Dass die Mode auch mal mit Disharmonien kokettiert, ist voll okay. Deswegen muss man die Ästhetik nicht mit Füssen treten.
Diese Saison machte sich auf den Laufstegen ein eindeutiger Trend breit. So breit, dass er – wenn auch äusserst unerfreulich – einfach nicht zu ignorieren ist: der Ugly Shoe. Ja, die Bezeichnung ist selbsterklärend, die Brands wetteiferten darum, wer den häss- lichsten Schuh kreieren kann. Anwärter gab es wahrlich viele: Balenciaga, Fenty Puma, Christopher Kane, Loewe, Vetements. Da war vom neonfarbe- nen Plateau-Croc, über den Narren-Schnürer bis hin zum Quadratlatschen-Dad-Sneaker alles dabei.
Warum nur? Nun, die Mode auf dem Runway muss heute vor allem eins sein: instagramable. Details, wie Schuhe oder Taschen – also einzelne Objekte –, eignen sich da besonders gut. Den Followern gefällt das Gefühl, wie herangezoomt durch die Augen des Influencers sehen zu können, Total-Looks gehen auf den kleinen Bildschirmen der Smartphones im Battle der bunten Nahaufnahmen unter. Aber warum um alles in der Welt müssen die Sujets dieser Nahaufnahmen dann hässlich sein? Nun: weil ein quietsch- gelber Croc mit Comicverzierung einfach für mehr Erstaunen sorgt als ein schwarzer Pumps. Weil Hässlichkeit in einer schön-optimierten Welt das letzte Tabu ist. Will man deswegen aber wirklich aussehen wie der Vater aus «Ein Hund namens Beethoven» – nur weil es auffällt? Und jetzt kommen Sie mir nicht mit Humor. Ich weiss, dass das witzig sein soll. Also so witzig wie Bad-Taste-Parties? Wann waren die nochmal zuletzt witzig? Ach, richtig: nie!
Interessant ist, dass alle Ugly Shoes von der bequemen Sorte sind. Der Croc, der Birkenstock, der Sneaker, die Badelatsche. Ist Ugly Fashion womöglich als feministisches Statement zu werten? Verbrennen wir demnächst die Highheels? Glauben Sie mir, so intelligent ist Ugly Fashion nicht. Sie schreit einfach nur nach Aufmerksamkeit. Sie ist Mode gewordene Social-Media-Eitelkeit: Ugly Fashion garantiert, dass alle hinsehen. Und wenn es kopfschüttelnd ist. Das Allerschlimmste ist nun mal, wenn keiner reagiert.
Die Mode hatte ja schon immer eine Liaison mit der Ironie, man denke an Pradas «Jolie-Laide»- Kollektion (frz. hübsch-hässlich) 1996 oder Célines Birkenstock-Ausraster 2013. Nur waren das intelligente Ansätze, originelle Kommentare auf den Zeitgeist. Die vermeintlich provokanten Schuhe von jetzt haben mit jolie laide nichts zu tun. Sie sind laide laide. Wo soll denn da der Bruch sein? Brauchen wir in einer Zeit, in der wir uns nicht einmal mehr dem Wahrheitsgehalt gewisser Nachrichtensender sicher sein können, geschweige denn dem Wort eines US-Präsidenten, wirklich noch mehr Ironie? Gegen Humor ist nichts zu sagen, aber wenn man Hässlichkeit einsetzt, um anderen zu gefallen, wird man zum Opfer der Ironie. Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Aber Achtung: Manchmal ist der Betrachter blind.