Autotest – Aston Martin Cygnet
- Text: Alice Grosjean
annabelle-Praktikantin Alice Grosjean testet in der Londoner Rush Hour den neuen Aston Martin Cygnet.
Klein und wendig, ein luxuriöser Cityflitzer soll er sein. Mit dem Cygnet lanciert Aston Martin den ersten Luxuskleinwagen für die Stadt. Ein ökologisches Miniauto à la Smart für Wohlbetuchte. Technisch verbirgt sich unter den handgenähten Ledersitzen ein Toyota IQ, wie er in der Schweiz schon seit einem Jahr erhältlich ist. In Japan eingekauft, werden die Fahrzeuge in England zu edlen Aston Martins ummodelliert.
Etwas nervös stehe ich vor einem Londoner Hotel und betrachte dieses Kleinod englischer Automobilkunst. Wie soll ich damit bloss die Stadt erkunden? Nicht nur, dass sich das Steuerrad auf der falschen Seite befindet. Ich soll den Luxusflitzer auch in der Rush Hour durch die Flut von Verkehrsteilnehmern manövrieren und dabei immer schön auf der linken Strassenseite fahren.
Die Fahrt führt zur Themse, vorbei am London Eye und an der Westminster Abbey. Verkehrsregeln werden von den anderen Verkehrsteilnehmern nur selten eingehalten. Hier bahnt sich jeder seinen eigenen Weg. Trotzdem erscheinen mir die Londoner Autofahrer ziemlich entspannt. Gentlemen, allesamt. Niemand hupt. Auch dann nicht, als ich mich noch knapp am Bus vorbei in einen Kreisel quetsche. Ob das am Aston Martin liegt? Passanten zeigen auf das Auto und werfen meiner Mitfahrerin und mir bewundernde Blicke zu. Der Cygnet macht es mir leicht: Er fährt ruhig, beschleunigt schnell aus dem Stand und lässt sich mit seinen gerade einmal drei Meter Länge supereinfach manövrieren. Fast mühelos schlängle ich mich im hektischen Stadtverkehr von einer Spur zur nächsten und mache nur ein einziges Mal Anstalten, auf die falsche Strassenseite abzubiegen – was nicht dem Auto angelastet werden kann.
Cygnet bedeutet übersetzt junger Schwan. Der Name bleibt ein Rätsel, denn wie ein eleganter Vogel erscheint mir der optisch etwas gestauchte Mini-Aston dann doch nicht. Das Interieur kann sich dafür sehen lassen: Schlicht, edles Leder und einfach verständliche Armaturen. Auf der Rückbank ist zwar ziemlich wenig Platz, aber ein paar Einkaufsäcke lassen sich dort allemal verstauen. Der Kleine wäre natürlich kein Aston Martin, wenn nicht alles aus luxuriösesten Materialien und von Hand verarbeitet wäre. Die Lack- und Lederfarben können bis zur letzten Ziernaht individuell gewählt werden. Die Briten sind hier ganz delighted, ihren Kunden jeden noch so kleinen Wunsch zu erfüllen – gegen einen kleinen Aufpreis, versteht sich, was den Mini-Martin am Ende teurer macht als mancher Mittelklassewagen.
Die Sightseeingtour war toll, das Auto auch. Wir trinken einen letzten Tee und verabschieden uns von diesem herzigen, etwas eigenwillig geformten, aber doch sehr liebenswerten Auto. Auf dem Rückweg zum Flughafen frage ich den Chauffeur nach seiner Meinung zum Cygnet. Britischer könnte die Antwort nicht ausfallen: «Well, they’re not really my cup of tea.» Er bevorzuge eben einen richtigen Aston Martin. Obwohl James Bond ihn wahrscheinlich nie fahren wird: Wer sich diesen Luxus-Smart leisten kann, wird nicht enttäuscht sein.
Motor: 1.33-Liter-Reihenvierzylinder, stufenloses CVT-Getriebe
Fahrleistung: 72 kW/98 PS, von 0 auf 100 in 11.6 s
Höchstgeschwindigkeit: 170 km/h
Masse: Länge 2.99 m, Breite 1.68 m, Höhe 1.5 m
Leergewicht: 980 kg
Kofferraumvolumen: 32 l
CO2-Emissionen: 120 g/km
Energieeffizienzklasse: B
Verbrauch: 4.9 l/100 km
Preis: ab 54 320 Fr.
Infos: www.astonmartin.ch