Mit dem E-Bike bei Gegenwind von Brig nach Montreux: Das Rhonetal ist so viel besser als sein Ruf.
Wieder mal die Arschkarte gezogen! Während die Kollegen mit dem Ballon fliegen oder mit dem Töff durch lauschige Landschaften düsen, schickt man mich ins Rhonetal. Mit dem Velo! Dabei weht uns schon vor der Abfahrt der berüchtigte Wind vom Genfersee her entgegen. Ein E-Bike muss her. Wir starten in Brig, fotografieren dort noch gschwind den barocken Stockalperpalast und treten in die Pedalen. Nach 50 Metern verfahren wir uns das erste Mal – wir landen im Parkhaus der SBB.
Schliesslich an der Rhone, stellen wir enttäuscht fest: Der Fluss ist braun, hässlich, tags zuvor hat es geregnet. Zudem ist er gezwängt in einen schnurgeraden Kanal. Laaangweilig! Immerhin, am Ufer weiden unbekannte Tiere: weisse Schafe mit grossen Hörnern (Schwarznasenschafe, belehrt man uns). Und Kühe – gross, dick, schwarz. Eringer Kampfkühe, auch das sagt man uns später.
Wir kommen zügig voran, dank dem E-Bike. Nach dem Mittag macht uns der fiese Wind zu schaffen – wir wechseln vom Standard-Modus in den High-Modus und radeln weiterhin mit 20 km/h vorwärts. Voilà, geht doch! Langsam werden wir gewahr: Das Rhonetal ist besser als sein Klischee. Vom Zug aus ein einziger Augenschmerz, zeigt sich uns auf der nationalen Veloroute Nr. 1 ein ganz anderes Tal. Wir fahren durch hübsche Dörfchen wie Brigerbad, radeln durch Alleen, vorbei an kleinen Wasserfällen. Rebberge links und rechts.
Vor Sierre zeigt der Akkustand noch zwei Striche an, wir befürchten den Härtefall, sehen uns bereits das Velo stossen. Strampeln vier Kilometer den Berg hinauf zu einem Campingplatz, wo gemäss Karte ein frischer Akku bereitstehen müsste. Doch der Camping ist – geschlossen. Mit dem letzten Saft schaffen wir es nach Sierre. Wir gönnen uns ein Gourmetmenü bei Didier de Courten, Koch des Jahres 2006. Die Laune stimmt wieder.
Tags darauf. Wir wechseln auf den Chemin du vignoble. Es geht den Hang hinauf Richtung Crans-Montana. Mit brennenden Muskeln pedalen wir durch Weindörfer, die Leute grüssen «Bonjour». In St-Léonard hüpfen wir in ein Bötchen und lassen uns über den Lac Souterrain stossen, den grössten unterirdischen See Europas. Wir passieren Sion – auch dieser Ort überrascht uns mit einer wunderhübschen Altstadt. Oh Wallis, du gefällst uns immer besser! Es folgt der «Obstgarten der Schweiz», Salatköpfe werden unsere stillen Begleiter. Martigny, unser zweiter Etappenhalt, kommt in Sicht. Wir wollen nur noch schlafen.
Am nächsten Morgen: kein Gegenwind. Wir fahren früh los. Auf die Gemüseplantagen folgen rauchende Fabriken. Doch Aigle, dieses bezaubernde Winzerdörfchen mit Schlösschen, versöhnt uns wieder. Wir picknicken am Fluss, mit Canapés, die wir in der Bäckerei erstanden haben. Dann öffnet sich der Genfersee, wir sind am Ziel. Montreux. Die Beine zittern, der Hintern schmerzt, wir haben eine Sturmfrisur. Jetzt muss ein Bier her.
Tipps
Villa Bayard, Sierre. Hübsches B&B. www.villa-bayard.ch
Restaurant L’Atelier Gourmand von Didier de Courten. www.hotel-terminus.ch
www.rent-a-bike.ch, www.veloland.ch
1.
2.
Stockalperpalast, Brig