Erst im Januar lancierte der ehemalige Lanvin-Kreativdirektor Alber Elbaz sein eigenes Label AZ Factory. Nun ist er im Alter von 59 Jahren an den Folgen seiner Corona-Infektion gestorben.
Gestern erschütterte eine Mitteilung des Schweizer Luxuskonzerns Richemont die Modebranche: Der israelische Modeschöpfer Alber Elbaz, dessen Label AZ Factory zu Richemont gehört, ist in Paris an Covid-19 gestorben. Er hinterlässt seinen Lebensgefährten Alex Koo – und eine trauernde Modegemeinde. «Er war ein Mann von aussergewöhnlicher Wärme und Talent», lässt sich Johann Rupert, der Vorsitzende von Richemont, in der Mitteilung zitieren. Anna Wintour, die Chefredaktorin der US-amerikanischen «Vogue», sagt über den einfühlsamen Designer: «Alber betrachtete Mode immer als eine Umarmung des Lebens (…) Und wenn wir seine Kleider trugen oder in seiner wunderbaren, freudigen Gegenwart waren, fühlten wir das auch.»
«Ich konnte nirgendwo länger als ein paar Tage bleiben»
Der Designer entwarf nach einem kurzen Intermezzo bei Yves Saint Laurent Rive Gauche 14 Jahre für Lanvin und verjüngte das französische Modehaus, das 1889 gegründet wurde. Bekannt war er unter anderem für seine eleganten Cocktailkleider – Natalie Portman, Sarah Jessica Parker und Beyoncé liebten seine Entwürfe. Das «Time»-Magazin kürte ihn einst zu einem der hundert einflussreichsten Menschen der Welt. 2015 dann der Schock: Alber Elbaz wurde wegen Unstimmigkeiten entlassen. Zu viel für den sensiblen Designer, er legte eine Schaffenspause ein. Eine Art Flucht, wie er dem «Zeit-Magazin» Ende März verriet, er reiste viel: «Ich konnte nirgendwo länger als ein paar Tage bleiben. Jedes Mal, wenn in Paris Modewoche und ich in der Stadt war, fühlte ich mich furchtbar und konnte es kaum ertragen. Also rannte ich weg.»
«Ich bevorzuge das Flüstern»
Auch dafür wurde Alber Elbaz geschätzt und seine Interviews mit Spannung erwartet: seine Authentizität, seine Ehrlichkeit, keine Spur von PR-Geschwurbel. Nach dem Rausschmiss bei Lanvin verlor Alber Elbaz das Vertrauen in die Modewelt, die ihm schon davor zu schnell geworden war. Und zu laut: Gestartet seien Designer als Couturiers, sagte er 2015 bei einer Preisverleihung. «Und jetzt müssen wir einen Buzz erzeugen, dafür sorgen, dass es auf den Bildern gut aussieht. Der Bildschirm muss schreien, Baby. Das ist die Regel. (…) Ich bevorzuge das Flüstern.»
Und so waren die vergangenen Jahre für Alber Elbaz nicht nur eine Schaffenspause, sondern auch eine Rückkehr zu seinen Werten. Der Modeschöpfer fand in der Langeweile seine Kreativität wieder und präsentierte im Januar diesen Jahres die erste Kollektion seines eigenen Labels AZ Factory. «Es war ein grosses Privileg, Alber (…) dabei zuzusehen, wie er seine Träume von ‘smart fashion that cares’ verwirklichte», schreibt Richemont-Vorsitzender Johann Rupert in seiner Mitteilung von gestern.
«Etwas, das einen ein grosses Stück Kuchen essen lässt»
Alber Elbaz war es schon immer ein grosses Anliegen, auf die Bedürfnisse der Frauen, für die er kreierte, einzugehen. Er wollte etwas schaffen, «das zunächst bequem ist. Etwas, das Spass macht. Etwas, das einen ein grosses Stück Kuchen essen lässt», sagte er im Januar der «New York Times». So entwarf er die Kleidung für sein neues Label dann auch in neun Grössen, von XXS bis XXXXL. Anna Wintour sagt: «Er hatte die beneidenswerte Fähigkeit, etwas zu machen, das Frauen zu tragen liebten – und einen unglaublichen Instinkt dafür, wie sie sich fühlen möchten, wenn sie es tun.» Die Modewelt hatte Alber Elbaz nach fünf langen Jahren endlich zurück. Nun muss sie sich für immer von ihm verabschieden.
Hey annabelles. Schöner Text, aber ihr müsst ein bisschen schneller sein, wenn ihr bestehen wollt. Das hab ich gestern schon bei NZZBEllevue gelesen.