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Echt China, voll fremd: Ein Reise-Bericht über die Wasserdörfer um Shanghai

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Echt China, voll fremd: Ein Reise-Bericht über die Wasserdörfer um Shanghai

  • Text: Stefanie Rigutto; Fotos: Ornella Cacace

Eine Reise in die Wasserdörfer um Shanghai ist eins der letzten touristischen Abenteuer und nichts für Hasenfüsse. Daran sind nicht nur die Hühnerfüsse schuld.

Manchmal ist es gar nicht so einfach, den Brechreiz zu unterdrücken. Häns nuckelt an einem Hühnerfuss, dass einem schwindlig wird. Er zieht mit den Zähnen die Haut ab, schmatzt fröhlich vor sich hin, lässt alles ausgiebig im Mund kreisen und spuckt schliesslich die winzigen Knochen auf den Boden. Gefolgt von den Zehennägeln. Zungenfertig ist er, das muss man ihm lassen. Und im Spucken ist er auch gut. Wie viele Chinesen. Da läuft man arglos durch die Gassen, hört hinter sich ein Krächzen, das in ein heiseres Grollen übergeht, und als man schon denkt: Ich glaub, da stirbt einer, landet neben einem ein dicker gelber Klumpen auf dem Boden. Das ist fast so eklig wie ein Berg geschmorter Hühnerfüsse. Häns versteht nicht, warum wir den Gaumenschmaus verschmähen. Seine Landsleute stünden dafür Schlange!, ruft er. Und es sei typisch China. Genau das, was wir suchen würden.

Warum hat uns keiner vorgewarnt? Wir wollten das Gegenteil von Shanghai, wo man in schicken Wolkenkratzern französische Croissants isst, einer Jazzband lauscht und Zigarren aus Kuba raucht. Wir träumten von einem traditionellen China mit kleinen Häusern, wo einem alte Frauen unter ihrem Bambushut zulächeln, während man sich die Zunge an einem Grüntee verbrennt. An geschmorte Hühnerfüsse hatten wir dabei natürlich nicht gedacht. Man muss nicht in die Innere Mongolei reisen, um ein Stück des alten China zu sehen. Wie sich zeigt, reichen die achtzig Kilometer von Shanghai nach Suzhou vollauf. Suzhou ist ein Wasserdorf im Delta des Jangtse. Früher war es nur per Boot erreichbar; «Venedig des Ostens» nannte es Marco Polo im 13. Jahrhundert. Heute ist Suzhou längst kein Dorf mehr. Sondern eine Fünfmillionenstadt. Und man reist im Superschnellzug an.

Shu Han wird Häns

Wir wollten dösen während der Fahrt. Unmöglich. Die Chinesen sind – die Pauschalisierung sei erlaubt – ein ziemlich lautes Volk. Das Handygeklingel: gefühlte achtzig Dezibel. Das Gelächter: aus voller Kehle. Die Gespräche: immer angeregt. In Suzhou auf dem Perron steht Hans. «Häns», wie er sich vorstellt. Der Dunst, der ihn einhüllt, ist kein Nebel, sondern Smog. Wie in Shanghai. Trotzdem sagt Häns: «Shanghai ist die Welt. Suzhou ist China.» Er ist 27 Jahre alt, hat englische Literatur studiert und träumt davon, Schriftsteller zu werden. Er schreibt Sciencefiction-Romane, bezeichnet aber Shakespeare als seinen Lieblingsdichter. Er ist in Suzhou aufgewachsen und führt die wenigen Westler – man kann sie an zwei Händen abzählen – durch seine Heimatstadt. Häns hat auch schon in Shanghai gelebt. Doch das Leben in Suzhou gefalle ihm besser, sagt er. «Viel gemütlicher, viel ruhiger.»

China mag in vielen Dingen die Weltspitze erreicht haben, die Englischkenntnisse der Bürger gehören sicher nicht dazu. Häns sagt: «Wir haben zwar acht Jahre Englisch in der Schule, aber die Praxis fehlt.» Man verständigt sich mit Händen und Füssen, Preisverhandlungen spielen sich ohne Worte ab, dafür mit dramatischen Gesten und Zahlen auf dem Taschenrechner. Und im Hotel lässt man sich vom Concierge die Adresse in chinesische Schriftzeichen übersetzen. Viel angenehmer ist es natürlich, man hat jemanden wie Häns zur Seite. Eigentlich heisst er Shu Han. Doch im Englischunterricht musste jeder Schüler einen Namen wählen, den Westler aussprechen können. Innerhalb von China ist Suzhou längst kein Geheimtipp mehr. Die chinesischen Touristen strömen in Massen hierher. Vor allem wegen der Gärten, der schönsten, perfektesten des Landes, heisst es. Es gibt rund fünfzig Stück davon.

