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Die Geschichte der Damenuhr – Höchste Zeit, Madame!

Die Geschichte der Damenuhr – Höchste Zeit, Madame!

  • Text: Monique HenrichIllustration: Bella Foster

Visionärinnen, Models und Königinnen erzählen die Geschichte der Damenarmbanduhr.

Die Damenarmbanduhr ist mehr als ein schmucker Zeitmesser. Sie ist Geschichte und Gegenwart und erzählt von Visionärinnen, Models und Königinnen.

Was Uhren betrifft, benötigen die Frauen keine Präzisionsuhr, weil sie sowieso immer zu spät sind – sie sind mehr an Karaten und üppigen Verzierungen interessiert.» Das schrieb 1916 die «Revue Internationale de l’Horlogerie». Und tatsächlich trug die – reiche – Frau ihre Uhr meistens in Form einer mit Edelsteinen besetzten Brosche oder als Kette. Um die Jahrhundertwende bis zum Ersten Weltkrieg wurden zwar vereinzelt Damenarmbanduhren produziert. Doch erst Ende des Zweiten Weltkriegs, als auch der nackte Arm modisch comme il faut wurde, fing das Uhrenbusiness an zu boomen. In den Siebzigerjahren, dem Jahrzehnt der Quarzwerke, wurden Uhren zur meist in Japan gefertigten Massenware. Ab 1980 gewannen die traditionsreichen Schweizer Uhrenmarken wieder an Boden, und die Nachfrage nach brillantbesetzten und komplizierten mechanischen Damenuhren ist bis heute stark ansteigend – Frauen sammeln mittlerweile nämlich auch Uhren.


Jaeger-Le Coultre

Der Krönungstag von Elizabeth II. in der Londoner Westminster Abbey am nasskalten 2. Juni 1953 war auch eine Krönung für die Uhrmacher im jurassischen Le Brassus: Zu ihrer prunkvollen Robe trug die Queen eine mit Brillanten besetzte Kaliber Jaeger-Le Coultre 101. Exklusiv in der Miniatur, die präzis 14 mm lang, 4.8 mm breit und 3.4 mm hoch ist, tickt auch jetzt noch das kleinste Mechanikuhrwerk der Welt mit einem Fliegengewicht von nur knapp einem Gramm.


Rolex

Versiegelt gegen Staub, Hitze, Kälte und Wasser: Die Rolex Oyster war die erste weltweit patentierte Uhr, die vor schädlichen Einflüssen so geschützt war wie eine Auster und dadurch zur Legende wurde. Auch wenn die Schwimmerin Mercedes Gleitze im Oktober 1927 den offiziellen Versuch, den Ärmelkanal zu durchqueren, kurz vor der französischen Küste aufgeben musste, konnte Rolex-Gründer Hans Wilsdorf einen Triumph feiern: Die Rolex Oyster, von der Sportlerin getragen, hatte die Wasser- und Kälte-Strapazen überstanden, ohne an Ganggenauigkeit einzubüssen. Der clevere Businessmann schaltete für 4000 Pfund in der englischen «Daily Mail» eine Anzeige und machte so die Rolex über Nacht zur Uhrensensation.


Patek Philippe

Die 1916 für eine wohlhabende englische Kundin angefertigte Damenuhr hat in den Geschichtsbüchern der Genfer Uhrenmanufaktur eine besondere Bedeutung: Das kleine Masterpiece war eine der ersten Armbanduhren der renommierten Genfer Uhrmacher, die sich später dann vor allem auf Herrenmodelle spezialisierten. Bemerkenswert war diese Uhr auch in ihrer Machart mit einem komplizierten Werk und der Minutenrepetition, die mit einem feinen Klang die Zeit anzeigte. Im letzten Jahr als neue Grande Complication unter dem Modellnamen Ladies First Réf. 7000 lanciert, ist sie bereits Objet de désir mit einer Wartezeit von zwei Jahren.


Baume & Mercier

Fleissig waren sie und visionär: Die Frères Baume aus dem Neuenburger Jura gründeten 1830 das Uhrenunternehmen und beteiligten sich, nicht ganz uneigennützig, am Bau der Eisenbahnstrecke von La Chaux-de-Fonds nach Saignelégier. Doch auch uhrenmechanisch waren die Messieurs innovativ: 1918 präsentierten sie die erste ovale Damenarmbanduhr, genannt Baignoire, weil sie die Form einer Badewanne hatte und in der gesamten Horlogerie als Meilenstein galt und Nachahmer fand. Führend war in den Vierzigerjahren auch das Art-déco-Damenmodell Hampton, in Anlehnung an den schicken New Yorker Badeort The Hamptons, das bald zum US-Topseller wurde und auch im aktuellen Retro-Look zu den Erfolgsmodellen gehört.


Chopard

Als die jungen Wilden wie Jean Paul Gaultier oder Vivienne Westwood in den Neunzigerjahren die Fashionszene mit Anything Goes aufmischten, überraschte in der Uhrenwelt Caroline Scheufele mit ihrem kühnen Design: Die Tochter aus dem Haus des Genfer Familienunternehmens Chopard kombinierte Edelstahluhren mit Diamanten zum Label Happy Sport. Erstmalig in der Geschichte der Schmuck- und Uhrenbranche wurde Hochkarätiges mit sogenannt Minderwertigem verbunden. Von Fachleuten erst argwöhnisch beäugt, wurde der Materialmix weltweit kopiert und mit den Testimonials Naomi Campbell und Liz Hurley salonfähig.


