mir:
Teigtaschen unbedingt sofort braten. Ich habe sie einige Stunden im Voraus zubereitet und als der Besuch da war, waren die liebevoll gebastelten Taschen ein Matsch aus Teig und Lauch. Was sich mit ein bisschen Nachdenken (rohes Gemüse enthält Wasser und trifft auf dünnen Teig aus Mehl und Wasser) hätte vermeiden lassen, genauso wie den peinlich- pubertären Wutanfall.
Bild: Vanessa Maas/Brandstätter-Verlag
Kalter Beerengriess – Vispipuuro/Klappgröt (Finnland/Schweden)
Diese sehr fruchtige Griessspeise ist einfach gemacht und hat eine spektakuläre, crèmigleichte Konsistenz. Fürs Gelingen sind zwei Dinge wichtig: die richtige Menge Griess und das komplette Durchkühlen vor dem geduldigen Aufschlagen.
Für 4 bis 6 Personen
100 g rote Johannisbeeren
250 g Himbeeren
350 ml/g Wasser
ca. 70 g Zucker
ca. 50–55 g feiner Weizengriess
1 gute Prise Salz
evtl. 2–3 EL Mandelblättchen zum Servieren
evtl. frische Beeren zum Servieren
So gelingt’s:
Am besten am Vorabend beginnen: Johannisbeeren waschen und in einen Topf rebeln. Himbeeren, Wasser und Zucker dazugeben. Langsam aufkochen, bis sich der Zucker gelöst hat, dann 5 Minuten bei mittlerer Flamme kochen lassen. Abseihen, gut ausdrücken und den gewonnen Sirup abwiegen, es sollten zirka 500 bis 550 Gramm sein. In den Topf zurückgeben, 10 Prozent vom Gewicht (also ca. 50 bis 55 Gramm) Weizengriess einrieseln lassen und mit dem Schneebesen rühren. Salz dazugeben. Unter Rühren aufkochen, eventuell mit weiteren 2 bis 3 Teelöffeln Zucker abschmecken, falls die Beeren sehr sauer sind, und 3 bis 5 Minuten unter Rühren kochen lassen. In eine Schüssel füllen und auskühlen lassen. Dann gut zugedeckt mindestens 2 Stunden, besser über Nacht, im Kühlschrank komplett durchkühlen lassen.
Am nächsten Morgen falls gewünscht Mandelblättchen in einer Pfanne ohne Fett bei mittlerer Hitze unter häufigem Rütteln goldbraun rösten. Die nun feste, eiskalte Beeren- Griess-Masse mit dem Handmixer (oder mit dem Schneebesen der Küchenmaschine) auf hoher Stufe zirka 5 Minuten aufmixen, bis der Beerengriess heller und crèmig wird und an Volumen und Schaumigkeit zunimmt. Sofort in Schalen anrichten und nach Wunsch mit frischen Beeren und/oder gerösteten Mandelblättchen servieren.
Tipps von Katharina Seiser:
Wer es eilig hat, kann den heissen Beerengriess auch in einer Schüssel mit Eiswasser unter öfterem Rühren abkühlen. Er muss aber wirklich kalt sein, sonst funktioniert das Aufschlagen nicht. Hält ein paar Tage im Kühlschrank. Statt Himbeeren und Johannisbeeren kann man natürlich auch andere Beeren verwenden, in Skandinavien sind Preiselbeeren sehr beliebt. Oft wird Vispipuuro (oder Klappgröt in Schweden) einfach aus rotem Fruchtsirup (zum Beispiel Himbeer- oder Preiselbeersirup) gemacht. Der schwedische Koch Magnus Nilsson empfiehlt, dafür den Sirup 1:1 mit Wasser zu verdünnen und dann als Ausgangsbasis zu verwenden.
Tipp von mir:
Schmeckt auch mit sehr feinem Maisgriess (Polenta).
Katharina Seiser: Immer wieder vegan. Das Beste der traditionellen pflanzlichen Küche aus aller Welt. Brandstätter-Verlag, 2020, 192 Seiten, ca. 42 Fr.