Sie gehörten einst reichen Beamten und dienten als Feriensitz. Heute sind sie öffentlich und heissen Garten des Meisters der Fischernetze oder Garten des bescheidenen Beamten. Oder auch: Garten des Verweilens. Garten heisst aber nicht zwingend grün. Es gibt vor allem geschwungene Steinwege, Bonsai-Sträucher, Bodenmosaike und romantische Pavillons, wo Musik aufgeführt wird oder eine Kunqu-Oper (die Mutter aller Opern, sagen die Chinesen). Könnte man hier in aller Ruhe wandeln – es wäre richtig toll. Das Problem jedoch ist, dass die Gärten ziemlich überfüllt sind mit Touristengruppen in roten T-Shirts oder gelben Hüten. Jede Gruppe wird geführt von einem Guide, der sich ein Megafon vor den Mund hält und die Geschichte des Gartens in voller Lautstärke herumplärrt. Und das am frühen Morgen. «Du suchst das wahre China?», fragt Häns. «Die Menschenmassen sind Teil davon.»

Wir konsultieren «Lonely Planet». Darin schwärmt der Autor von einem Teehaus in Suzhou, in dem Pingtan aufgeführt wird. Wir lernen: Pingtan ist eine Volkskunst, bei der Geschichten und Witze erzählt werden, musiziert und gesungen wird. Ob es dort etwas besinnlicher ist? Häns sagt: «Pingtan ist etwas für meine Grossmutter.» Bingo! Genau dort wollen wir hin, wo Grossmütter sitzen und uralter, traditioneller Musik lauschen. Häns bringt uns in das Pingtan-Lokal. Er will nicht bleiben. Er will im Kentucky-Fried-Chicken-Restaurant warten. Hinter einem Vorhang aus Fäden sitzen zwei Musiker, die auf traditionellen Instrumenten klimpern. Es tönt fremd. Aber schön. Eine Kellnerin stellt einen Jasmintee hin. Englisch spricht sie nicht. Die Frau auf der Bühne trägt ein rotes Blumenkleid, der Mann ein graues, luftiges Übergewand. Jetzt singt die Dame. Es tönt ein bisschen wie das Gewieher eines verletzten Pferdes.

Brücken und Hochzeitsfotos

Die Einheimischen interessieren sich nicht gross für das Schauspiel, sie sitzen alle im oberen Stock, wo es laut ist und fröhlich und proppenvoll. Vor der Bühne jedoch sitzen nur wir und eine italienische Reisegruppe, die lustlos in ihren Speisen stochert.In der Nacht: Ich friere im Hotelzimmer. Südlich des Jangtse haben die Wohnungen oft keine Heizung, obwohl es im Winter kälter als null Grad werden kann. Heizungen gibt es nur nördlich des Jangtse – so will es das Gesetz (warum, weiss keiner). Am anderen Tag sagt Häns, er wisse jetzt, was wir suchen. Er bringt uns zur Pinjang-Strasse, einer Fussgängerpromenade direkt am Kanal. Unzählige süsse Brücken führen übers Wasser, die Gasse ist gesäumt von kleinen Teehäusern, Strassenständen, Buchläden. Ein Frauchen verkauft uns eine Kette aus herrlich duftenden Magnolienblüten. Ein Strassenhändler bietet gebratene Wachteleier an, der nächste presst Zuckerrohrsaft.

Die Leute sitzen faul am Ufer, trinken Tee, plaudern, spielen chinesisches Schach, einige Frauen stricken Finken, andere knabbern getrocknete Sonnenblumenkerne. Eigentlich machen alle nichts anderes, als zu warten, dass der Sonntagnachmittag vorbeigeht. Dieses China gefällt uns! Einige jedoch haben es streng: Sie machen Hochzeitsfotos. In China bedeutet das ein richtiges Shooting mit Fotograf, Assistent, Make-up Artist und Stylist. Häns sagt, er habe auch solche Fotos machen lassen. Man macht sie nicht am Tag der Hochzeit, denn die Session dauert – zumindest bei Häns – von sechs Uhr morgens bis Mitternacht. Sein Shooting umfasste sieben Orts- und ebenso viele Kleiderwechsel. Mal posierten er und seine Frau in der traditionellen chinesischen Kleidung, dann im Sportanzug, dann in Jeans, dann im weissen Kleid und schwarzen Anzug. Die Fotos hätten sie am Hochzeitsfest an eine Wand projiziert.

