Die pubertären PS-Prolls und ihre aufgemotzten VW Polos waren nie das Ding unserer Online-Chefin Kerstin Hasse. Dabei ist der Kleine längst erwachsen geworden.
Ich bin in einem Dorf in Graubünden aufgewachsen. Hier bedeutet das richtige Fortbewegungsmittel alles. Man hat ja kein Tram, das würde sich auch nicht lohnen, weil alles so nah beieinander liegt. Und dennoch muss man irgendwas haben, das einem von der Grillstelle im Wald zum Fussballplatz und pünktlich zum Abendessen wieder nachhause bringt. Bei den meisten Kindern sind das Velos oder Skateboards. Später, wenn die Kids grösser werden und man nicht mehr nur zum Sportplatz, sondern auch mal in die nächste Stadt will, werden die meisten auf den guten alten Regionalbus umsteigen. Die krassen Typen legen sich dann ein Töffli zu. Und wenn sie dann noch ein bisschen älter sind, folgt auf das Töffli – das ist quasi eine ungeschriebene Regel bei uns – der VW, entweder als Polo oder als Golf. Wer richtig etwas auf sich hält, lässt das Auto noch ein bisschen aufmotzen, mit fetzigen Felgen oder einem geilen Auspuff. Töfflibuben waren nie so mein Ding und VW-Polo-Fahrer ehrlich gesagt auch nicht. Dieser Mix aus Baseballcap, Red-Bull-Dose im Getränkespender und aufgemotzter Karre, der einen Dorfmacker ausmacht, fand ich immer recht prollig.
Eigentlich ist das aber nicht ganz fair, denn der Polo ist ein richtiger Klassiker, den es schon seit den 1970er-Jahren gibt. Die Tatsache, dass so viele Leute ihn fahren, hat damit zu tun, dass er sehr viel Praktisches vereint: Der Polo ist ein kleines, sportliches Auto, das alles hat, was es braucht. Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt und VW ist eine solide Marke, die für Qualität und lange Lebensdauer steht. Das Modell, das ich testen darf, ist nicht einfach nur ein Polo, sondern ein Polo GTI – die Sportvariante mit 200 PS und sechs Gängen. Die sechste Generation des Polo kommt zum ersten Mal mit einer digitalen Ausrüstung daher: Das Infotainmentsystem ist übersichtlich und einfach zu bedienen, das Display ist grosszügig und das sportliche Design, das sich auch durch das Interieur des Wagens zieht, wird mit rot-weiss-schwarzen Grafikelementen aufgenommen. Natürlich fahre ich mit dem Polo von Zürich nach Graubünden. Die Fahrt macht Spass, weil das Auto sich so schön direkt lenken lässt, die Sportsitze richtig bequem sind – und weil es einfach fetzt, mit einem so kleinen, schnellen Auto (in weniger als 7 Sekunden auf 100 km/h) über die Strassen zu sausen. Das Auto hat immer noch so eine gewisse, ländliche Rotzig-keit, vor allem vom Klang her, aber gleichzeitig wirkt das Modell auf mich reifer als früher, weniger pubertär und protzig. Dieser Golf lässt sich auch in der Stadt sehen, neben all den Mini-SUVs und Limousinen, und er ist erst noch viel wendiger.
Ich fahre durch mein Heimatdorf, vorbei an der Bushaltestelle, wo früher die Töfflibuben sassen – und schau an, da sitzen sie noch immer. Zwar ohne Töffli, dafür mit portablen Musikboxen, weissen hochgezogenen Tennissocken und frisch rasierten Undercuts. Ich erwarte, dass sie mich ein wenig würdigen, vielleicht mit dem Kopf nicken oder so. Aber nichts da. Wahrscheinlich bin ich zu erwachsen für sie. Und der Polo GTI auch.