Crème de la crème
- Redaktion: Niklaus Müller; Foto: Daniel Valance
Wertigkeit ist in der Kosmetikbranche eine relative Grösse: Zu schnell verändern sich Formeln und Looks bei den vielen Produkten, die jährlich lanciert werden. Nur wenige können sich über Jahrzehnte behaupten. Fünf Beispiele aus der Gesichtspflege.
Kaum eine andere Branche lebt derart von Neuheiten und Neulancierungen wie die Kosmetikindustrie. Wöchentlich kommen neue Produkte, Make-up, Haar-, Hautpflege und Düfte, auf den Markt. Die Markenvielfalt hat gerade in den letzten Jahren extrem zugenommen und das Angebot ist heute grösser denn je. Kosmetikprodukte werden meistens als Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens und der Hygiene wahrgenommen und im Gegensatz zu Kleidern oder Accessoires oft weniger geschätzt. Abgesehen von klassischen Parfums, die jedoch auch immer seltener werden und oft nicht mehr riechen wie früher, haben es Beauty-Produkte, die einen dauerhaften Wert darstellen, oft schwer. Keine Frau verwendet heute noch den Lippenstift, den ihre Mutter oder Grossmutter schon geliebt hat. Zu schnell verändern die Kosmetikmarken die Formulierungen oder das Aussehen, weil ihre Forscher immer neue, verbesserte Produkte austüfteln.
Umso mehr erstaunt es, dass es Gesichtspflegeprodukte gibt, die auch noch nach 60, 80, ja sogar 120 Jahren existieren und verkauft werden. Wahrscheinlich hat keines mehr seine ursprüngliche Rezeptur, denn zu viele Inhaltsstoffe sind gesetzlich verboten worden oder einfach nicht mehr zeitgemäss, aber ihre Namen und die Pflegeversprechen, für die sie stehen, finden nach wie vor Anklang. Hier fünf Beispiele von Gesichtspflegeprodukten, die den Test der Zeit bestanden haben und sichere Werte in der Kosmetikindustrie bedeuten. Sie alle stehen für den visionären Geist ihrer Erfinder und deren Willen, etwas Neues, Einmaliges und Wegweisendes zu schaffen.
1.
Für ihre Eight Hour Crème, die sie 1935 auf den Markt bringt, lässt sich ELIZABETH ARDEN von den Heilsalben für die Hufe ihrer Rennpferde inspirieren. Sie will eine Crème lancieren, die ebenfalls kleine Verletzungen, leichte Verbrennungen und extreme Trockenheit der Haut behandeln kann. Die damalige Mischung aus Lanolin, Vaseline und entzündungshemmenden Stoffen tat genau das und gehört bis heute zu den zeitlosen Heilsalben der Kosmetikwelt.
2.
Ein Jahr nach der Gründung seiner Kosmetikfirma LANCÔME präsentiert Armand Petitjean mit Nutrix 1936 seine erste Pflegecrème. Seinem Chemiker, Pierre Vélon, gelingt durch ein bis dahin unbekanntes Verfahren, natürliche Proteine und Wachse in Wasser und Öl zu mischen. Dadurch entsteht die erste Nährcrème für sehr trockene Haut, die diese regeneriert und beruhigt.
3.
Als SHISEIDO 1897 die Hautessenz Eudermine lanciert, gibt es nichts Vergleichbares auf dem Markt. Die wässrige Lotion versorgt die Haut sofort mit Feuchtigkeit, ohne sie mit Ölen zu belasten. Man könnte Eudermine als erstes Serum oder erste Essenz der Kosmetikgeschichte bezeichnen. Ein Produkt, das vor 122 Jahren seiner Zeit weit voraus war, aber Tausende von Nachahmern inspirierte und Kosmetikgeschichte geschrieben hat. Im Moment leider in der Schweiz nicht erhältlich.
4.
Kosmetik für alle. Als Doktor Isaac Lifschütz 1911 den neuen Emulgator Eucerit erfindet, mit dem sich Öle und Wasser stabil verbinden lassen, und ihn dem Apotheker und Besitzer der Firma BEIERSDORF, Oscar Troplowitz, vorstellt, entsteht daraus die schneeweise Creme Nivea, die ab 1912 in Apotheken verkauft wird. Bereits fünfzehn Jahre später, jetzt in der bekannten blauen Dose, tritt Nivea den Siegeszug um die ganze Welt an. Geschätzt von Frauen, Männern und Kindern, weil sie universell anwendbar und erschwinglich ist.
5.
1956 lanciert ESTÉE LAUDER mit Re-Nutriv die erste Luxuscrème auf dem Kosmetikmarkt. Gemäss ihrer Devise «Jeder Mensch möchte etwas Luxus in seinem Leben» wählt sie für die Crème 26 seltene und kostbare Inhaltsstoffe, die die Haut pflegen und regenerieren sollen, und verkauft sie für den damals unglaublichen Preis von 115 Dollar.