Wir fahren mit einer Velo-Rikscha zurück ins Hotel. Der Fahrer – ein zigaretterauchendes Männlein – tritt kräftig in die Pedalen, kurvt scheinbar mühelos über all die Brücken, überholt sogar Autos und hat noch genug Schnauf, um jeden, der ihm im Weg steht, zu beschimpfen. Ein schlammiger Geruch dringt vom Kanal zu uns herauf. Häns sagt, das sei nichts im Vergleich zum Jahr 2000. Die Qualität des Wassers sei heute viel besser. Häns hat einen Traum: Er will mal nach Griechenland. Er habe in einem Dokumentarfilm gesehen, dass das Wasser dort strahlend blau sei und man im Meer sogar den Boden sehe. Unser nächstes Wasserdorf heisst Tongli. Kleiner, beschaulicher, verwunschener als Suzhou. Hier leben die Leute noch wie vor ein paar Hundert Jahren. Eine Frau wäscht Kleider im Kanal, eine andere Gemüse, eine dritte rupft eine Ente. Weisse Federn schwimmen im Wasser, während ich mir Mühe gebe, nicht aus Versehen hinzuschauen und zu entdecken, dass der Hals der Ente durchgeschnitten ist.

Tongli ist beliebt für Filmdrehs. Auch Hollywood war schon hier: «Mission Impossible III» wurde in Xitang gedreht, einem benachbarten Wasserdorf. Wie viele Brücken es in Tongli gebe, will ich von Häns wissen. «Zu viele», antwortet er. Die Leute kochen in der Gasse, stellen einen Blechkanister mit Holz auf die Strasse, eine Pfanne drauf, ein Stühlchen daneben. Häns sagt, den alten Menschen seien Gasherde suspekt. Er schleift uns ins Hochzeitsmuseum – dabei möchten wir viel lieber ins China Sex Museum, das einzige Sexmuseum des Landes! Häns will nicht mitkommen. Er schaut nur durchs Tor und verzieht sich dann in ein Teehaus. Wir sind die einzigen Touristen, die den schreienden gefesselten Stahlmann mit dem Riesenpenis fotografieren. (Was hat es damit auf sich? Auf Chinesisch steht es geschrieben.) In den Vitrinen liegen Keuschheitsgürtel, deren Erfindung die Chinesen natürlich für sich reklamieren. Auch die 3500 Jahre alten Sexspielzeuge wurden – wo sonst! – im Reich der Mitte erfunden.Hübsch auch das Prostituiertenbüchlein aus einer Zeit, als es noch keine Fotos gab: Der Zuhälter liess seine Frauen malen und schrieb daneben ihre Eigenschaften hin. Fast schon Kunst!

Ellenbogen und Gratis-W-Lan

Wieder in der Gasse, werde ich – einmal mehr – angerempelt. Die Chinesen sind ein ruppiges Volk, so ganz anders als die Japaner. Ungern erinnere ich mich an die Zugfahrt: Beim Aussteigen herrschte das totale Chaos, da wurde gedrängelt und überholt, und zwischen den Rippen hatte ich mindestens zwei fremde Ellbogen. Man hat das Gefühl, der Chinese befinde sich dauernd im Konkurrenzkampf. Häns nickt wissend: «Das Ziel ist das Ziel. Wie man hinkommt, ist egal. Hauptsache, man kommt hin – und zwar vor allen anderen.» Doch die Chinesen sind auch lustig. Immer wieder hält ein Männlein an, bewundert meine Notizen, macht «Aaah», lacht laut und klopft mir auf die Schulter. Was hat er gesagt? «Ach», meint Häns, «der wollte nur ein bisschen plaudern.»

