Fashion
Fashion Weekly: Mode für die Ukraine
Jana Schibli
Redaktorin
In unserer Rubrik «Fashion Weekly» schaut dieses Mal Redaktorin Jana Schibli zurück auf die Mode-Woche – und versorgt euch mit Gossip, News und den wichtigsten Highlights.
Wie (und warum) soll Mode Stellung nehmen?
Schon letzte Woche stellte sich unsere Mode- und Lifestyle-Redaktion die Frage: «Wie berichtet man von der Fashion Week in Mailand, während 2000 Kilometer östlich ein Krieg beginnt?» Nun ist aus Mailand Paris geworden und aus dem Beginn eines Krieges ein andauernder Krieg mit Tausenden von Opfern und über eine Million Flüchtenden. Abgesehen von Giorgio Armani, der seine Show am Sonntag aus Respekt den Ukrainer:innen gegenüber in Stille abhielt, und einigen gelb-blauen Looks in der Marni-Show drehte sich das Modekarussell fast eine Woche lang mehr oder weniger munter weiter. Doch müsste man nicht etwas tun? Etwas sagen?
Unbedingt, findet unsere Chefredaktorin Jacqueline Krause-Blouin in ihrem Meinungstext: «Ich verlange keine überstürzten politischen Manifestationen, aber wenn schon die Augen der Weltöffentlichkeit auf einen gerichtet sind, zählt jede noch so kleine Geste.» Neben solidarischen Statements, Verkaufsembargos nach Russland und öffentlichen Spenden (sowie Aufrufen dazu) können Designer:innen auch ihre Kollektionen nutzen, um Geld für humanitäre Hilfe in der Ukraine zu sammeln. Wir haben eine Auswahl an Kollektionen zusammengestellt, deren Erlöse vollständig gespendet werden.
Diese Kollektionen kommen der Ukraine zugute
Julian Zigerli: Bandanas for Ukraine Support
Der Zürcher Designer spendet die Profite seiner blauen und gelben Paisley-Bandannas (55 Fr.) an Ukraine-basierte Hilfswerke.
Bureau Bond und Fidea Design: Stand with Ukraine
Innerhalb weniger Tage stellten die Luzerner Grafikdesignerin Dominique Fischer und die Co-Geschäftsführerinnen des Labels Fidea Design eine kleine Kollektion zusammen, deren gesamten Erlöse an die Glückskette Schweiz gehen. Das Sujet auf dem Seidenfoulard (200 Fr.) und den beiden Postern (28 Fr.)? Eine Friedenstaube und die Schriftzüge «#standwithukraine» und «freedom», ganz in Blau, Gelb und Weiss gehalten.
Elleme: #stopwar
Das Pariser Label spendet den Gewinn all seiner blauen und gelben Produkte – pastellfarbene Kleider, Ledertaschen und -schuhe, ab ca. 180 Fr. – an Unicef Frankreich.
DressX: Support Ukraine Collection
Auch mit digitaler Mode lassen sich Spenden sammeln: Die Gründer:innen des virtuellen Modelabels DressX kommen aus der Ukraine und spenden die Erlöse ihrer vierteiligen, extra entwickelten Kollektion (ab ca. 23 Fr.) an das ukrainische Verteidigungsministerium und weitere Hilfsorganisationen.
Collina Strada
Bis Ende Woche spendet die New Yorker Designerin Hillary Taymour sämtliche Erlöse ihres Labels an die Charity «United Help UA for Ukraine». Das sind zum Beispiel Socken mit Sternenprint (ca.64 Fr.) oder eine mit Glitzersteinen überzogene Wasserflasche (ca. 92 Fr.).
Du spendest lieber, ohne etwas zu kaufen? Hier findest du eine Liste von Hilfswerken und Initiativen, die die Leidtragenden des Krieges in der Ukraine unterstützen.
