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Alexandra Kruse – “Mich interessiert die Ausstrahlung, nicht die Kleidergrösse”

Alexandra Kruse – “Mich interessiert die Ausstrahlung, nicht die Kleidergrösse”

  • Text: Christina Duss; Fotos: Ornella Cacace

Haben Sie es bemerkt? Unsere Rubrik New Look heisst jetzt Ganz mein Stil und sieht nicht nur anders aus, neu werden die annabelle-Leserinnen von Stylistin Alexandra Kruse beraten – mit viel Mode-Knowhow und einem bisschen Magie.

Haben Sie es bemerkt? Unsere Rubrik New Look heisst jetzt Ganz mein Stil und sieht nicht nur anders aus, neu werden die annabelle-Leserinnen von Stylistin Alexandra Kruse beraten – mit viel Mode-Knowhow und einem bisschen Magie.

Dieses Gefühl im kleinen Finger
«The Magic of Alexandra Kruse» heisst es auf ihrer Website, und das ist Programm. Auch am Morgen des Ganz-mein-Stil-Tags: Mit Sonnenbrille von Victoria Beckham und Mulberrys Alexa Bag spaziert Alexandra Kruse ins Fotostudio von annabelle. Die erste Leserin von zweien, die heute umgestylt werden, klammert sich noch ein bisschen unsicher an den Make-up-Stuhl. Sie wird für das Vorherbild bereit gemacht. Und hat die zwei eng behängten Kleiderständer und den Accessoiretisch schon inspiziert. «Ich liebe Hüte», sagt sie zur Stylistin, die ihr die Hand reicht, und zeigt auf die ausgelegten Modelle. «Das hab ich im kleinen Finger gespürt», sagt Alexandra Kruse und strahlt.

Die Stylistin trocknet feuchte Handflächen manchmal mit zwei Sätzen. Während sie plaudert, haben die Leute Zeit, sich zu beruhigen. Seit fünf Jahren arbeitet die deutsche Modejournalistin schon als Stylistin, unter anderem für «Elle Girl» in München – bis das Magazin eingestellt wurde. Tausend Euro Abfindung gabs. «Gleich mal ’ne Handtasche gekauft», sagt sie. Danach zog sie als Freelancerin mit Celebrities los: Suchte mit Bill von Tokio Hotel nach einer passenden Handtasche bei Louis Vuitton, schlich mit schweren Koffern in ein Luxushotelzimmer, um Rihanna («Ihr Köpfchen guckte aus einem Federbettchen») nicht zu wecken. Auch in der Schweiz arbeitete sie als freie Stylistin – so oft, dass sie endgültig nach Zürich zog. Hier begann sie auch wieder zu schreiben, Mode- und Lifestyleartikel für annabelle, «Friday», «Schweizer Illustrierte».

It’s Not Easy Being Me
Im Fotostudio von annabelle ist das Vorherbild gemacht. Jetzt sind die Kleiderständer dran. «Ich habe bei jeder Leserin ein Konzept im Kopf – wenn ich höre, dass jemand gern nach Indien fährt, denke ich an einen Ethnolook, denke Etro und ‹aha, bei Grieder›. Man muss die Leute da abholen, wo sie sind, sie sollen nicht verkleidet wirken. Meine Krebsseele macht alles nach Gefühl, was dazu führt, dass ich gewisse Dinge einfach nicht tun kann. It’s not easy being me.» Und: «Mich interessiert die Geschichte hinter den Ganz-mein-Stil-Bewerbungen, da hab ich einen journalistischen Ansatz, mich interessieren die Motivation und die Ausstrahlung der Leute, nicht ihre Masse.» Die Leserin schlüpft unterdessen in einen Hosenanzug in einer Farbe, die sie selten trägt. «Das ist eine Mischung aus Cognac und Senf», sagt die Stylistin. «Dunklem Senf», sagt die Leserin. «Moutard de Dijon», sagt Alexandra Kruse. Die Schuhe passen. «Augenmass!»

«Promis geben gern mal die falsche Kleidergrösse an», erzählt Alexandra Kruse beim Mittagessen. «Wichtigste Regel: Never lie to the Stylist, lüg nie die Stylistin an», sagt sie und fummelt am blumengemusterten Zuckerpäckchen rum, das neben der blumengemusterten Kaffeetasse liegt. «Passt ja zusammen», sagt sie beiläufig. Und dann: «Meine Welt soll schön sein. Ich kann mit Hässlichem nicht umgehen.» Sie schmückt ihre Welt mit Märchen- und Mädchenhaftem aus: An diesem New-Look-Tag zupft sie an einem Blazerärmel rum und ruft «Das ist die Prinzessinnenlänge!» Hat sie eben erfunden. Ihr Facebook-Profilbild ist ein Einhorn, und auf ihrem iPad – mit dem sie in jeder freien Minute die Stylingfragen ihres Forums checkt – gibts eine Einhorn-App: Man wählt die Farben der Tiere (Pink, Lila) und den Prinz und die Prinzessin dazu. Von der Mama habe sie den Sinn fürs Schöne, für Qualität geerbt, «das Trüffelschwein-Gen», sagt sie. «Vom Papa das Labern.» Die Leute in ihrer Familie sind sich in einem ähnlich: «Wir schaffen es, mit einfachen Mitteln was Schönes zu machen. Meine Schwester backt zauberhafte Hochzeitstorten im Keller meiner Eltern. Ich such einfach nur Kleider aus und ziehe sie den Leuten an.»

Entschuldigung, die Stylistin hat einen Nervenzusammenbruch
Später, als sich an diesem Tag die zweite Leserin – stylingunsicherer als die erste Kandidatin – im annabelle-Fotostudio beraten lässt, will irgendwie keines der von Alexandra Kruse mitgebrachten T-Shirts zum tollen Lederrock passen. Genauer gesagt: Das Material wird geschätzt, der V-Ausschnitt funktioniert aber scheinbar nicht. Die Stylistin wünscht sich einen runden. Sie macht einen Schritt zurück, legt den Kopf schief, so guckt sie Outfits immer an. Das ist der Moment, wo andere Stylisten zur Schere greifen. Auch eine Lösung. Aber nicht, wenn Leute echte Stylingtipps brauchen. «Hier werden auch keine Säume genäht und Knöpfe verschoben», sagt Alexandra Kruse. Wenn sie spürt, dass ein Look funktionieren könnte, dann wächst der ihr so sehr ans Herz, dass sie alles tut, um ihn umzusetzen. Nicht so einfach, wenn man wie sie über alle Fashionnews und aktuellen Kollektionen Bescheid weiss. Die Qual der Wahl. «Da kann ich echt eine ganze Nacht lang dran rumgrübeln.» So ist sie übrigens auch als Mensch: Wenn sie liebt, dann richtig. Wenn sie leidet, dann extrem. «Entschuldigung, die Stylistin hat einen Nervenzusammenbruch», verkündet sie, packt ihre Tasche, setzt die Brille auf und macht sich auf den Weg in die Stadt. Um das richtige Shirt zu suchen. Inzwischen wird die Ganz-mein-Stil-Kandidatin vom Haar- und Make-up-Team geschminkt und frisiert. Sie lehnt sich entspannt im Stuhl zurück. Lässt sich von den anderen Experten Tipps geben. Und mag auf einmal ihre Nägel. Die sind jetzt grün.

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Mission erfüllt: Alexandra Kruse (l.) mit einer neu gestylten annabelle-Leserin

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