Stil
Dada-Inspiration bei Schweizer Jungdesignern
- Redaktion: Daniella Gurtner; Text: Annik Hosmann; Fotos: Lukas Wassmann
Viva Moda-Da: Dada lebt! Unbekümmert und dekonstruiert, übertrieben und exzentrisch: Diese Unikate von Schweizer Jungdesignern spielen gekonnt mit seinem wilden Erbe.
Vor hundert Jahren wurde in Zürich der Dadaismus begründet – und inspiriert bis heute. Das beweisen diese Schweizer Jungdesigner.
Christa Bösch und Cosima Gadient, Ottolinger: «Dada definierte alles neu, was es bis dahin gegeben hatte. Genau wie wir Modedesigner, wir schaffen jede Saison etwas komplett Neues.»
Christa Bösch (29) und Cosima Gadient (28) haben in Basel Modedesign studiert und nach einigen Jahren in der Modeindustrie beschlossen, sich selbstständig zu machen. Ihre erste Kollektion haben sie vergangenen Herbst an der London Fashion Week präsentiert.
Flaka Jahaj, Iahai: «Ich habe nicht Kleider im eigentlichen Sinn entworfen, sondern konzeptuelle Stücke, die letztlich alles sein können. Meine Mode kann also – wie die Kunstwerke im Dadaismus – alles und nichts gleichzeitig sein.»
Flaka Jahaj (32) hat Modedesign in Paris und London studiert. Die Bündnerin mit kosovarischen Wurzeln pendelt zwischen ihrem Atelier in Zürich und ihrer Produktionsstätte in Pristina.
Angela Thurnherr: «Die Sinnentfremdung, wie sie in der dadaistischen Kunst angestrebt wurde, ist auch in meiner Arbeit zentral: Ich transformiere Objekte, die nicht in den Bereich der Mode gehören – wie zum Beispiel Kaffeerahmdeckelli – in etwas Tragbares.»
Angela Thurnherr (23) hat ihren Bachelor in Modedesign in Basel absolviert und studiert aktuell Accessoire-Design in Paris. Die gezeigten Stücke stammen aus Thurnherrs letzter Kollektion mit dem Namen «The Curious Cap Collector».
Olena Caduff, Trophäe: «Die Sehnsucht nach Freiheit, nach Ursprünglichkeit und absolutem Individualismus steht sowohl in der dadaistischen Bewegung wie auch bei meiner neusten Kollektion im Zentrum.»
Olena Caduff hat Modedesign in Amsterdam und Basel studiert. Die gebürtige Russin lebt in Zürich, wo sie ein eigenes Atelier hat.
Miriam Laubscher: «Die Kunst ist eine wichtige Inspirationsquelle für meine Arbeit, vor allem die Frische der zeitgenössischen Kunst finde ich sehr spannend.»
Miriam Laubscher (32) schloss letztes Jahr ihr Modedesignstudium in Antwerpen ab. Zuvor studierte sie Modedesign in Zürich und arbeitete in London für namhafte Designer wie Alexander McQueen und Vivienne Westwood.
Isabelle Mayer: «Mit meiner Kollektion will ich auf das Dadaistische in unserer Alltagssprache aufmerksam machen.»
Isabelle Mayer (27) hat in Basel Modedesign studiert. Ihre Abschlusskollektion «Das Auge isst mit», aus der die gezeigten Stücke stammen, wurde 2015 mit einem Swiss Design Award ausgezeichnet.
Isabelle Hunziker: «Mit meiner Mode schaffe ich Utopien, um der Realität zu entfliehen – ein Ansatz, der auch in der dadaistischen Bewegung zu finden ist.»
Isabelle Hunziker (25) hat letztes Jahr ihr Modedesignstudium in Basel abgeschlossen. «Der Essenztod liegt im Überfluss» lautet der Titel ihrer Abschlusskollektion, aus der die gezeigten Stücke stammen.
Zora Oberhänsli, Head, Genf: «Es gibt nicht die eine Richtung, die mich inspiriert, ich versuche mich mit jeder Kollektion wieder neu zu erfinden. Was aber bleibt, ist die Faszination für das Kunsthandwerk und die Häkeltechnik.»
Zora Oberhänsli (24) absolviert nach ihrem letztjährigen Modedesignabschluss in Genf ein Praktikum bei Balmain in Paris. Ausgangspunkt für ihre Abschlusskollektion waren die Kostüme in Charles Frégers Fotografien.
Emmanuel Alexiou, Head, Genf: «Wie die Dadaisten versuche ich mit den Regeln und der Form des Körpers zu spielen.»
Emmanuel Alexiou (22) hat in Genf Modedesign studiert. Für seine letzte Kollektion, die er als Abschlussarbeit seines Studiums kreierte, liess er sich von der mythologischen Figur der Medusa inspirieren.
Andreas Huber und Raúl Egloff Alcaide, Huber Egloff: «Das Kind in sich zu bewahren, wie es auch die Dadakünstler machten, ist für uns essenziell im kreativen Schaffensprozess.»