Weiter gehts nach Wuzhen, so etwas wie das chinesische Ballenberg. In die renovierte Altstadt kommt man nur mit dem Boot. In den alten, dunklen Häusern befinden sich kleine Reisweinbrauereien, Teehäuser, Jadeschmuckverkäufer. Es gibt Schattenspiele, Martial-Arts-Vorführungen auf Booten und Töpfereiworkshops. Wir machen es wie die Chinesen, wenn sie nach Venedig kommen: Wir lassen uns von einem Gondoliere herumchauffieren und knipsen, was das Zeug hält. Der Unterschied: Der Gondoliere trägt eine orange Schwimmweste. Wuzhen ist wunderschön. Aber uns ist es zu klinisch. Die Einwohner wurden zwangsumgesiedelt, als die Altstadt für die Touristen renoviert wurde. Jetzt fehlt das Leben. Häns ist anderer Meinung: «Wenn ich Geld hätte», sagt er, «würde ich hier ein Teehaus eröffnen.» Seine Frau würde das Lokal führen, während er endlich sein Buch zu Ende schreiben könnte. Warum gefällt ihm Wuzhen so sehr? Er sagt: «Es ist schön. Es ist ruhig. Und es gib überall Gratis-W-Lan.»

Wir gehen in ein Spa, brauchen eine Fussmassage nach dem vielen Laufen. Mein Masseur ist der erste attraktive Chinese, dem ich begegne. Aber er ist brutal: Erbarmungslos sticht er mit seinen schlanken Fingern in meinen Fuss. Es fühlt sich an, als würde er mit Essstäbchen darin herumstochern. Zucke ich zusammen, schaut er erstaunt auf und macht ein fragendes Gesicht. Doch das Leiden lohnt sich: Nachher läuft man wie auf Wolken. Der Weg nach Hangzhou ist gesäumt von Fabriken mit rauchenden Kaminen. Von irgendwoher muss der Smog ja kommen! Als vor der Weltausstellung 2010 in Shanghai die Fabriken abgeschaltet wurden, schauten Häns und seine Familie in Suzhou ungläubig in den Himmel: So blau war er schon lange nicht mehr. Und die Sicht – sie war endlich klar! Hangzhou ist der letzte Stopp auf unserer Suche nach dem traditionellen China. Es ist der Hinterhof der Shanghaier. Hierher kommen die Städter, wenn sie am Wochenende ausspannen wollen.

Grünteeplantagen prägen das Bild, Tee und Seide sind die berühmtesten Produkte der Stadt. Obwohl auch in Hangzhou acht Millionen Menschen leben, gelten die Leute – im Vergleich zu den überarbeiteten Shanghaiern – als entspannt, ja richtig faul. Häns hätte Klöster und Tempel auf dem Programm. Er gibt aber ungefragt zu, dass auch er das «etwas langweilig» fände. Er bringt uns stattdessen an die Hefang-Strasse in eine der uralten Apotheken, wo Traditionelle Chinesische Medizin verkauft wird. TCM, das heisst: Kräuter, Wurzeln, Pilze, aber auch Eselshaare, getrocknete Frösche, Schlangen. Uns fasziniert der Ginsengwein: Wie ein seltsames Meerestier schwebt die Ginsengwurzel majestätisch in der Flüssigkeit. Aus einem grossen Holzfass giesst Häns einen «Medizintee» ein. Er schmeckt nach Kräutern. Wir zeigen auf alles Mögliche und fragen: Wozu ist das gut? Die Antwort ist immer dieselbe: «Für ein langes Leben!»

Stinkender Tofu und Schattenboxen

Hach, China. Da ist die Faszination, die Neugier auf dieses Riesenland, über das wir in der Zeitung so viel lesen und das wir doch so schlecht kennen. Aber China ist nicht für jedermann. China ist ein Abenteuer. Und das ist gut so: In der globalisierten Welt sind wenige Orte geblieben, die einen noch überraschen. Wo einfach alles fremd und neu und anders ist. Die Wasserdörfer um Shanghai gehören dazu. Ein Schock ist nur schon dieser bestialische Gestank, der uns draussen vor der Apotheke fast aus den Socken haut! «Stinkender Tofu», erklärt Häns. Das sei fermentierter Tofu, der in den Gassenküchen frittiert werde. Er rieche übel, schmecke aber «hervorragend». Wers glaubt! Bis jetzt haben wir in der chinesischen Küche noch wenig entdeckt, das hervorragend schmeckt. Mit den leckeren Take-aways von daheim haben die Gerichte hier vor allem das Glutamat gemein.