Zukunftsvisionen an der Paris Fashion Week
Während offene Briefe unterschrieben und Spenden angekündigt werden, laufen in Paris fast unaufhörlich Models über den Laufsteg. Die Zukunft ist ein ewiges Thema der Modewochen, werden doch die Garderoben der nächsten Saison präsentiert. Doch so einige Designer:innen nahmen das Futuristische diese Saison buchstäblicher auf: Bei Dior läutete Maria Grazia Chiuri «die nächste Ära» ein, wo neue Materialien und Technologien (leuchtende Bodysuits, Biker-inspirierte Korsette) mit klassischen Dior-Silhouetten (der Bar Suit, Chiuris fliessende Chiffonkleider) koexistieren.
Die Zukunft von Off-White ist nach dem unerwarteten Tod des Kreativdirektors Virgil Abloh letzten November ungewiss, über Nachfolger:innen wird nur gemunkelt. Wieso auch eilen, wenn Ablohs Vision noch immer Anklang findet? Seine Handschrift erstreckte sich über die ganze Herbstkollektion, von den kastig geschnittenen Anzügen bis hin zu den omnipräsenten Anführungs- und Schlusszeichen. Neu war die «Couture»-Portion der Show, die Bella Hadid im voluminösen Brautkleid und Sneakers einläutete, gefolgt von Models wie Naomi Campbell, Cindy Crawford und Tochter Kaia Gerber in viel Tüll und üppigen Hosenanzügen.
Und dann Mode, die für ihre Zukunftsvisionen zurückschaute: Die breiten Schultern, schmalen Hüften und langen Seidenkleider bei Saint Laurent wurden mit Unmengen von goldenen und silbernen Armreifen getragen, die an Yves Saint Laurents engste Vertraute und Schmuckdesignerin Loulou de la Falaise erinnerten. Kokon-artige Looks machten sich bei The Row über den Parkettboden – die Olsen-Zwillinge gastierten diese Saison in Paris und liessen Referenzen von Yohji Yamamoto bis Margiela in eine Kollektion einfliessen, die vor tragbaren Besonderheiten (extralange, spitze Krägen, kleine Pullis für Taschen, ein Kleid aus einer chartreusefarbenen Decke) nur so strotzt. Dries Van Noten blickte zurück auf die posthum entdeckten erotischen Polaroids des Fotografen Carlo Mollino und frönte seiner Liebe für Prints und kniehohe Stiefel.
Zurück an die Arbeit, schien hingegen die Stimmung bei den aufstrebenden Designtalenten der Pariser Modewoche zu lauten. Doch Le Smoking-artige Anzüge sucht man vergebens: Bei Coperni hatten die Jacketts Cut-outs und ein verwundenes Revers oder kamen in ultrakurz und mit passenden Miniskirt; bei Gauchère hatten sie tief angesetzte Schultern und wurden zu Jeans, Shorts und Lederhosen getragen. Sogar die Dänin Cecilie Bahnsen, Macherin von zuckersüssen, aufgeplusterten Kleidern, zeigte Hosenanzüge, in denen man im Büro auftauchen könnte. Und Ludovic de Saint Sernin, der grösste Fan von möglichst wenig Stoff? Er wagte sich an für den Tag taugliche Mode und zeigte Stricksets und Kleider mit Rollkragen. Aber keine Sorge: Kettentops, halb angezogene T-Shirts und Kleider mit hüfthohen Schlitzen stellten klar, dass der Designer nicht vorhat, die unverhohlene Sexyness hinter sich zu lassen.
Lukratives Bauchgefühl
Viel Haut zeigte auch ein besonders gern gesehener Gast der Fashion Week: Rihanna. Eigentlich ist, wenn es um ihre Outfits geht, alles beim (spektakulären) alten. Nur ist die Sängerin jetzt schwanger und ihre Armee an bewundernden Fans noch viel gehypter als sonst: Transparentes Tüllkleid – mit Bauch! Hautenges Lederkleid und Laufsteg-frische Diesel-Jacke – mit Bauch! Vintage Chanel-Jacke und weite, tief sitzende Jeans – mit Bauch! Ob ihre Looks das Klotzen statt Kaschieren in der Schwangerschaftsmode normalisieren? Auf jeden Fall scheint Rihanna mit den Goldketten von Chanel, die sie zum letzteren Outfit trug, schon einen Trend losgetreten zu haben: Laut der Modesuchmaschine Lyst sind Pageviews für Kettengürtel im Februar um 70 Prozent nach oben geschossen.