Budapest hat eine bewegte Geschichte. Noch unzerstörbarer als die ungarische Hauptstadt ist nur der Humor der Menschen.
Die Türfalle! Es kann durchaus passieren, dass man in einem Budapester Café mit einem unverhofften Souvenir in der Hand – statt in der Tür – dasteht. Denn das fröhliche Scheitern der Alltagsdinge gehört zur Metropole an der Donau wie die Grandezza zur Vergangenheit. Die Budapester haben gelernt, über solche Kleinigkeiten hinwegzusehen. Schliesslich hat die Stadt in ihrer langen Geschichte von türkischer Belagerung über Kommunismus und von Kaiserin Sissi bis Zsa Zsa Gabor weit Aufregenderes erlebt.
Wer durch die Alleen oder Hinterhöfe der Stadt flaniert, kann die imperfekte Leichtigkeit des Seins überall entdecken. Am schönsten zeigt sie sich am Mai-Manó-Haus. Ein Haus wie Backstein gewordene Attitüde – und nirgendwo sonst wird Jugendstil-Architektur so charmant mit viel Isolierband zusammengehalten wie hier. Erbauen liess das Gebäude Mai Manó (1855–1917), Kult-Fotograf der k.u.k-Monarchie mit Hang zu Perfektionismus (davon zeugt das aufwendige Glasdach seines Ateliers) und Exzentrik (davon zeugen Fotokameras im Miniformat, welche sogar die Putten an der Fassade in den Händen halten). Heute kann man hier Ausstellungen besuchen, zum Yoga gehen oder im hauseigenen Café verweilen. Ich setze mich zu einem älteren Mann an den Tisch, der zeitungslesend einen Espresso schlürft, während ich in einem Soja-Latte rühre. Der steht zwar nicht auf der Karte, gehört aber erstaunlicherweise zum Repertoire des Kellners.
So überraschend sei das nicht, erklärt mir mein Tischnachbar. Schliesslich entwickle sich diese Gegend gerade zu einer der mondänsten der Stadt. Ob Mezze oder Gulaschsuppe, ob Opernhaus oder das Robert-Capa-Center für Fotografie, ob Glacékugeln für 150 Forint (50 Rappen) oder Louis Vuitton für das Tausendfache – alles findet sich in diesem Quartier um die Nagymezö-Strasse. Auf meine Frage, wie er die politische Stimmung in der Stadt empfinde, reagiert der Herr reservierter: Es gäbe Einfacheres, als dieses Land zu begreifen. «Aber», fügt er augenzwinkernd hinzu, «wenn man in Budapest nicht weiterweiss, greift man eben zum Humor. Der funktioniert so zuverlässig wie kaum etwas hier.»
Tipps
ESSEN & TRINKEN
Kiosk
In diesem angesagten Restaurant ist von Gulaschsuppe bis zum Burger für jede Geschmack etwas dabei.
Március 15. tér 4, 0036 70 311 19 69, kiosk-budapest.hu
Konditorei Gerbeaud
Mit der Dobos-Torte wurde angeblich einst die Jugend bestochen, wenn es darum ging, ein weiteres Jahr Klavierunterricht zu nehmen. Sie sind unmusikalisch? Probieren Sie trotzdem!
Vörösmarty tér 7-8, Tel. 0036 1 429 90 00, gerbeaud.hu
Café Central
Nirgendwo sonst hat die Budapester Kaffeehauskultur die Zeit authentischer überdauert als im «Central».
Károlyi utca 9, Tel. 0036 1 266 21 10, centralkavehaz.hu
UNTERWEGS
Margaretheninsel
Wo einst König Béla IV. seine Tochter Margit ins Kloster steckte, ist heute ein öffentlicher Park mitten im Fluss. Zugang u. a. via Margarethenbrücke.
Szimpla
Wenn die Budapester «Ruine» sagen, meinen sie Ausgang. Das «Szimpla» ist das coolste dieser Lokale in verlassenen Gebäuden, mit Kulturprogramm und Sonntagsmarkt.
Kazinczy utca 14, Tel. 0036 20 261 86 69, szimpla.hu
Nagycsarnok
In der alten Markthalle stehlen Delikatessen von A wie Akazienhonig bis Z wie zuckerglasierte Ferkel der spektakulären Dachkonstruktion von 1897 die Schau.
Vámház krt. 1-3, Tel. 0036 1 366 33 00, budapestmarkethall.com
ENTSPANNUNG
Bäder
1526 brachte die türkische Belagerung auch angenehme Neuerungen – in Form von Bädern. Im «Rudas» entspannte der Pascha. Noch berühmter ist das «Gellért».
Rudas-Bad: Döbrentei tér 9, Tel. 0036 1 356 13 22, rudasfurdo.hu
Gellért-Bad: Kelenhegyi út 4, Tel. 0036 1 466 61 66, gellertfurdo.hu
Pédicure
Budapesterinnen leben nicht auf grossem Fuss, dafür auf umso gepflegterem. Denn Pédicure und Manicure sind hier ausgezeichnet und bezahlbar. Etwa bei Andrea Berinder.
Belgrád rkp. 11, Tel. 0036 6 30 266 35 86, beauty4u.hu
1.
Charmant: Das Mai-Manó-Haus präsentiert einen Mix aus Isolierband und Jugendstil-Architektur
2.
Die Klassiker: Entspannung findet man im Gellért-Bad …
3.
… authentische Kaffeekultur im «Central» …
4.
… und ein gutes Gulasch in vielen Restaurants.