Andreas Huber (33) und Raúl Egloff Alcaide (33) arbeiten seit 2013 als Designerduo. Vor ihrem Kennenlernen bei Akris, wo sie als Designer tätig waren, haben sie in Antwerpen, Zürich und St. Gallen studiert.
Nadine Michelle Scherer: «Ich finde, Mode wird oft zu ernst genommen, und es wäre wichtig, dass es wieder einmal eine Bewegung wie den Dadaismus gibt, die alles auf den Kopf stellt.»
Nadine Michelle Scherer (26) wurde das Talent in die Wiege gelegt: In fünfter Generation absolvierte sie eine Schneiderlehre. Danach studierte sie Modedesign in Basel und arbeitet aktuell beim Label We.Re in München.
Beata Modrzynska: «Eine der Referenzen für meine Abschlusskollektion war Hans Arp: Ich wollte herausfinden, wie ich die Linien und Formen, die sich gegen Symmetrie und die gängige Logik von Schnittmustern richten, in meine Kleidungsstücke integrieren kann.»
Beata Modrzynska (26) hat nach ihrem Studium in Product-Design in Genf Modedesign studiert. Die gezeigten Stücke stammen aus ihrer Abschlusskollektion. Aktuell arbeitet die gebürtige Polin in ihrem Atelier in Genf.
Matthias Fürst und Karin Wüthrich, Wuethrichfuerst: «Wie bei den Dadaisten ging es in unserer Abschlusskollektion um eine fragmentarische Darstellung, deren einzelne Elemente nicht mehr fassbar sind, in der Summe aber ein Ganzes ergeben.»
Matthias Fürst (32) und Karin Wüthrich (32) arbeiten seit mehreren Jahren als Team. Ihr letztes Projekt ist die gemeinsame Masterkollektion Melting the Memory of Sitting at a Table in our Grandparents’ Living Room While Watching TV on a Small Screen für den Master-Abschluss in Modedesign in Basel. Aktuell arbeiten sie in ihrem Atelier in Basel an neuen Kreationen.
Stefanie Biggel, Stefanie Biggel for Athena: «Die aktuelle Kollektion ist im Rahmen eines neu gegründeten Kollektivs entstanden, das sich gegen den festen Rhythmus und die Regeln der Modewelt wendet. Innerhalb dieses Kollektivs soll aber nicht nur Mode, sondern sämtliche Kunstformen entstehen – genau wie beim Dada-Kollektiv.»
Stefanie Biggel (31) hat in Basel Modedesign studiert und gründete 2012 ihr eigenes Label. Die Kollektion Athena ist in Zusammenarbeit mit Klaus Jürgen Schmidt als Teil des Kollektivprojekts «The Cult of Athena» entstanden.
Julia Winkler, Studiowinkler: «Bei meiner aktuellen Kollektion habe ich mich von der konkreten Poesie inspirieren lassen, einer Literaturform, die der des Dadaismus sehr ähnlich ist oder sich sogar überschneidet.»
Julia Winkler (29) hat in Berlin Modedesign studiert, wo sie auch heute noch lebt und arbeitet. Ihre erste Kollektion für Studiowinkler hat sie Ende 2013 gelauncht.
Jeremy Gaillard: «Meine Masterarbeit habe ich über Performancekunst und Modedesign geschrieben und dabei bin ich über die ersten Aufführungen von Hugo Ball im Cabaret Voltaire gestolpert: Ich glaube man muss Altes überdenken, um Neues zu kreieren.»
Jeremy Gaillard (25) studiert Modedesign in Genf. Zwischen seinem Bachelorabschluss und seinem jetzigen Masterstudium hat der Genfer Praktika bei namhaften Designern wie Balenciaga, Balmain und Dior absolviert.
1.
Kopfschmuck mit Kunsthaarzopf von Nadine Michelle
2.
3-fach-Bomberjacke von Nadine Michelle. Rollkragenpullover von Studiowinkler. Faltenjupe aus Seidenorganza von Trophaee Olena Caduff. Hüftpolster von Modeco
3.
Ohrring von Stefanie Biggel for The Cult of Athena. Jacke von Emmanuel Alexiou
4.
Links: Pomponkleid mit Netzdetail von Iahai
Rechts: Pomponpullover von Iahai. Weite Hose von Huber Egloff. Sneakers von Nike
5.
Doppelhut mit Textbändern von Isabelle Hunziker
6.
Links: Hose mit Stitches von Ottolinger. Highheelpumps von Wuethrichfuerst.
Rechts: Top bestickt mit Perlen, Cropped Oversizetop und Ohrhänger, alles von Isabelle Mayer
7.
Sweater mit Bindeelement und wattierter Wickeljupe, beides von Jérémy Gaillard. Boots von Beata Modrzynska. Rollkragenpullover privat
8.
Oversizemantel mit separaten Ärmeln von Trophaee Olena Caduff. Hose mit Häkeleinsatz von Zora Oberhänsli. Rollkragenpullover privat
9.
Strickoverall und Mantel mit Kaffeerahmdeckelipailletten, beides von Angela Thurnherr
10.
Mantelweste mit Seidenlagen und Satinhose, beides von Miriam Laubscher