Fashion
Fashion Find: Warum bitte ist grad überall ne Schleife dran?
- Text: Linda Leitner
- Bild: Instagram/sissi_pohle; Collage: annabelle
Ein Look, ein Piece, ein Fashion-Moment: Was ihr wissen müsst, um diese Woche mitreden zu können, erfahrt ihr in unserer Rubrik Fashion Find. Dieses Mal mit Lifestyle Editor Linda Leitner.
Derzeit begiesst man keinen vorweihnachtlichen Abend ohne reich beschleiften Champagnerkelch. Die Flammen flackern besinnlich auf den Tischen diverser Christmas Dinner. Am Kerzenständer: ein üppig gebundenes Band. Spitze Schreie: «Wie hübsch!» Am Hinterkopf der euphorischen Apéro-Aficionada: eine grosszügige Masche, mit mehr Stoff als Haaren im Zopf.
Jede Saison hat ihren Trend. Der aktuelle Schleifen-Trend scheint tatsächlich ein Geschenk des Himmels zu sein. Im wahrsten Sinne des Wortes. Schliesslich ist nichts günstiger, als schnell im Supermarkt ums Eck ein Band zu kaufen und alles damit zu bebinden. Freund:innen kommen zum Essen vorbei? Eine Schleife ums Besteck! Um den schmalen Fuss des Schälchens! Um die Blumenvase! Um den Hals! Auf den traurigen Adventskranz. Von dort schleicht der reizende Knoten früher oder später auf den Weihnachtsbaum. Ein Trend, der so quick und dirty ist wie die McDonalds-Bestellung via UberEats. Ausserdem: Gäste fühlen sich reich beschenkt. Schleifen thronen nun mal auf Präsenten, verdammt noch mal.
Uns sind beinahe die Hände gebunden
…denn – wie immer, wenn irgendwas überhand nimmt – hat die universale Schleifen-Invasion längst einen Namen bekommen. Als coquette aesthetic geistern die charmanten Schlingen durch die TikTok-Feeds. Vor allem die Gen Z liebt den Look, der girly mit einem Schuss altenglischer Eleganz sein will. Cute ist der niedliche Wahnsinn vor allem dann, wenn die Bänder nicht mal vor Eiswürfeln und Essiggurken Halt machen. Und was bitte spräche auch gegen eine kokette Krokette?
Süss will mans jetzt also haben. Und das macht unter Umständen echt so richtig Sinn, denn instabile, beängstigende Zeiten wie diese verlangen nach Ruhe. Vielleicht sogar nach Lieblichkeit und Unbeschwertheit? Nach Unschuld? Es klingt latent falsch, aber exakt das vermittelt uns die Schleife. Eine mädchenhaft duftende Romantikwolke benebelt uns in der überwältigenden Anwesenheit der hinreissenden Accessoires. Vielleicht ist auch das der Grund, warum sie immer grösser werden? Mit der Sehnsucht nach einer besseren Welt steigt die Dimension der Schleife proportional.
Süsser die Schleifen nie schwingen
Dabei schreit so eine Schleife ja auch immer: Solidarität! Wir alle kennen die sogenannten Awareness Ribbons, kleine Schleifen, die man als Zeichen des Zusammenhalts und der Verbundenheit mit einer bestimmten Gruppe am Revers trägt. Die bekannteste: die pink ribbon, um auf Brustkrebs aufmerksam zu machen. Auch wer aufs Oktoberfest will, sollte um die Bedeutung der Schleife wissen. Bindet man die Dirndlschürze rechts zu, ist man weg vom Markt oder schlichtweg nicht interessiert. Sitzt die Schleife links, hat man Bock auf Schunkeln.
Und wenn wir ehrlich sind, sind Schleifen nüchtern betrachtet auch nur kuschelnde Bänder-Enden. Ja, Schleifen menscheln. It’s cuffing season – ihr Kinderlein kommet, es ist Weihnachten! Wir backen ganz manisch, schlucken möglichst besinnlich Glühwein und netflixen im Kerzenschein. Wir tun, was der heilige Gemütlichkeits-Imperativ diktiert und wer nicht dekoriert, glaubt an den Teufel. Da kommt die Schleife doch wie gerufen. Immer und überall. Ob gross, ob klein: Wer beschleift, der feiert brav.
In diesem Sinne: Cheers, lasst die Dinge bloss nicht schleifen 🎀
PS: Nachhaltiger Hot Tipp
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