Ebel

Um die Jahrhundertwende brachte Alice Lévy 40 000 französische Francs in die Ehe mit Eugène Blum und damit das Startkapital für die eigene Uhrenfirma Ebel, deren Namen sich aus den Anfangsbuchstaben Eugène Blum Et Lévy zusammensetzt. Die Kaufmannstochter aus Dijon war nicht nur mit einer stattlichen Mitgift, sondern auch mit einem ausserordentlichen Geschäftssinn ausgestattet und entdeckte die Marktlücke der Damenarmbanduhren. Unter der Regie von Madame Blum, die zu sagen pflegte «Monsieur Blum c’est moi!», entstand 1912 das Modell, das als eines der ersten in die Geschichte der Damenarmbanduhren einging.


Piaget

Es war wie ein Sprung über den eigenen Schatten: Die sportliche Polo-Armbanduhr mit den auffälligen Streifen passte so ganz und gar nicht in die klassisch-konservativen Piaget-Kollektionen, die das Genfer Nobelhaus seit vier Generationen produzierte. Doch mit seiner Vision einer sportlichen Luxusmarke lag Yves G. Piaget goldrichtig: 1979, an der Polo-Weltmeisterschaft in Palm Beach, zeigte sich Bondgirl Ursula Andress mit der Prestige-Uhr und begeisterte damit den amerikanischen Jetset – ein Erfolg, der seit über dreissig Jahren anhält.


Omega

«Uhren sind Emotionen», betonte der verstorbene Swatch-Group-Präsident Nicolas G. Hayek und lancierte 1995 mit trendsicherem Gespür erstmals Uhrenwerbung für die Omega Constellation mit Testimonial Cindy Crawford. Mit grösstem Erfolg: Das international bekannte US-Supermodel mit dem Leberfleck auf der Oberlippe polierte das Image des damals leicht angestaubten Uhrenmodells so auf, dass die Constellation wieder zu einer der Bestseller der Swatch Group wurde.


Swatch

Ihr lautes Ticken nervte wie ein tropfender Wasserhahn, doch am 1. März 1983 standen Mann und Frau Schlange, um eine Swatch zu ergattern, die nach dem gloriosen Kick-off in den USA erstmals in der Schweiz lanciert wurde. «Die verrückte Schweizer Uhr – Swatch», so die Eigenwerbung, erreichte bald Kultstatus: Zwei Jahre nach dem Start in Zürich wurden bereits zehn Millionen Plastikuhren produziert. Das Unisexmodell mit schwarzem Armband und weissem Zifferblatt läuft und läuft und läuft immer noch – nur leiser.


Cartier

«Was bedeutet Ihnen Cartier?», wurde Alain Dominique Perrin gefragt. «Cartier? It’s a Must», antwortete der Cartier-Chef und stellte Mitte der Siebzigerjahre, als die Welt «Happiness is Freedom» zelebrierte, mit dem Slogan «Les Must de Cartier» die Luxusklasse auf den Kopf. Markenzeichen des damaligen Zeitgeistes war auch die Uhrenkollektion Panthère mit goldgeschmeidigem Bracelet und modischem Quarzwerk. Das Raubkatzen-Motiv, erstmals 1913 mit Diamanten und Onyx kreiert, wurde von Cartier-Designerin Jeanne Toussaint, genannt La Panthère, in den Fünfzigerjahren wiederentdeckt.


Breguet

Für seine Lieblingsschwester Caroline Bonaparte war Kaiser Napoleon nichts zu teuer: Zu ihrer Krönung zur Königin von Neapel im Jahr 1812 schenkte er ihr eine Uhr von Abraham-Louis Breguet, dem Neuenburger Uhrmacher, der in Paris mit seinen genialen Modellen Furore machte und den Ruf als «der grösste Uhrmacher aller Zeiten» genoss. Herausragend, was die Uhr betraf, waren damals die gewählte Ovalform, die gebläuten kleinen Zeiger, die witzigen Ziffern, der Diamanttropfen anstelle von «6 Uhr» und ein Bracelet, das weich und geschmeidig aus Pferdehaaren und feinen Goldfäden gezöpfelt war.


IWC

Mit ihrer Vorliebe für dicke Taucheruhren prägten die Italienerinnen Ende der Achtzigerjahre die Uhrenbranche. Zeitmesser mit einem Gehäusedurchmesser von über 40 Millimetern waren bald Top-Fashion und weltweiter Trend. Intellektuelle Businessladys stilisierten die Portugieser von IWC zur Ikone. Darauf reagierten die Schaffhauser Werber mit grossflächigen, frechen Anzeigen «Engineered for Men». Ein cleverer Schachzug. Denn selbstverständlich liess sich die weibliche Geschäftswelt ihre Portugieser – jetzt erst recht – nicht nehmen. Und so kam es, dass der grosse Uhrenklassiker nicht mehr nur am Handgelenk des damaligen Bundesrats Moritz Leuenberger unübersehbar war.