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Einer mit Naja-Faktor

Stil

Einer mit Naja-Faktor

  • Text: Jessica Prinz; Foto: Christopher Kuhn

Der neue Hybrid von Nissan konnte Reportage-Praktikantin Jessica Prinz nicht so richtig von sich überzeugen. Trotz Verwöhnprogramm.

Sie müssen wissen, ich bin eine Oldtimerliebhaberin. Mein erstes Auto, das ich mir mit 19 Jahren kaufte und immer noch besitze, ist ein VW-Bus T2 Jahrgang 1975. Nicht gerade umweltfreundlich, aber meine ganz grosse Liebe. Ich mag sein Aussehen und ich mag das Gefühl, das er mir gibt. Pure Freiheit und Assoziationen mit einem Leben vor vierzig Jahren, als alles noch ein wenig einfacher und stressfreier schien. Nicht, dass Sie ein falsches Bild von mir haben: Ich bin 26 Jahre alt, sehr technik- affin, durchaus für schnelle Autofahrten zu haben – und habe relativ wenig Ahnung davon, wie das Leben vor vierzig Jahren war.

Dennoch, mein Faible für alte Autos führt dazu, dass ich dem Infiniti etwas kritisch gegenüberstehe. Es hilft auch nicht, dass man mir sagt: «Er läuft schon», während ich das erste Mal ins Auto steige. Ich stutze. «Wie, er läuft schon? Man hört ja gar nichts!» Wenn ich meinen VW-Bus fahre, bin ich eher an laute Kommunikation gewohnt. Einerseits kann das natürlich etwas nervig sein, andererseits empfinde ich es doch als eher unheimlich, gar nichts zu vernehmen. «Gib ihm eine Chance», sag ich mir selbst. Es kann ja auch Vorteile haben, so ein Hybrid. Für die Umwelt ist er allemal besser. Und immerhin wirkt er nicht so überstylt wie Fahrzeuge ähnlicher Klassen. Das kantige Auftreten gefällt.

Einmal in den von der Raumfahrtbehörde Nasa designten Sitz gesunken, der den Rücken auch auf langen Fahrten optimal unterstützen soll, versuche ich, mich im Technikwirrwarr des hierzulande noch weitgehend unbekannten Luxusliners der Firma Nissan zurechtzufinden. Doch die vielen Tasten und Lichter im Inneren des Wagens verwirren zunehmend. Hier passiert alles auf Knopfdruck – an sich ist das nichts Neues, nur hapert es beim Infiniti an der Umsetzung. Denn die Knöpfe sind keines- wegs intuitiv angeordnet. So passiert es mir mehr als einmal, dass ich lange suchen muss, bevor ich es schaffe, das Navi zu bedienen, den Tempomaten einzuschalten oder nur schon das Handy zu verbinden.

Immerhin: Auf der Anzeige sehe ich direkt, durch welchen Kraftstoff das Auto gerade angetrieben wird: Benzin oder Strom. Und sogar das Lenken läuft digital ab. Der Infiniti ist das erste Fahrzeug weltweit, das mit einer Steer-by-Wire-Technik ausgestattet ist. Die Lenkimpulse werden also rein digital auf die Vorderräder übertragen. So viel Technik steckt im 4.80 Meter langen und 1.80 Meter breiten Infiniti. Und trotzdem muss ich den Kofferraum noch von Hand öffnen. Jammern auf hohem Niveau? Vielleicht, aber wenn schon Luxus, dann bitte richtig.

Es hat dann trotz allem, das muss ich zugeben, doch etwas Beruhigendes, fast Meditatives, so lautlos über die Strassen zu schweben. Er liegt saugut in der Kurve. Und die 364 PS machen sich auf der Autobahn allemal bemerkbar – der Fahrspassfaktor ist also hoch. Ganz überzeugen kann er mich aber bis am Ende nicht, weder von aussen, noch von innen. Zudem hatte ich bei einem Hybriden einen weit tieferen Verbrauch erwartet. Der Gedanke kommt auf, dass der zusätzliche Elektromotor nur dazu da ist, dem Wagen noch ein paar PS mehr zu verleihen. Denn der durchschnittliche Verbrauch von knapp 9 Litern ist alles andere als sparsam. Da kann bei gutem Fahrstil sogar mein VW-Bus fast mithalten.

Modell: Infiniti Q50S 3.5 h
Motor: Elektromotor 50 kW/ 270 Nm
Fahrleistung: 364 PS Von 0 auf 100 km/h in 5.4 s
Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h
Masse: Länge 4.81 m, Breite 1.82 m, Höhe 1.45 m
Leergewicht: 1936 kg
Kofferraumvolumen: 400 l
Benzinverbrauch: 6.8 l/100 km CO2-Emission: 159 g/km
Energieeffizienz: F
Preis: Ab 63 350 Franken (Testmodell: 78 140 Franken)
Infos: infiniti.ch