Spezialitäten sind (nebst Hühnerfüssen): Entenblutsuppe und Fischkopf. Oder Waldfrosch mit Papaya. Teigtaschen wären eine Alternative – aber dort beisst man oft auf Knorpel. Häns fragt: «Wolltest du nicht genau das: das wahre China entdecken?» Der Westsee von Hangzhou gilt als schönstes Gewässer Chinas. Marco Polo – erneut – schrieb einst: «Eine Reise auf diesem See bringt mehr Erfrischung und Freude als jedes andere Erlebnis auf Erden.» Bei Sonnenaufgang machen die Leute hier Tai Chi, Schattenboxen. Als wir um zehn Uhr eintreffen, ist noch ein einziger Schattenboxer geblieben. Ein älterer Herr mit Mütze und weisser Kluft. Ganz langsam vollführt er seine anmutigen Bewegungen, die Hände in graziler Pose, nach einem genauen Ablauf in seinem Kopf, hochkonzentriert. Sowieso, die Rentner haben es lustig: Sie singen und tanzen in den Pavillons am Wasser.

Eine alte Frau spielt Dudelsack (grässlich!), ein Mann lässt einen Drachen steigen. «Zuhause ist ihnen langweilig», sagt Häns. Also kämen alle an den Westsee. Sie sitzen auf den Bänken am Ufer, trinken Tee aus Thermoskannen und bestaunen die Sicht. Ja, der See ist wirklich schön. Kleine Boote gleiten vorüber, auf den geblümten Kissen sitzen Leute und rufen: «Hello!» Der grimmige Polizist allerdings sagt nicht «Hello», er trillert nur mit seiner Pfeife und vertreibt uns vom Rasen, den wir aus Versehen betreten haben. Häns sagt, in Hangzhou müsse man Tee trinken: Es sei die Teehauptstadt Chinas. Je nach Qualität kostet eine Tasse des berühmten Drachenbrunnengrüntees sieben Franken – oder fünfzig Franken!

Im Teehaus erfahren wir: Man sagt nicht Tee trinken, sondern Tee essen. Vielleicht, weil es ordentlich Snacks dazu gibt: Gurken, Tomaten, kandierter Ingwer, Früchte. Oder weil die Blätter im Wasser liegen und bei jedem Schluck im Mund landen? Häns weiss es auch nicht, aber er zeigt, wie man Tee isst: Blätter vorsichtig wegblasen und dann schnell einen Schluck nehmen. Schmeckt gut. Warum ist es euer Nationalgetränk? «Tee», sagt Häns, «tötet Zeit, Müdigkeit und Hunger.» Es ist Zeit, nach Shanghai zurückzukehren. Wir sind müde. Das traditionelle China ist anstrengend. Aber auch voller Überraschungen. Es gab keinen Tag, an dem uns vor Staunen nicht fast die Augen in die Nudelsuppe gefallen sind. Kein Tag, an dem wir ob all der absurden Erlebnisse nicht Tränen gelacht hätten. Was nehmen wir mit? Die Erkenntnis, dass wir von China – obwohl wir Hongkong und Shanghai kannten – eigentlich nichts gewusst haben.

Im Hinterland von Shanghai – Reiseinfos

Anreise: Swiss fliegt täglich nonstop nach Shanghai, ab ca. 1300 Franken, www.swiss.com. Von dort weiter mit dem Hochgeschwindigkeitszug in die Wasserstädte.
Individualreisen: Sind ausserhalb von Shanghai nicht ganz einfach. Die Verständigung ist ein echtes Problem. Richtig entspannt reist man eigentlich nur in Begleitung eines Guide. Tourasia ist der Spezialist für Individualreisen in Asien und bietet eine breite Palette an geführten Trips in China an. Eine dreitägige Privattour führt von Shanghai nach Hangzhou, Suzhou und Zhouzhuang und kostet ab 820 Franken/Person im DZ. Die zweitägige Tour «Gartenstadt Suzhou» führt zudem nach Tongli, ab 440 Franken.
Buchen: Tel. 043 233 30 90, www.tourasia.ch
Beste Reisezeit: Im Sommer ist es heiss und feucht, im Winter kalt und feucht. Am angenehmsten sind Frühling und Herbst.
Visum: Schweizer Bürger benötigen für China ein Visum, ab 80 Franken: www.china-embassy.ch oder via Tourasia, www.tourasia.ch

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